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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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Eltern von Werner und hierbei vor allem den Vater. Der konnte nicht genug davon kriegen, seinen Sohn zu besuchen und ihm Ratschläge aller Art, insbesondere für das Arbeitsleben, zu geben. Ilona empfand das bald als Einmischung in das Familienleben, eine Einschätzung, die ihr Mann nicht teilte und die er nicht gern hörte.
    Und da der Vater oft im Haus war, lernte Ilona ihn zwangsläufig kennen, und dabei nicht nur von der angenehmen Art, jedenfalls dann, wenn er viel Alkohol getrunken hatte. Und Werners Vater trank öfter viel Alkohol, eine Angewohnheit, die ja auch seinem Sohn zu eigen war. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm, musste Ilona einmal denken. Alkohol machte die beiden unberechenbar, die Unterhaltung mit ihnen wurde dann zum Risiko. Ilona konnte sich dann nie sicher sein, ob das launische Temperament nicht in Belehrungen darüber umschlägt, wie Ilona mit dem Haus, den Kindern und überhaupt mit der Welt gefälligst umzugehen hat.
    Trotz solcher sie zuweilen betrübenden Erfahrungen sah Ilona Qualität in ihrem Leben, denn der zeitliche Rahmen, wann sie mit ihrem Mann und dessen Vater zu tun hat, war sehr überschaubar. Zudem lenkte sie die finanziell sorgenfreie Erziehung ihrer Kinder von der Frage ab, ob sie eigentlich mit jemand zusammenbleiben will, der ihr nicht besonders zusagt.
    Als die Kinder eingeschult wurde, ahnte Ilona, dass sie etwas finden musste, damit die viele freie Zeit sie nicht zum unaufhörlichen Grübeln über das Verhältnis zu ihrem Mann brächte. Sie erinnerte sich an ihrem Wunsch, ein Lehramtsstudium aufzunehmen. Da sie hierbei in ihrer Schwiegermutter einen Verbündeten fand und sie die Abwesenheit von zu Hause auf zwei Tage und eine Übernachtung beschränken konnte, gab es Werner bald auf, sich dem entgegenzustellen.
    Und nun, mitten auf dem neuen Sofa, das vor allem Werner und, wie Ilona gerade einfiel, Elisabeth gefiel, musste sie an die letzten Wochen mit Manfred denken. Dass sie darüber froh war, als die schriftliche Arbeit für die Universität endlich fertig war, denn ihr war zuletzt schwer ums Herz geworden, wenn sie wieder einmal mit Manfred in der Universitätsbibliothek saß, um den Text durchzugehen. Sie brauchte Abstand von ihm, wenn sie ihm nicht irgendwann um den Hals fallen wollte. Die Krankmeldung war regelrecht eine Notwendigkeit, um den Kopf frei zu bekommen oder mindestens wieder etwas sortierter zu werden. Und diese Hoffnung erfüllte sich, so fand Ilona, in diesen Tagen; das unerträglich gewordene Gefühl der Anziehung, mit dem sie beim letzten Kontakt mit Manfred zu tun hatte, war weg. Sie konnte wieder schmerzfreier an ihn denken und einiges sah sie bereits wieder ganz anders als bei ihren letzten Begegnungen mit Manfred.
    Denn dass Manfreds Innenleben durch das Wiedersehen und den folgenden intensiven Kontakt genau so durcheinander geworfen sein könnte wie das ihrige, das hielt sie – im Gegensatz zu ihrer Einschätzung vor ein paar Tagen – jetzt regelrecht für Quatsch. Natürlich mochte Manfred sie, natürlich erinnerte er sich gern an damals und wahrscheinlich gefiel sie ihm. Aber aus seiner Aufmerksamkeit auf noch mehr als das schließen zu wollen, ist nun wirklich Unsinn, dachte Ilona. Waren in den Wochen des Referats und der Hausarbeit Äußerungen von ihm gefallen, die man so deuten könnte, dann hatte er doch eigentlich immer nur kokettiert; er ist halt ein Mann und braucht das so; seine Bemerkungen waren Zeichen einer entspannten Atmosphäre, auch fand er es wohl spannend, ab und zu an früher zu schnuppern. Und die Wirklichkeit heute ist ja auch eine ganz andere als die Wirklichkeit damals. Er führt ein freies Leben, wohnt nicht allein, denkt immer über alles nach, Geld interessiert ihn nicht, jedenfalls nicht wirklich. Hat bestimmt viele Mädchen, immer nur für kurze Zeit. Wenn er ans Heiraten denkt, muss er wahrscheinlich laut lachen. Ich gehöre wahrscheinlich, weil wir Haus, Auto und Kinder haben, zum Establishment, wie das heute heißt. Er findet das wohl toll, dass ich studiere, glaubt aber bestimmt, ich mache das vor allem, weil ich Beamtin werden will; richtig interessieren für etwas tue ich mich in seinen Augen nicht wirklich, was er zwar auch nicht weiter schlimm findet, aber das wird ihm zeigen, wie anders wir inzwischen sind, denn bei ihm ist das mit dem Studieren ja eine völlig zweckfreie Sache. Irgendwie wird er mich auch toll finden, aber andererseits mein Leben auch belächeln – wenn er überhaupt so

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