Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
Meistens schöne Dinge, zum Beispiel, dass sie Prinzessinnen wären oder Ballett-Tänzerinnen. Denkst du dir auch Geschichten aus?«
Ein angedeutetes Nicken war die Antwort.
»Und was hast du dir über mich ausgedacht?«, fragte Fifi.
Angela reagierte nicht, aber das war kaum eine Überraschung, da ihre Verletzung sehr wehtun musste.
»Na komm«, beharrte Fifi. »Es ist nur ein Spiel. Ich würde gern hören, was du dir ausgedacht hast.«
»Dass Sie meine große Schwester wären«, erwiderte Angela und ließ den Kopf hängen.
Bei diesem unerwarteten rührenden Eingeständnis schnürte sich Fifis Kehle zusammen. Sie konnte erahnen, wohin diese kleine Fantasie das Mädchen geführt haben musste. An einen Ort der Sicherheit auf der anderen Seite der Straße, wo es keine Prügel und keinen Streit gab. Einen Ort, an dem alles hell und sauber war, vielleicht mit einer großen Schwester, die ihr das Haar bürstete. Stellte sie sich vor, dass es jemanden gäbe, der sie genug liebte, um sie in die Arme zu nehmen?
»Wer hat dich geschlagen, Angela?«
Das Kind zuckte die Schultern, als spielte es keine Rolle, wer für die Tat verantwortlich gewesen war.
»Du musst es mir erzählen. Wenn du dich weiter von den anderen Kindern schikanieren lässt, wird es nur immer schlimmer und schlimmer werden. Ich könnte mit ihren Müttern darüber sprechen.«
»Es war kein anderes Kind«, murmelte Angela.
»Wer war es dann? Deine Mum oder dein Dad?«
»Dad«, flüsterte das Mädchen und sah Fifi ängstlich an. »Aber erzählen Sie das bloß niemandem, sonst wird er mich nur doppelt so schlimm verprügeln.«
Eine Woge des Zorns stieg in Fifi auf. Es war abscheulich, dass ein erwachsener Mann ein hilfloses Kind so zurichtete.
Eine Sekunde lang zögerte sie. Ihr Herz riet ihr, Angela nach Hause mitzunehmen, ein wenig Eis auf die Schwellung zu legen und Dan zu bitten, Alfie Muckle bei der Polizei anzuzeigen. Aber sie fürchtete die Konsequenzen eines solchen Tuns.
»Warum hat dein Dad dich geschlagen?«, fragte sie.
»Weil ich eine Tasse Tee über ihm ausgeschüttet habe«, sagte Angela unglücklich. »Ich konnte nichts dafür, er lag nämlich im Bett, und ich bin im Dunkeln gestolpert.«
Vor Fifis innerem Auge entstand ein abscheuliches Bild von Alfie, der in seinem verdreckten Schlafzimmer lag, zu faul, um für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten, aber stark genug, um ein kleines Kind zu verprügeln. In diesem Moment war ihr eines vollkommen klar: Sie musste Angela zeigen, dass nicht alle Menschen auf dieser Welt so lieblos waren. »Komm mit mir nach Hause, dann wasche ich dir die Wunde aus«, bat sie spontan.
»Das kann ich nicht tun! Dad könnte sehen, wie ich in Ihr Haus gehe«, entgegnete Angela entsetzt. »Er würde Ihnen was tun.«
»Falls er das versucht, wird er es bereuen«, sagte Fifi mit mehr Gelassenheit, als sie empfand.
»Sie wissen ja nicht, wie er ist. Er würde nicht einfach zu Ihnen kommen und Sie schlagen, er würde es heimlich tun. So ist er eben.«
Fifi war entsetzt, weil ein so kleines Mädchen bereits so deutlich erkannte, dass sein Vater ein hinterhältiger Schurke war. »Lass das meine Sorge sein«, erklärte sie entschieden. »Es muss sich dringend jemand um dein Auge kümmern. Und jetzt komm mit mir.«
Fifi rechnete halb damit, dass Angela weglaufen würde, sobald sie in die Dale Street eingebogen waren, doch sie blieb an Fifis Seite, selbst als Yvette Dupré direkt vor ihnen aus dem Laden kam.
»’allo, Fifi«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen?«
Dan bezeichnete sie als »die französische Mistress«; er meinte, ihr Akzent sei das Erotischste, was er je gehört habe. Fifi gab ihm Recht, aber die Stimme war nicht das einzig Erotische an der Frau. Irgendjemand hatte erzählt, sie sei noch keine vierzig, doch in ihren Kleidern aus der Kriegszeit wirkte sie deutlich älter. Bei den seltenen Gelegenheiten, da sie ausging, trug sie einen grauen, bis zur Wade reichenden Mantel und einen Filzhut. Dan bezeichnete es als ihr »Resistance-Kostüm« und vermutete, sie trage diese Kleider nur, um ihre erstaunlich üppige Figur zu verbergen, der kein Mann würde widerstehen können.
Einige Tage nach ihrem Einzug hatte Fifi Yvette aufgesucht und gebeten, den Reißverschluss des Kostümrocks zu reparieren, den sie für ihre Vorstellungsgespräche brauchte. Yvette war warmherzig und freundlich gewesen, und obwohl sie sie nicht eingeladen hatte, hatte sie den Auftrag mit Freuden angenommen und versprochen, ihr
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