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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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bin, hat sie so konzentriert ausgesehen wie sonst nur beim Beten. Irgendwie hat sie mir leidgetan.
    Â»Brauchst du Hilfe, Mom?«, habe ich gefragt. Sie hatte sich inzwischen für ultramarinblaues Garn und ein keltisches Knotenmuster entschieden, jedenfalls laut dem aufgeschlagenen Stickbuch auf dem Tisch.
    Sie blickte über ihre Lesebrille hinweg und schüttelte wehmütig den Kopf. »Kirby, mein Schatz. Du weißt doch, dass du nicht sticken kannst. Und auch nicht backen.« Sie seufzte. »Da habe ich als Mutter – wie so oft – versagt.«
    Â»Du hast als Mutter nicht versagt«, erwiderte ich relativ aufrichtig.
    Â»Natürlich habe ich das. Alle Eltern versagen irgendwo, das ist unvermeidlich. Das wirst du eines Tages auch merken.«
    Ich nickte. Was kann man darauf schon sagen? »Soll ich mich ein bisschen zu dir setzen?«
    Ãœberrascht blickte sie mich an. »Du solltest ins Bett gehen.« Aber sie protestierte auch nicht, als ich mich an den Tisch setzte.
    Â»Bist du aufgeregt?«, fragte sie.
    Â»Ein bisschen.« Ich gähnte.
    Â»Das gehört auch dazu.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Ich freue mich für dich.«
    Â»Danke.«
    Â»Ich bin so gespannt, was du erzählst über … deine zweite Familie.«
    Ich merkte sofort, dass das ein Test war. Das ärgerte mich. Aber ich sagte trotzdem, was sie hören wollte. »Das ist nicht meine zweite Familie. Ich habe nur eine Familie.«
    Â»Es ist in Ordnung, wenn du sie als deine zweite Familie betrachtest.«
    Â»Tue ich aber nicht. Das sind Fremde für mich.«
    Â»Marian ist doch keine Fremde.«
    Â»Okay, Marian nicht. Aber ich sehe sie mehr als eine Art Freundin.«
    Â»Du siehst sie nicht als deine Mutter an?«
    Â»Mom, bitte. Lass es sein.«
    Sie unterdrückte ein Gähnen, und ich erklärte, dass ich sofort ins Bett gehen würde.
    Â»Ja, mach das. Morgen ist ein großer Tag.«
    Ich trank meine Milch aus, stellte das Glas in die Spüle und ging Richtung Tür.
    Â»Mom?«, sagte ich, als ich neben ihr stand.
    Â»Ja, mein Schatz?«
    Â»Danke.«
    Â»Wofür?«, fragte sie mit einem märtyrerhaften Ausdruck im Gesicht – als wäre es total normal, mitten in der Nacht zu sticken und zu backen.
    Â»Dafür, dass du das alles machst. Ich bin mir sicher, die Caldwells finden die Servietten wunderschön.«
    Â»Na, das hoffe ich. Ich bin froh, dass ich mich doch für Blau entschieden habe. Blau mag jeder, oder?«
    Â»Ja. Und wer mag keinen Pekannusskuchen?«, fügte ich dankbar und auch ein bisschen schmeichlerisch hinzu.
    Sie nickte. »So Gott will, haben sie keine Allergie gegen Nüsse. Der Gedanke kam mir gerade.«
    Â»Ja, so Gott will.«
    Und jetzt bin ich auf der Interstate 55 und ertappe mich selbst beim Beten. Ich bitte Gott darum, dass das Wochenende gut laufen wird. Dass alle mich mögen und als Blutsverwandte akzeptieren werden.
    Auf dem Beifahrersitz klingelt mein Handy und unterbricht meine Konversation mit Gott. Obwohl mein Vater mir eingeschärft hat, nicht während der Fahrt zu telefonieren, blinzele ich hinüber und sehe Philips Namen. Ich nehme das Gespräch an und halte mir das Handy ans Ohr. So viel ich über das kommende Wochenende auch nachdenke – bestimmt die Hälfte der Zeit spukt Philip durch meinen Kopf. Seit Freitag haben wir jeden Tag mindestens eine halbe Stunde miteinander telefoniert und uns noch zweimal geküsst. Gestern Abend habe ich es sogar zugelassen, dass er mir unters T-Shirt gegangen ist.
    Aber ich denke auch an Marian und Conrad und frage mich, ob ihre Beziehung so ähnlich war wie meine zu Philip. Ich weiß, dass Philip und ich nicht ewig zusammen sein werden, denn er geht nach Alaska und dann nach Colorado, da wäre es schon viel verlangt, einfach nur in Verbindung zu bleiben. Aber ich will ihn als Freund nicht verlieren. Wie muss es Marian jetzt zumute sein, die kurz davor ist, Conrad nach all den Jahren wiederzusehen?
    Nachdem ich eine weitere Stunde mit Hilfe der Songs von Ray LaMontagne hinter mich gebracht habe, führt mich das Navi in die Maple Hill Road, eine wunderschöne Straße mit Häusern, die mindestens viermal so groß sind wie die in meiner Wohngegend. Das Haus von Marians Eltern ist das herrschaftlichste in einer ganzen Reihe von hübschen Villen mit englischem Rasen und bunten Blumenbeeten. Als ich in die Auffahrt biege, fällt mir

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