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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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in seinen Darlegungen nüchtern zu bleiben. „Als bei mir mit acht Jahren Legasthenie diagnostiziert wurde, fehlte es an Geld, um einmal in der Woche in die Großstadt für einen Kurs zu fahren.“ Manfred machte eine abwertende Handbewegung: „Aber das war noch das geringste Problem. Schließlich bin ich heute ein gemachter Mann.“ An dieser Stelle schaute Werner zu Manfred auf. Kapiert er diesen Satz etwa, fragte sich Manfred.
     
    *
     
    Die Entführung von Werner war für Manfred keine einfache Sache gewesen; besonders fehlertolerant war die Planung nicht. Aber Manfred war überzeugt, dass die Sache gelingt; seine Möglichkeiten als Hilfsarbeiter im Straßenbau, wo er sich seit seiner Diplomarbeit zeitweise verdingte, halfen ihm dabei ganz erheblich.
    Manfred hatte Werner vor dem Etablissement, in welchem dieser sich regelmäßig vergnügte, an einem Mittwochabend abgefangen. 23 Jahre hatten sie sich nicht gesehen.  Nach einem kurzweiligen Begrüßungsgespräch, in dem sich Werner ganz angetan von einem gut gelaunten Manfred zeigte, lud Manfred ihn auf einen kurzen Umtrunk ein. „Ein Bier wirst du mir nicht verwehren. Steig‘ ins Auto, es ist nicht weit bis zu einem Laden, in dem die Frauen eine Klasse besser sind als hier“, polterte Manfred. „Richtig dicke Titten“, fügte er noch hinzu. Von solchen Aussichten ließ sich Werner nur zu gern verführen, zumal Manfreds Leihauto, ein neuer Benz der teureren Sorte, seine Neugier weiter anzustacheln verstand.
    Lustig und energiegeladen trieb Manfred auch im Inneren des Autos das scheinbar zufällige Zusammentreffen der beiden weiter. Manfred erklärte die umfangreiche Sonderausstattung seines Autos. „Auch die Sitzplätze hinten sind beheizbar – für die Kinder nur das Beste, ist doch klar“, sprach er mit ausladender rechter Handbewegung Richtung Beifahrer. „Außerdem Werner, unter uns gesagt, ich habe auch das nötige Kleingeld für sowas.“ Werner war einmal mehr beeindruckt. Hätte er einmal Zeit zum Luftschnappen bekommen, hätte er sich vielleicht gefragt, ob dieser Manfred überhaupt wahr sein kann, auch wenn man weiß, dass in 23 Jahren viel passieren kann.
    Aber Manfred ließ Werner keine Zeit. Seine Erläuterungen des Autos endeten mit der Öffnung der Mittelkonsole. Den vier Augen zeigte sich dabei eine kleine Bar, ausgestattet mit einigen Fläschlein edelster Spirituosen und zwei Gläsern. „Weinbrand oder Whiskey, Werner?“ „Scotch“, war die Antwort, worauf Manfred sogleich die Gläser füllte. Sich selbst bediente er aus einer anderen Flasche Weinbrand, denn „Scotch trinke ich nur Donnerstags bis Dienstags“, flunkerte er.
    Bald war angestoßen und rasch hatte Werner den eher doppelt als einfach eingeschenkten Scotch ausgetrunken, wie Manfred aus den Augenwinkeln aufmerksam zur Kenntnis genommen hatte. Manfred gab Gas; die immense Beschleunigung, mit der er das Luxusauto in die Gänge setzte, sollte passen zu der großspurigen Art, in der er sich bisher gegenüber Werner vorgestellt hatte. Manfred war mitten im Plan. Allerhand Fragen sollten Werner nun ablenken von dem Müdigkeitsgefühl, mit dem dieser bald zu tun haben würde. Bevor der sich über den jähen Verlust seiner Wahrnehmungsfähigkeit wundern konnte, sollte er in den Schlaf fallen.
    So kam es und damit hatte das Präparat, das Manfred in fast alle Fläschlein geschüttet hatte, wie erwartet gewirkt. Es hatte den Besuch der Bibliothek einer medizinischen Hochschule und ein paar unverfängliche Gespräche mit Apothekern benötigt, bis Manfred ein geschmackloses und extrem sicher wirkendes Betäubungsmittel gefunden hatte. Ein Stück Risiko war bei der Festlegung der Dosis geblieben; übertrieb man es, konnte es erhebliche Nebenwirkungen nach sich ziehen, im schlimmsten Fall, sofern der Betroffene mit allerhand Krankheiten zu tun hatte und über ein schwaches Herz verfügte, sogar den Tod.
    Einen Moment wollte Manfred nicht ausschließen, dass es so weit gekommen war, als er zum Beifahrersitz hinüberschaute. Ein nasser Sack ist der Ausdruck reinster Lebendigkeit verglichen mit Werner gerade, dachte er. Werners Kopf lehnte mit offenen Mund an der Fensterscheibe, mit dem Hintern war er nach vorn bis über den Sitz gerutscht – die Sache ist eindeutig, dieser Mann würde zur Zeit auch auf einem Nadelkissen schlafen, resümierte Manfred.
    Manfred fuhr in eine Garage, verpasste seinem Mitfahrer Handschellen, Augenbinde und einen locker sitzenden Klebestreifen um den

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