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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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erzählen.‹«
    Â»Lüge Nummer zwei«, sagt mein Vater und zählt sie an seinen Fingern ab. »›Wir können Marian nicht sagen, dass du es weißt.‹«
    Meine Mutter gibt vor, uns nicht zu hören, während sie die Bruschetta fertig macht. Dann zieht sie die Schürze aus, hängt sie an den großen Eisenhaken in der Abstellkammer und kommt fröhlich auf uns zu. Sie trägt ein pflaumenfarbenes Seidenkleid mit goldenen Knöpfen. Dazu Schuhe, deren Absätze mindestens sieben Zentimeter hoch sind – sie ist ganz klar overdressed. Vielleicht nicht für den Anlass, aber bestimmt, wenn man Kirby kennt. Am wichtigsten ist heute aber, dass wir alle wir selbst sind – dass wir die ehrliche Version von uns selbst verkörpern, als Individuen und als Familie. Und dazu gehört eben auch, dass meine Mutter immer zu viel kocht und zu schick angezogen ist.
    Â»Also«, sagt meine Mutter angriffslustig. »Ihr habt euch also dafür entschieden, mich zum Sündenbock zu machen.«
    Â»Ja, genau«, erwidere ich.
    Â»Das ist eine sehr gute Zusammenfassung«, witzelt mein Dad und legt meiner Mom einen Arm um die Hüfte. Er räuspert sich und setzt eine ernste Miene auf.
    Â»Marian und ich haben uns sehr intensiv miteinander unterhalten«, berichtet er leise, als wären seine Worte nur für sie bestimmt.
    Â»Das fühlt sich gut an, nicht?«, fragt meine Mom. »Jetzt ziehen wir endlich alle am selben Strang.«
    Einen Moment lang bade ich in dieser Wärme, aber dann fällt mir Conrad ein. Wahrscheinlich wirke ich beunruhigt, denn mein Vater fragt: »Was ist denn los, Liebling?«
    Ich beschließe, dass es heute keinen Platz für Lügen gibt und setze mich an den Küchentisch. Unsicher antworte ich: »Ach, ich musste gerade an Conrad denken.«
    Â»An wen?«, fragt mein Dad.
    Ratlos schaue ich ihn an. Dann wird mir klar, dass heute im Gillson Park kein einziges Wort über Conrad gefallen ist. Und meine Mutter hat ihn in New York auch nicht erwähnt.
    Â»Kirbys leiblicher Vater. Erinnert ihr euch noch an ihn?«
    Â»Nicht so richtig«, sagt meine Mutter mit einem Achselzucken. »Nur ganz vage. Wir haben ihn ja nur einmal gesehen.«
    Â»Stimmt. Genau hier in der Küche«, sage ich und denke an den Tag, als ich den Schwangerschaftstest gemacht habe.
    Die Gedanken wirbeln wild durch meinen Kopf, und mein Vater wirft meiner Mutter einen bedeutungsvollen Blick zu.
    Â»Was denn?«, frage ich. »Was meinst du damit?«
    Meine Mutter schüttelt den Kopf.
    Â»Keine Geheimnisse mehr«, fordere ich.
    Â»Okay«, sagt sie. »Wir haben ihn noch ein weiteres Mal gesehen.«
    Â»Wann denn?«, frage ich. Gleich wird mir schlecht. »Wo denn?«
    Â»Ach, nur so. Wir haben ihn einmal zufällig getroffen … irgendwo. Ich glaube, es war auf diesem Biomarkt in Winnetka«, erzählt meine Mom und schaut meinen Dad an. »Beim Gemüsestand.«
    Bevor mein Vater bestätigen kann, dass er sich an Conrad oder den Gemüsestand erinnert, frage ich energisch danach, wann das alles passiert ist.
    Â»Kirby war da vielleicht gerade sechs«, schätzt mein Dad.
    Â»Eher acht«, sagt meine Mom.
    Â»Habt ihr mit ihm geredet?«
    Â»Kurz«, sagt meine Mom ein wenig verkrampft. »Wir haben ihn gegrüßt.«
    Â»Dann habt ihr euch also an ihn erinnert?«
    Â»Nicht auf Anhieb«, erwidert sie. »Er war ein bisschen fülliger geworden. Und seine Haare waren irgendwie … anders.«
    Â»Wie, anders?«, frage ich mit klopfendem Herzen.
    Â»Einfach … anders«, antwortet meine Mom. »Vielleicht kürzer? Ich weiß es nicht mehr. Das ist zehn Jahre her.«
    Â»Hat er was zu euch gesagt?«, will ich wissen.
    Â»Ich glaube, er hat sogar zuerst gegrüßt. Dann haben wir auch Hallo gesagt«, erzählt mein Dad. »Das war’s. Wir haben uns nicht unterhalten, falls du das denkst. Wir haben uns höflich verhalten, aber gewiss nicht herzlich, nach dem, wie er sich verhalten hat in dieser ganzen … Sache.«
    Â»Wie bitte?« Tadelnd betrachte ich meine Mutter.
    Meine Mutter legt die Stirn in Falten. Schuldig im Sinne der Anklage.
    Â»Mom? Ist das Lüge Nummer drei?« Dann wende ich mich meinem Dad zu und sage: »Conrad wusste überhaupt nicht, dass ich schwanger war.«
    Â» Nicht? «, fragt mein Dad verwirrt.
    Â»Nein«, antworte ich.

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