Wo die coolen Kerle wohnen
den Wechseljahren führt, hatte dem Blatt berichtet, dass immer mehr ältere weibliche Parlamentsmitglieder ihn um Testosteron angingen. »Ich habe Politikerinnen, die sich in Ausschusssitzungen und Parlamentsdebatten besser gegen ihre männlichen Kollegen behaupten wollten, Testosteronimplantate verschrieben. Sie behaupten ausdrücklich, dass das Hormon ihre Durchsetzungskraft ankurbelt und dass sie sich dadurch leistungsfähiger fühlen.«
Der Artikel schlug in der Öffentlichkeit und im Parlament hohe Wellen. Zahlreiche Politikerinnen wiesen den Vorwurf, sich mit männlichen Hormonen zu dopen, empört zurück, sie hätten so was nicht nötig, sie verließen sich lieber auf gute Argumente als auf eine hormongesteuerte, den Männern angeglichene Testosteron-Rhetorik. Andere sagten nur: »No comment.« Der Doktor blieb jedenfalls bei seiner Aussage und der Verdacht bestehen.
Wir wissen es ja schon lange: Eine paar Tränen zur rechten Zeit verleihen unseren seelischen Bedürfnissen Nachdruck und lassen Männerherzen schmelzen – falls die Kerle nicht rechtzeitig die Flucht ergreifen.
Frauentränen machen Männer schwach.
Dass Männer weich werden, weil unsere Tränen auch ihr Testosteron zum Schmelzen bringen, hat jetzt der Neurobiologe Noam Sobel nachgewiesen. Er arbeitet am israelischen Weizmann Institute of Science und hat sich mit seinem Team der Erforschung des menschlichen Geruchssinns verschrieben. »Das Tränenvergießen ist ein noch weitgehend unverstandenes Verhalten, von dem man annimmt, es käme ausschließlich beim Menschen vor«, erläutert Sobel. »Bei Mäusen dienen Tränen als chemisches Signal, weshalb wir die Hypothese aufgestellt haben, dass menschliche Tränen eine ähnliche Chemo-Signalwirkung haben könnten.« Bislang war man davon ausgegangen, dass Menschentränen geruchlos seien und höchstens eine optische Signalwirkung hätten.
Für ihre Studie führten die Wissenschaftler Frauen traurige Filme vor und sammelten die Tränen ein, die die gerührten Zuschauerinnen dabei vergossen. Dann ließen sie Männer an der Tränenflüssigkeit schnuppern. »Wir haben herausgefunden, dass auch weibliche Tränen einen Geruchsstoff absondern, den andere Menschen riechen können«, berichtet Noam Sobel, und der Effekt war erstaunlich: Mit dem Tränenduft in der Nase fanden die Männer plötzlich hübsche Frauengesichter, die ihnen gezeigt wurden, weniger sexy und verspürten eine Dämpfung ihres sexuellen Appetits. Die Forscher konnten dieses subjektive Erleben der Männer mit physiologischen Erregungsmessungen bestätigen, und sie stellten zugleich fest, dass der Testosteronspiegel absank. Außerdem ließ sich mit der Magnetresonanzmethode am Bildschirm zeigen, dass bei Männern, die traurige Frauentränen rochen, die Aktivitäten in jenen Bereichen des Gehirns erlahmten, die für die sexuelle Erregung zuständig sind.
Damit konnten die Wissenschaftler erstmals nachweisen, dass nicht bewusst wahrnehmbare Stoffe in Frauentränen die Macht haben, körperliche Veränderungen im Mann auszulösen. Sie steuern seine Wahrnehmung, seine Gefühle und somit auch sein Verhalten: Die Weinende signalisiert, dass sie jetzt nicht angemacht, sondern getröstet, beschützt und in den Arm genommen werden möchte. Sein ganzes körperliches System reagiert darauf und stellt sich auf ihre Bedürfnisse ein. Er kann nicht anders, als Mitgefühl zu empfinden und sich fürsorglich zu verhalten.
Wie gesagt – falls er nicht vorher das Weite gesucht hat, wo er ihre Tränen nicht mehr riechen kann.
Kaum sind Männer Väter geworden, nimmt das Männerhormon ebenfalls deutlich ab. Das konnten Christopher Kuzawa und sein Forscherteam von der Northwestern-Universität in Evanston (Illinois) in einer Langzeitstudie auf den Philippinen nachweisen.
Schon in früheren Studien hatte sich gezeigt, dass Väter einen niedrigeren Testosteronspiegel haben als Single-Männer. Unklar war bislang aber, ob es die Vaterschaft ist, die das Testosteron senkt, oder ob Männer mit einem sowieso niedrigen Testosteronspiegel eher Väter werden.
Das konnte jetzt geklärt werden. Als Kuzawa die Langzeitstudie mit 600 Männern im Jahr 2005 begann, waren diese im Durchschnitt 21,5 Jahre alt. Jeweils morgens und abends wurden ihre Testosteronwerte gemessen. In dem vierjährigen Studienzeitraum bis 2009 ging dann ein Drittel der Männer eine feste Beziehung ein und bekam Nachwuchs. Kaum war der neue Erdenbürger da, sackte der Testosteronspiegel der
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