Wo die Liebe beginnt
raus.«
»âºRapperâs Delightâ¹ ist ein Klassiker«, erklärt Kirby. »Sozusagen der erste Hip-Hop-Song überhaupt.«
Alexandre nickt beeindruckt. »Stimmt genau.«
Stolz überkommt mich. Wie muss sich erst eine echte Mutter fühlen, wenn ihr Kind etwas Tolles leistet? Ich deute auf den leeren Stuhl neben mir, und Kirby schlurft zu mir hin und setzt sich, ohne mich anzuschauen oder zu lächeln. Da sehe ich, dass ihre Hände zittern und sie heftig atmet.
Sie ist doch nur ein kleines Mädchen , denke ich. So alt wie ich, als ich sie bekommen habe . Für einen kurzen Moment schweifen meine Gedanken ab, und ich sehe Conrad wieder vor mir. Ich verbanne ihn aus meinem Kopf. Wieder einmal.
»Okay«, sage ich. Ich setze meine Business-Miene auf und deute auf das Whiteboard, wo in einem Schaubild die verschiedenen Charaktere und Handlungsstränge festgehalten werden. »Wir haben nur zwei Stunden Zeit für diese Sitzung, nutzen wir sie also. Wir fangen an mit Damien und Carrie. Sorry, Roger und Evvie«, verbessere ich mich und nenne die Rollennamen der Schauspieler. »Am Ende der ersten Folge gesteht Roger Evvie seine Liebe.«
»Hat er im echten Leben wohl auch gemacht«, wirft Jeanelle ein, die einzige Autorin aus dem Team, die eine persönliche Verbindung zur Besetzung hat. Sie nimmt einen Schluck Kaffee und wartet auf unsere Reaktionen.
»Ehrlich?«, fragt Alexandre und malt »Roger + Evvie« mit einem dicken roten Stift auf unser Whiteboard. »Ich dachte, Damien wäre hinter Angela her?«
»Ja, früher, aber jetzt nicht mehr«, berichtet Jeanelle.
Ich sehe Kirby an, die mit weit aufgerissenen Augen dasitzt und jedes Wort aufsaugt. Ihr zuliebe lasse ich den Klatsch noch ein bisschen weiterlaufen. Jeanelle und die anderen malen sich genüsslich aus, wie Angela reagieren wird, wenn sie alles herausfindet.
»Du musst erzählen, was du noch gehört hast«, fordert Emily Grace Jeanelle lachend auf.
»Na ja. Angeblich hat er ordentlich was in der Hose.«
Alexandre schüttelt den Kopf und zeigt seine beste Schwulenparodie: »Wisst ihr, was? Das gefällt mir gar nicht.« Er grinst die hauptsächlich weiblichen Team-Mitglieder an. »Ich glaube, ich verklage unsere Produzentin und den Sender, weil sie die Arbeitsatmosphäre vergiften.«
»Hey, das verletzt mich«, erklärt Benjie Carr, der einzige Mann im Raum abgesehen von Alexandre, und er weiÃ, wovon er spricht, denn er ist tatsächlich schwul. Aber er macht nur einen Witz, denn Benjie kann man gar nicht kränken. Dann zeigt er auf eine Schachtel mit Keksen auf dem Tisch. »Siehst du die? Mach die weg, ich bin auf Detox-Diät!«
»Okay, okay, Leute!«, rufe ich und schaue auf die Uhr. »Lasst uns anfangen. Legt die Handys weg. Auf gehtâs. Wir brauchen Ideen!«
Alexandre nimmt seinen Job als Stenograf am Whiteboard wieder auf, und Kirby blickt sich noch immer fasziniert um. Im Verlauf der Sitzung gibt es kaum Konflikte, nur eine längere Debatte über eine Figur namens Max, einen zugeknöpften Studenten, der viel Zeit in der Bar verbringt, Whiskey trinkt, den Musikgeschmack der anderen kritisiert und sie pausenlos belehrt â und sich beim Flirten mit unserem Mädchen aus Mississippi ziemlich ungeschickt verhält.
»Er kriegt viel zu viel Raum. Dabei ist er ein totaler Wesley«, jammert Jeanelle. Sie spielt auf die Figur des Wesley Crusher in Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert an. Die Zuschauer haben ihn gehasst, aber die Autoren haben das nicht gemerkt. Schlimmer noch, sie haben versucht, Wesley Crusher auf Biegen und Brechen sympathisch zu machen. Sie wollten die Zuschauer zwingen, ihn zu mögen. Jeanelle erklärt: »Er ist langweilig und nervt. Und er tut die ganze Zeit so, als wäre er schlau und hip ⦠und deswegen ist er langweilig und nervt.«
»Ich bin da anderer Meinung«, sagt Emily Grace.
»Tja. Vielleicht, weil du ihn erfunden hast? Oder weil du das Drehbuch geschrieben hast, in dem er dauernd rumschwallt, wie toll er ist?«, bemerkt Jeanelle.
Alexandre berührt mit der flachen Hand vorsichtig den Tisch, macht ein zischendes Geräusch. »Autsch, verdammt heiÃ!«
Ich lächele und sage: »Ich finde ihn interessant. Und sehr gut gezeichnet.«
»Danke«, erwidert Emily Grace und lächelt mich zaghaft und ein bisschen verletzt
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