Wo die Liebe beginnt
mehr Potenzial, als du zeigst.«
»Im Vergleich zu wem? Dir und Mom? Charlotte? Oder meiner unglaublich erfolgreichen leiblichen Mutter?« Ich weiÃ, dass ich gemein und sarkastisch bin, aber ich kann mich nicht zurückhalten. Immerhin vergleichen sie mich jeden Tag mit ihrem leiblichen Kind. Was ist da der Unterschied?
»Hey! Dieser Ton gefällt mir gar nicht, mein Fräulein!«, sagt mein Dad.
Ich starre ihn an. »Tja, Dad. Und mir gefällt nicht, dass ich mich hier immer wie eine AuÃenseiterin fühle.«
»Du machst dich zur AuÃenseiterin«, erklärt mein Dad und zeigt mit dem Finger auf mich.
»Wie das?«, frage ich mit berechnendem Lächeln.
»Indem du dich aus dem Familienkreis ausschlieÃt«, wirft meine Mom ein.
»Weil ich nicht zu den Schwimmwettkämpfen mitkomme?« Ich funkele sie zornig an. »Das geht nicht gegen Charlotte, aber ich hasse diese Veranstaltungen. Sie langweilen mich zu Tode. Ich finde nun mal nichts an Sport, basta. Ich mag dafür andere Sachen. Filme, Malerei, Musik. Ich bin anders als der Rest der Familie.«
»Siehst du? âºDer Rest der Familieâ¹Â«, kontert mein Dad. »Merkst du was?«
»Ich mag auch Filme und Musik«, bemerkt meine Mutter in beleidigtem Ton.
»Also, zuerst mal meinte ich: richtige Filme, nicht irgendeinen Action-Mist oder Liebesschnulzen! Und zweitens gilt Barry Manilow nicht als Musik.«
»Hey!«, dröhnt mein Dad und droht jetzt mit dem Finger. Barry Manilow war wohl zu viel.
»Du hast Barry Manilow immer gemocht«, klagt meine Mutter.
»Ja, mit fünf. Als ihr mir noch vorschreiben konntet, was ich gut finden sollte. Hört mal, es tut mir leid, dass ich nach New York gefahren bin, ohne euch was zu sagen. Aber ich musste sie einfach kennenlernen. Alleine. Und das habe ich gemacht. Schluss.«
»Schluss?«, bezweifelt mein Dad und stellt seine Lehne neu ein. »Geht es dir jetzt besser?«
»Ja.« Ich verschränke die Arme und schweige. Warum kann ich nicht einfach mit der weiÃen Fahne winken? Sie geben sich doch so groÃe Mühe nett zu sein. Und sie haben noch nicht mal damit gedroht, mir Stubenarrest zu verpassen â das ist ein subtiles und überraschendes Zeichen dafür, dass sich die Machtverhältnisse geändert haben.
»Wirst du mit ihr in Verbindung bleiben?«, will meine Mutter wissen.
Ich zucke mit den Schultern, als hätte ich darüber noch nicht nachgedacht. In Wirklichkeit habe ich mein Handy schon zwanzigmal gecheckt, seit ich zu Hause bin, weil ich auf eine Antwort auf meine letzte SMS hoffe, in der ich geschrieben habe, dass ich gut angekommen bin.
»Also«, sagt mein Dad. »Wir haben eine Idee.«
»Was für eine Idee denn?«, frage ich unruhig.
»Wir würden sie gerne kennenlernen«, erklärt meine Mutter und zieht ein Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
Mein Dad nickt. »Was meinst du, sollen wir sie hierher einladen? Vielleicht zu deiner Schulabschlussfeier?«
»Hm. Also, ich finde, das ist keine so gute Idee«, erwidere ich.
»Und warum nicht?«, fragt mein Dad.
»Weil sie echt viel zu tun hat.«
»Absagen kann sie immer«, sagt mein Dad. »Aber wir möchten die Einladung gern aussprechen. Wenn du nichts dagegen hast.«
»Wir möchten wenigstens mal mit ihr reden«, bemerkt meine Mutter.
»Aber ihr habt überhaupt nichts gemeinsam«, sage ich.
»Wir haben dich gemeinsam«, sagt mein Dad.
»Und ich wette, wir denken alle, dass du aufs College gehen solltest«, fügt meine Mutter hinzu. Damit hat sie sich verraten.
»Aha. Daher weht also der Wind.« Ich schnippe mit dem Finger, als hätte ich gerade eine Erleuchtung gehabt. »Ihr wollt sie auf eure Seite ziehen. Drei gegen einen, hm?«
Meine Mutter schüttelt den Kopf, allzu schnell und heftig, und macht dadurch nichts besser.
»Okay. Ich werde darüber nachdenken«, sage ich. Was versetzt mich mehr in Unruhe? Dass sie so offen mit der Sache umgehen? Oder ist es die Tatsache, dass Marian ohnehin nicht kommen würde?
»Danke«, erwidert mein Dad. »Wir wissen das zu schätzen.«
»Kann ich jetzt gehen?«
»Ja«, sagt mein Dad widerwillig.
Ich stehe auf und gehe in mein Zimmer, um weiter nach Conrad Knight zu suchen. Ich habe keine Ahnung, ob er aufs College gegangen ist, aber ich würde alle Stu diengebühren
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