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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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weil alle Straßen nach früheren Präsidenten benannt sind. Ich nehme den langen Weg, aber wir brauchen trotzdem bloß fünf Minuten bis zu Conrads altem Haus.
    Â»Hier ist es«, sage ich und bremse ab. Das Haus im Ranch-Stil ist jetzt in einem gedämpften Blau angestrichen und hat eine ziegelrote Eingangstür. »Früher war es weiß mit grünen Fensterläden.«
    Â»Musst du jetzt an damals denken?«, fragt sie.
    Â»Ja, schon. An das Schöne und das Schlechte, aber hauptsächlich an das Schöne.«
    Ich betrachte das Haus und denke an die Abende, die ich darin verbracht habe. Er hat Gitarre gespielt, wir haben geredet und gelacht, uns Filme angesehen und miteinander geschlafen. »Das war sein Zimmer«, erkläre ich und deute auf ein Fenster an der rechten Seite. Dann erzähle ich ihr, dass wir uns im Wohnzimmer getrennt haben. »Direkt nachdem ich ihn mit dem Schwangerschaftstest belogen habe.«
    Sie nickt und schluckt.
    Â»Das ist das Einzige, was ich wirklich bereue«, sage ich.
    Â»Wirklich das Einzige? Was ist damit … dass du überhaupt schwanger geworden bist?«
    Â»Wie könnte ich das denn bereuen?« Ich sehe ihr in die Augen.
    Â»Ja, heute vielleicht nicht mehr. Aber damals musst du es doch bereut haben.«
    Ich nicke und gestehe ihr, dass es tatsächlich so gewesen ist. »Das würde man einfach keinem Teenager wünschen. Ich würde es dir jedenfalls nicht wünschen. Ich glaube, man sollte ein bisschen damit warten, mit einem Jungen zu schlafen. Wenn schon nicht bis zur Hochzeit, dann eben so lange wie möglich. Wenn du dann schwanger wirst, kannst du damit besser umgehen als ich damals.« Insgeheim hoffe ich, dass sie noch Jungfrau ist.
    Â»Du meinst, dann wäre es leichter, das Baby zu behalten?«
    Â»Ja, genau das meine ich.«
    Ich sehe sie an und wähle meine Worte mit Bedacht. »Ich wünschte, ich hätte dich behalten können. Ich wünschte, das wäre für dich am besten gewesen.«
    Â»So sehe ich das auch«, sagt sie. »Ich liebe meine Eltern und meine Schwester, aber ich sehe das genau wie du.«
    Ich spüre Stiche im Herzen, als ich ihren Namen sage. »Ich werde jetzt nicht behaupten, dass alles, was passiert, aus einem bestimmten Grund geschieht. Vieles im Leben ist reiner Zufall. Aber eins will ich dir sagen. Ich bin froh, dass sich alles so zugetragen hat. Ich bin froh, dass ich mit dir schwanger geworden bin und dich auf die Welt gebracht habe. Ich bin froh, dass du eine Familie hast, die dich liebt. Aber das Beste von allem ist, dass du jetzt hier bei mir bist.«
    Sie lächelt schwach, und ich rede weiter. Da muss ich jetzt durch.
    Â»Aber … ich hätte ihn nicht anlügen sollen. Das war wirklich falsch von mir«, sage ich kopfschüttelnd.
    Â»Aber das bringst du ja wieder in Ordnung. Gleich heute. Stimmt’s?«
    Â»Ich werde es zumindest versuchen.« Mein Magen krampft sich zusammen. Wenn es schon so schwierig ist, an seinem alten Haus vorbeizufahren, wie will ich es dann erst bis zu ihm selbst schaffen?
    Als Kirby erklärt, dass wir weiterfahren können, atme ich tief durch und starte den Motor. Dann überquere ich die Eisenbahngleise und steuere den Wagen zu Janies Haus – das ist der letzte Punkt auf Kirbys Liste. Dort angekommen sehe ich Janies Mutter im Vorgarten. Sie arbeitet in Khakishorts und Strohhut. Sofort entdeckt sie mein Auto und kommt zu uns rüber. Das alles geht so schnell, dass ich Kirby nicht mehr mitteilen kann, dass ich sie eigentlich nie gemocht habe. Sie ist ein Mensch, der gern sagt: »Ich bin ein Mensch, der …« Dann beendet sie den Satz mit einer Tugend, die entweder ein ziemlicher Allgemeinplatz oder sehr selbstgefällig ist. (»Ich bin ein Mensch, der gern anderen hilft.«) Als Kind fand ich sie richtiggehend blöd, und meine Ablehnung hat sich mit der Zeit noch verstärkt. Aber jetzt habe ich sie seit bestimmt sechs oder sieben Jahren nicht mehr gesehen.
    Â»Marian! Ich habe doch gleich gesehen, dass du das bist! Deine Mutter hat mir gesagt, dass du übers Wochenende hier bist. Wie geht es dir so?«
    Â»Gut, danke«, sage ich und bemerke, dass sie Kirby nur einen kurzen Blick zuwirft. Daraus schließe ich, dass meine Mutter den wahren Grund meines Besuchs nicht verraten hat. Wie lange wird es wohl dauern, bis mein Lügengebäude total in sich zusammenfällt? Wird es wie bei

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