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Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Chilson
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nicht so groß wie der Annas Annanda, und wir müssen bewässern, aber Lin Lllallal muß dem Shamsund sehr ähnlich sein. Natürlich haben wir keine Berge wie Temblay, doch es gibt Hügel bei uns. Und in den Bewässerungskanälen wachsen fruchttragende und blühende Bäume, zum Teil als Windschutz, zum Teil, damit das Wasser verdunstet und zu Tau wird.« Ein verträumter Ausdruck ließ ihre dunklen Augen weicher erscheinen. »Ich erinnere mich, als ich klein war, daß wir einen Ausflug in die Sonderungs-Berge im Süden zwischen uns und Aetha unternahmen. Wir machten Rast in einem wunderschönen, kleinen Dorf, in einem uralten Gasthof, der im Ersten Reich erbaut worden sein muß – ganz aus eisblauen Glasziegeln, abgesehen von der Rückwand; die war eingestürzt. Es war kühl und roch nach Brot darin.
    Es gab ein kleines Mädchen dort, das nackt herumlief, die Tochter des Gastwirts. Sie war ganz braun und überall verkratzt und frei. Sie konnte hingehen, wohin sie wollte, und niemand kümmerte sich darum. Ich mußte in mein Zimmer und Lady Jram kam und las mir aus einem langen, eintönigen Buch über die Geschichte des tapferen Linllalal vor. Ich war von der Wagenreise sehr müde, saß da, beobachtete das kleine Mädchen und lauschte. Sie hatte einen kleinen Vogel und spielte damit im Hof, jagte ihn und ließ ihn von hinten heranfliegen und an ihren Haaren zupfen. Ich wollte hinaus und auch mit diesem Vogel spielen, nur das wollte ich.«
    »Warum hast du es nicht getan?« fragte Trebor.
    Sie sah ihn mit bitterer Miene an.
    »Weil ich die Tochter eines Edelmannes war und in Linllallal alle Frauen wie Gold oder Tempelgeheimnisse verwahrt werden. Jedenfalls adlige Frauen.«
    »Aber du warst doch noch ein kleines Mädchen.«
    »Trotzdem.«
    Lissas braune Augen schwammen in Tränen.
    »O meine arme Herrin! Wenn Ihr nur nach Unter-Templay hättet kommen können!«
    Selbst Trebor war betroffen.
    »Ich dachte, ich wäre streng erzogen worden, aber ich konnte wenigstens spielen.«
    Das überraschte Viani.
    »Streng? Ein Mann – ein Amballaner?«
    Trebors Mund verzog sich.
    »Nicht ein gewöhnlicher Adliger – der Sohn des Panarchen. Ich mußte abgesondert werden, damit man mich nicht entführte oder ermordete. Und studieren mußte ich auch, und als ich älter wurde, mußte ich Entscheidungen treffen, mit denen sich zu befassen mein Vater keine Zeit hatte. Meist Entscheidungen, die die Partei betrafen.« Er seufzte, als er sich an die vielen Stunden des Sitzens erinnerte – es quälte ihn, wenn er daran dachte. »Meine Vettern hatten viel Zeit zum Herumlaufen und Spielen, die ich nicht hatte, und sie unternahmen Handelsexpeditionen, während ich zurückbleiben mußte. Weiter als jetzt bin ich von Amballa nie fortgewesen, abgesehen von Vogeljagdausflügen in den Zittersumpf.«
    »Jetzt siehst du mehr von der Welt, als dir lieb ist«, sagte Viani. »Wir wären nicht hier, wenn du nicht zu uns nach Rhodrora gekommen wärst. Ich hoffe, es gefällt dir.«
    Und damit nahm sie Lissa mit zu Bett. Trebor lag im anderen Raum lange wach, ballte die Fäuste und biß die Zähne zusammen bei dem Geflüster und Gekicher, das über dem Knarren und Ächzen des Flugschiffes zu hören war. Am nächsten Morgen lächelte Viani ihn zuckersüß an.
    Mitte des Vormittages wurde ihre Langeweile vom Anblick der Hochland-Wand unterbrochen. Links im Norden lag Serenia. Die Schimmernden Schuns erstreckten sich unter ihnen im Süden. Serenia war ein Ausläufer der Wens. Es glich sehr dem Shamsund: dunkelgrüne, satte Felder und verstreute Baumhaine. Die Hügel waren aber höher und steiler, und es gab mehr von ihnen. Man sah keine großen Städte, doch eine Reihe von Dörfern und Kleinstädten. Die Dörfer drängten sich um die kleinen Städte, die alle hinter Mauern lagen.
    Der Aeroben-Kapitän näherte sich dem Wand-Land vorsichtig, mit den Hilfsschrauben im Gegenlauf. Der Aufwind packte sie, und bald danach schwebten sie darüber im Wind; die Segel waren in einem Winkel von fünfundvierzig Grad gefiert, um sie zu tragen und anzutreiben.
    Ein kristallenes Schimmern fiel Trebor auf, und er zeigte es Viani.
    Vor dem Zweiten Reich war dieser Teil des Schelfs gut bewässert und die Heimat eines starken Königreiches gewesen: Parveniu. Auf diesem Gipfel hatte Retep der Einsiedler gestanden, um den Prunk der Heiden zu verdammen. Er peitschte die Parvenier zu einem Kreuzzug auf, und sie holten die Schätze und behielten sie. Retep baute auf dem Gipfel einen

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