Wo der Tod begraben liegt (German Edition)
Ergebnis.
„Das macht keinen Sinn“, kommentierte Conny.
„Was eigentlich nicht das Problem sein kann. Schließlich habe ich nichts öfter im Leben festgestellt als das.“
Die beiden lachten. „Vier Mal wird in den Akten ein Ottokar erwähnt. Und hier macht sich Klaus Wilkens die Mühe, den Namen durchzustreichen. Seltsam“, sagte Conny.
„Ich vermute schlicht ein Übersehen. Das ist ihm öfter passiert.“
„Hm... Aber wer ist Ottokar?“ Conny wusste, was zu tun ist. „Geh der Sache auf den Grund. Frag Klaus Wilkens. Das kann dich sonst in 20 Jahren noch nerven, es geht schließlich um deinen Vater.“
„Ja.“
Als sich Manfred eine Woche später in der übervollen Tabacheria Wilkens nach vorn gekämpft hatte und Klaus Wilkens gegenüberstand, sprach er: „Ich kaufe wie immer ein Päckchen Van Andern.“ Auf dem Lira-Schein, den Manfred gleich darauf auf den Verkaufstresen legte, stand mit schwarzen Filzstift unübersehbar geschrieben: „Ich muss Sie sprechen.“ Wilkens brauchte bei allem Staunen kaum Anlaufzeit, um die Situation richtig einzuordnen und sagte ohne Umwege: „Kommen Sie heute Abend vorbei.“
Um Punkt sieben klingelte Manfred. Klaus Wilkens Lebensgefährtin schien nicht im Haus zu sein. Der Hausherr übernahm sofort die Initiative. „Ich dachte, dass unsere Übereinkunft auch das unausgesprochene Versprechen beinhaltet, dass man nie wieder etwas voneinander hört.“ Klaus Wilkens forderte ein, was man ihm zugesagt hatte: seine Ruhe.
„Betrachten Sie mein Erscheinen als eine absolute Ausnahme“, sprach Manfred und legte sodann den Grund für sein Auftauchen dar. Er kam sofort auf den Punkt; kein Zweifel sollte bei Klaus Wilkens aufkommen, dass die Stiftung ganz selbstverständlich von seiner Hilfsbereitschaft ausgeht. „Wir müssen wissen, wer Ottokar ist“, schloss Manfred seine Ausführungen.
„Ein informeller Mitarbeiter, der uns mit Nachrichten versorgte“, antwortete Wilkens schneller als Manfred erwartet hatte. „Ein Spitzel, um es auf den Punkt zu bringen... Ich dachte übrigens, dass ich die Mitarbeiternamen geschwärzt hätte.“
„Den Namen ihres inoffiziellen Mitarbeiters Ottokar haben Sie ein paar Mal übersehen, weil er nicht direkt unterhalb der Kopfzeile aufgeführt wurde, wie es bei Ihren offiziellen Untergebenen üblich war, die mit dem Inhalt einer Akte zu tun hatten.“
Klaus Wilkens stand auf, ging zum Fenster. Zum ersten Mal sah Manfred wieder das nervöse Blinken in seinen Augen.
„Wir müssen etwas über die Identität dieses Ottokar wissen.“ Nachdem keine Antwort kam, fügte Manfred hinzu: „Ich kann das gut verstehen, dass Sie Ihre ehemaligen Mitarbeiter schützen wollen, Herr Wilkens.“ Manfred sprach jetzt betont ruhig. „Ich weiß nicht, ob Sie uns glauben, wenn wir Ihnen versichern, dass wir die Person nicht kontaktieren werden. Außerdem kann er vielleicht auch gar nicht mehr belangt werden, weil er längst tot ist. Ist ja schließlich fast 40 Jahre her.“
„Warum ist der Ottokar für sie wichtig?“
„Das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse treibt uns. In Norwegen wütete 1942 ein SS-Offizier unter diesem Namen, wir fragen uns, ob das derselbe ist“, log Manfred.
„Das dürfen Sie ausschließen.“
„Ich höre Ihre Einschätzung mit Interesse. Aber wir machen Wissenschaft und darum glauben wir erst mal gar nichts.“
Klaus Wilkens überflog einige seiner Bücherregale, als wenn er sich an das Selbstverständnis wissenschaftlicher Publikationen erinnern wollte. Schließlich sagte er: „Ottokar steht für den Namen Otto Karbert.“
Manfred musste sich setzen.
Und dann erzählte Klaus Wilkens eine ganze Menge über diesen Mann. Otto Karbert hatte sich der Keller-Gestapo wie auch vorher schon der örtlichen Polizei als Informant angeboten. Klaus Wilkens hatte ihn für absolut glaubwürdig gehalten, da Otto Karbert die Innenverhältnisse bei MERTENS durch seine LKW-Fahrten bestens zu kennen schien. Einmal, fast am Ende des Krieges, gab Otto Karbert jedoch eine offensichtlich falsche Auskunft, weswegen sich Klaus Wilkens später fragte, ob er das wohl öfter gemacht hatte und sich in Wirklichkeit nur, wie so viele Parteimitglieder, vor dem Fronteinsatz retten wollte.
„Schauen Sie sich diese Akte an. Hat Otto Karbert, der dort als Informant genannt wird, hier möglicherweise auch gelogen? Wissen Sie, wer den Mann erschossen hat?“ Manfred hatte Klaus Wilkens eine Kopie der Akte über seinen Vater in die Hand
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