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Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Chilson
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Stadt gelangen müssen … und zweifellos besaßen Lyantha oder Ozziwun Einfluß genug, ihn ergreifen zu lassen. Die Behörden von Vallatia würden über seinen Steckbrief verfügen.
    Er riß zuerst die vergoldeten Schuhkappen ab – sie hätten ihn sofort verraten. Dann schnitt er mit seinem Aufbruch-Messer die Oberteile ab und verwandelte sie in billige, grellfarbene Schuhe. Der violette Umhang und die blaue Schärpe mußten weg … und Trebor zog auch das goldene Hemd aus Glasseide aus. Es war gerüscht mit Spitzen. Nach kurzer Überlegung riß er die Spitzen vorsichtig ab und rollte sie zusammen.
    Ohne Hemd, aber mit gold-gelber Glasseidenhose war er eine nicht allzu ungereimte Gestalt. Mit seinen Narben und dem Schwert hätte er ein ins Unglück geratener Söldner sein können.
    Die abgelegte Kleidung wickelte er zu einem festen Bündel zusammen, das er über die Schultern hängte. Nachdem er sich eine Meile weit durch das Buschwerk der kleineren Hügel gezwängt hatte, kam er zur nördlichen Fernstraße. Zur Stadt war es eine Stunde Fußweg. Am Tor spannte er die Muskeln an, eine Mär auf der Zunge, aber Wachen waren nirgends zu sehen. Aus einem kühlen Raum am Tor drangen Schnarchtöne.
    Die Mauer selbst bröckelte. Aethea hatte vor fünfzig Jahren die Linllallalaner zurückgeschlagen, aber Vallatias Mauer hatte seit zweihundert Jahren keinen Feind gesehen. Aetha war einst eine mächtige Militärmacht gewesen, und Vallatia war nicht die Hauptstadt, sondern die größte Festung. Jetzt war Aetha bekannt für die Geckenhaftigkeit seiner Adligen, die Überlegenheit seiner Kunst, die Schönheit seiner Sklavenmädchen und die Trägheit seines Handels. Es war zu Recht Cocaigne genannt worden, das Land des Aufschubs.
    Schwärme abgerissener Bettler lungerten auf einem Platz vor dem Tempel des Schwarzen Lotus herum. Trebor war praktisch selbst der Bettlerklasse zugehörig, da die Aeroben ihm sein Geld und fast alles andere dazu abgenommen hatten. Ein Griff nach seinem Schwert schreckte sie von ihm ab. An diesem einst blühenden Platz gab es einen Brunnen, einen ovalen Behälter rosenfarbenen Aufbruch-Materials, der geformt war wie ein hohler Hocker ohne Oberteil. Er verjüngte sich zum Sockel hin und enthielt ein Wasserbecken über dem Boden. Das ganze Ding war klein genug, daß man es umgreifen konnte, und hatte genau die richtige Höhe zum Sitzen.
    Trebor holte seine Rüschenspitzen heraus und wusch sie, ohne auf die schreienden Scharen abgerissener Kinder zu achten; nur einmal gab er einem kleinen Mädchen eins auf die Finger, als es ein Stück davon stehlen wollte. Sie waren schmutzig, aber nicht zerfetzt; im Hackmatack-Wald gab es kaum Dickicht.
    Vallatia war berühmt als die Inamorata der Kunst. Man behauptete, zehn Prozent der Einwohner seien Künstler. Vielleicht traf das zu; ganz gewiß war es eine einzigartig häßliche, schmutzige, schlechtgeplante Stadt. Sie hätte von einem Alten Meister entworfen sein können.
    Trebor kämpfte sich durch ein pittoreskes Gewirr von verfallenden Stadthäusern, bröckelnden Palästen und schmucken Tempeln. Zwischen diesen Geschäftsgebäuden – die meisten Stadthäuser und Paläste wurden gewerblich genutzt, als Hotels oder sogar als Märkte – gab es Wohngebäude. Manche waren Kasernen aus der Festungszeit Vallatias, noch immer in recht gutem Zustand; andere waren vom Vater des derzeitigen Pandamons im Zuge seines berühmten Renovierungsplanes errichtet worden. Sie sahen den Kasernen sehr ähnlich, waren aber mit billigem Material gebaut worden und verfielen nun. In vielen Fällen war das zu begrüßen, da die Gebäude von Künstlern entworfen worden waren, die man besser hätte verhungern lassen. Selbst in ihrem Verfallszustand waren sie die scheußlichsten Bauwerke, die Trebor je gesehen hatte.
    Um einen Tempel drängte sich eine größere Menge von Zuschauern. Aethas Niedergang, zum Teil eine Folge der nachlassenden Regenfälle, zum Teil eine des Alters, hatte ein pilzartiges Wachstum verschiedenartigster Kulte entstehen lassen. Dies war ein Tempel von Aeras Bräutigamen. Jeden Frühling, gleich nach dem ersten Regen der Nässe, schwärmten ihre Priester durch Aetha aus, um für die bevorstehenden Ernten die Fruchtbarkeitsriten des Bodens zu vollführen. Sie machten Löcher in den Boden und legten sich darauf, um mit Aera Verkehr zu haben.
    Aethas Niedergang hatte nicht die Gehirne seiner Witzbolde betroffen, von denen manche so scharf und zynisch waren wie jene von

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