Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
allzu indiskret sein durfte. »Harte Burschen, aber ziemlich schwach im Kopf, und Frauen, die ein schweres Leben hinter sich haben.«
Während sie redeten, nahm Dan jede Einzelheit der beiden miteinander verbundenen Büros in sich auf. Hinter Janices Schreibtisch stand eine weitere Tür so weit offen, dass man in eine kleine Garderobe blicken konnte. Es gab nur einen einzigen Weg, der hineinführte, und die Fenster mit Blick auf den St. Anne’s Court schienen von so etwas wie einem leer stehenden Lagerhaus gegenüber einsehbar zu sein.
»Ihr Chef betreibt Clubs und Kaffeebars?«, rief er. »Mir hat man erzählt, es handele sich um einen Hersteller von Verpackungen, und ich solle dort die Faktura erledigen.«
»Ich glaube, dann sind Sie doch bei der falschen Adresse gelandet«, bemerkte sie mit offenkundiger Enttäuschung. »Dies ist Trueman Enterprises. Welchen Namen hat man Ihnen denn genannt?«
Er tat so, als müsste er abermals seinen Zettel zu Rate ziehen. »Sie werden mich bestimmt für einen dummen Landjungen halten«, meinte er grinsend. »Hier steht ›Truscot’s‹, nicht ›Trueman’s‹. Ich werde wohl besser die Agentur anrufen und mir die richtige Adresse geben lassen.«
»Sie können dieses Telefon benutzen«, schlug sie vor und deutete auf den Apparat auf ihrem Schreibtisch.
»Ich will Ihre Freundlichkeit nicht ausnutzen«, sagte er. »Aber gehen Sie zum Mittagessen aus? Ich würde Sie gern zum Dank für Ihre Hilfsbereitschaft einladen.«
Er konnte die Freude in ihren Augen sehen. Offenbar wurde sie nicht häufig von Männern angesprochen.
»Das wäre schön«, erwiderte sie und wurde dabei so rot wie ihre Bluse. »Ich kann Pause machen, sobald Mr. Trueman herkommt. Für gewöhnlich bringe ich dann Briefe zur Post und gehe für ihn zur Bank.«
»Was tut er denn, wenn Sie nicht hier sind?«, erkundigte Dan sich.
Sie kicherte mädchenhaft. »Ich schätze, die meiste Zeit telefoniert er und beschimpft irgendwelche Leute. Ansonsten bringt er die Briefe durcheinander, die ich ihm zur Unterschrift hingelegt habe, und verqualmt mit seinen Zigarren das ganze Büro.«
»Das klingt nicht so, als würden Sie ihn besonders mögen«, bemerkte Dan.
Sie seufzte. »Es ist nicht leicht, ihn zu mögen. Aber er bezahlt gut, und die meiste Zeit arbeite ich allein. Wenn ich aus der Mittagspause zurückkomme, bricht er normalerweise bald wieder auf, wir sind nur selten mehr als zwei Stunden zusammen hier.«
Ein Triumphgefühl stieg in Dan auf. Er war an den einen Ort gekommen, an dem der Mann verletzbar war. Dabei hatte er erwartet, dass Truemans Büro uneinnehmbar und voller Menschen sein würde.
»Wollen wir uns im ›Joe Lyons‹ auf dem Leicester Square treffen? Das Lokal kenne ich wenigstens«, schlug Dan vor.
»In Ordnung«, antwortete sie mit einem scheuen Lächeln. »Ich muss zuerst noch zur Bank gehen, daher werde ich nicht vor zwanzig nach eins da sein, nehme ich an.«
»Ich werde warten, ganz gleich, wie lange es dauert«, sagte er und sah ihr direkt in die Augen.
»Was ist denn mit dem anderen Job? Und Sie haben noch gar nicht erzählt, wie Sie heißen.« Sie kicherte.
»Ich werde vorschlagen, dass ich morgen anfangen werde … oder zumindest deutlich nach zwei Uhr«, gab er zurück, während er seinen Regenmantel überstreifte. »Und ich heiße Ted Baxter. Aber jetzt sollte ich wohl besser gehen, ich halte Sie von der Arbeit ab.«
Dan ging direkt zu einem Haushaltswarengeschäft in der Berwick Street und kaufte eine Wäscheleine. In einem abgelegenen Türeingang schnürte er sie unter der Jacke um seine Taille. Dann ging er wieder in die Kaffeebar gegenüber von Truemans Büro und setzte sich ans Fenster, sodass er beobachten konnte, wer kam und wer ging.
Um halb zwölf hatte Dan drei Tassen Kaffee getrunken, ein Schinkensandwich gegessen und vorgegeben, Zeitung zu lesen. Er hatte eine sehr gewöhnlich aussehende Frau von etwa fünfundvierzig Jahren in einem sehr engen Rock und hohen Schuhen beobachtet, die die Treppe hinaufgegangen und nur wenige Minuten später wieder zurückgekommen war. Vielleicht arbeitete sie als Managerin in einem von Truemans Clubs. Kurze Zeit später betrat ein Teenager mit einer Narbe auf der Wange das Gebäude, aber auch er blieb nicht lange. Gegen zwölf Uhr erschienen dann zwei Männer, die eine Spur älter waren als Dan selbst. Einer hatte einen krausen Rotschopf, der andere hatte hellbraunes Haar, und beide rochen mit ihren teuren Anzügen und den breiten
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