Wo die letzten Menschen hausen
Rest der Flotte die meisten ohne Masten, mehrere Schiffe wurden zerstört.
Rauschend wurde Sand entleert, und das Schiff schoß so schnell empor, daß Trebor fürchtete, die Masten würden brechen, das Schiff in der Mitte auseinandergerissen werden. Aber er starrte eifrig über die Reling, so interessiert wie die Mädchen, sah die hohen, steilen, heißen Mids zu einem bloßen flachen, verfärbten Fleck schrumpfen, den langen Abhang zwischen Rhomontasonn-Sumpf und den Überbergen verblassen und sich abflachen.
Die Mädchen schienen seine Ängste nicht zu teilen. Lissa plapperte eifrig und schaute bedauernd hinunter. Sie wand sich behaglich, was Trebor als Kompliment auffaßte, weil er annahm, daß sie an die vergangene Nacht dachte.
Sie mochte sich wohl winden; sie und Viani hatten Streifen von dem fabulösen Aufbruch-Stoff gestohlen und sie innen an ihre Kleidung geheftet. Trebor wäre schockiert gewesen. Er hatte lediglich eine Hosentasche voll Kristallbruchstücke mitgenommen, die nur den Bruchteil eines ihrer Stoffe wert waren. Das, und ein Messer von raffinierter Kunstfertigkeit, das in alter Zeit in seinen Griff geklappt und auf Knopfdruck herausgeschnellt war, wenngleich es jetzt klemmte. Es bestand aus einem unzerstörbaren Metall und war ein kleines Vermögen wert.
In ihrer neuen Höhe stellten sie fest, daß der tägliche Wind vom Sumpf her schon wehte. Das Schiff drehte sich träge nach Westen und begann hinüberzukarren, als die Schoten achtern gebracht wurden, um die Segel von der Vertikalen schrägzustellen. Die Geschwindigkeit war gering, aber auf Wind brauchte nicht gewartet zu werden.
Trebor stellte sich dem Kapitän vor und verbeugte sich achtungsvoll, um ihm die ungeschliffenen Kristalljuwelen zu übergeben, die ihm der Wächtererhalter in die Hand gedrückt hatte. Der Kapitän war ebenso höflich, aber ziemlich kalt.
»Zaubermeister Jarrum hat unser Wort gegeben, Euch sicher und höflich nach Hause zu Shealing Hall zu bringen, und das Wort eines Aeroben wird nicht unbedacht gegeben; es ist gewisser als die Farbe des Himmels. Deshalb wird es geschehen. Aber betrachtet Euch nicht als Ehrengast oder zahlenden Gast. Dies ist ein Schiff der Aeroben, die mit allen Nationen im Krieg liegen, und das seit tausend Jahren.«
Trebor konnte sich nur verbeugen, seinen Zorn verbergend, aber seine Meinung über die Aeroben stieg bald danach. Hinter ihm ertönte ein Schrei, und drei Aeroben packten Lissa, die auf der Stelle einen von ihnen stach. Ein Aerobe lag an Deck und blutete heftig. Viani stand unbeachtet dabei.
Lissa wurde vor den Kapitän geschleppt, ihr ganzer kleiner Körper zitterte vor Empörung.
»Er hat meine Herrin beleidigt«, sagte sie mit blitzenden Augen. Der Aerobe verbeugte sich doch wahrhaftig vor ihr, und Trebor kam es vor, als amüsiere er sich – vielleicht hatte er eine Tochter, ein seltsamer Gedanke für einen Feind.
Er scheuchte die Aeroben fort.
»Ihr vergeßt euch, Kinder. Ihr seid Aeroben. Was würde Sie sagen, wenn Sie wüßte, daß ihr mit den Frauen der niederen Rassen rauft?« Sie schluckten und erbleichten. »Wir sind Aeroben, wir halten stets unser Wort, und wir haben das Wort gegeben. Diese unsere Schützlinge dürfen bei Strafe Ihres Mißvergnügens nicht belästigt werden. Llib, ordne deinen Rock. Jrneh, dein Haar ist zerzaust.«
Trebor glotzte, als die elegant uniformierten Männer sich zurechtmachten wie Kinder, verlegen in ihrem Aufputz. Der Aeroben-Kapitän wandte sich ihm zu.
»Ihr werdet in einer unserer geräumigeren Suiten am Bug untergebracht und auch nicht weiter belästigt.«
Der verletzte Mann war derjenige, der Lissa angelächelt hatte. Zum Glück hatte sie Verstand genug besessen, ihn in einem Zustand zu belassen, der es ihm erlaubte, seine Version zum besten zu geben.
Die Suite bestand aus zwei Räumen in düsterem Rot, mit zwei Bullaugen auf der Steuerbordseite und einem am Bug. Die Wände waren aus grobem Glasstoff, bedeckt mit Glasseide. Der Boden bestand aus Plastikholz, auf Hochglanz poliert; an der Decke befand sich Glasseide, darüber die schlanken Stäbe des Gerüsts, das die Sonnenkraftplatten des Oberdecks trug. Das Schiff ritt nun mit dem Auftrieb, wo der Wind vom Sumpf auf die Helgram-Berge traf.
Trebor seufzte.
»Lebendig, tot oder unbeachtet – es gibt keinen anderen Weg. Ich wäre froh, wenn man uns ein paar Wochen unbeachtet ließe.«
»Was … werden sie mit uns machen?« fragte Viani sorgenvoll.
»Wer weiß? Wer weiß
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