Wo die Liebe beginnt
bringen muss. Seine Gefühle für mich, meine Vergangenheit oder unsere Zukunft? Aber ich habe Angst vor der Antwort, die ich bekäme. Ich habe Angst davor, dass er mir erklärt, dass das alles miteinander zusammenhängt. Oder dass er mich genau so heuchlerisch umschmeichelt wie vorhin den Star meiner Show.
Als ich an diesem Abend nach Hause komme, finde ich ein Paket vor. Es ist von Kirby. Ihre Adresse in St. Louis steht in der oberen linken Ecke, in ordentlichen Druckbuchstaben. Ich habe keine Ahnung, was drin sein könnte, aber als ich es öffne, wird mir das Herz schwer. Es sind die Kleidungsstücke, die ich ihr gekauft habe, und die Schilder hängen alle noch dran. Die Schuhe, auch sie noch ungetragen, stecken ordentlich in der marineblauen Prada-Schachtel. Als Letztes entdecke ich einen Brief in so winziger Handschrift, dass ich meine Lesebrille aufsetzen muss, um sie zu entziffern.
Liebe Marian,
vielen Dank noch mal, dass ich bei dir wohnen durfte, als ich in New York war, und dass du mir das Flugticket nach Hause spendiert hast. Das war sehr nett von dir. Ich fand es auch toll, dass du mich mit zur Arbeit genommen hast. Das hat mir echt Spaà gemacht, und ich freue mich auf deine Serie (besonders auf Shaba. Ha!). Wie du siehst, schicke ich dir die Klamotten, die du mir gekauft hast, zurück. Das war wirklich cool von dir, aber mir ist nicht ganz wohl dabei, sie zu behalten. Sie sind einfach zu teuer, und auÃerdem bin ich nicht so der Typ dafür. Ich hoffe, du verstehst das. Nochmals danke für alles.
Viele GrüÃe
Kirby K. Rose.
Ich lese den Brief noch einmal. Kein Wort über Conrad. Kein Wort darüber, dass sie froh ist, mich kennengelernt zu haben. Kein Hinweis darauf, dass wir mehr sind als nur Bekannte. Ich falte das Blatt zusammen und stecke es in die oberste Schublade meines Kleiderschranks, zusammen mit dem Bild von Conrad. Mir wird bewusst, dass das alles ist, was ich von ihr habe, und ich schäme mich dafür, dass ich so wenig über sie weiÃ. Dass ich nicht ein einziges Foto von ihr gemacht habe, als sie hier war. Dass ich es tatsächlich für eine gute Idee hielt, ihr solche Geschenke zu machen â noch bevor ich ihr die Wahrheit gesagt hatte. Dass Peter recht hat â Geheimnisse und Lügen sind im Grunde dasselbe. Und mein Leben ist eigentlich nur eine einzige groÃe Lüge.
Bevor ich es mir anders überlegen kann, nehme ich den Hörer und wähle ihre Nummer, in der Hoffnung, dass sie rangeht. Sie tut es und klingt überrascht, wodurch sich meine Schuldgefühle bloà verstärken.
»Hallo Kirby«, sage ich. »Hier ist Marian.«
»Ich weië, antwortet sie. »Hallo.«
»Ich habe dein Paket bekommen.«
»Ja. Ich hoffe, du findest das nicht unhöflich. Ich bin dir echt dankbar und so, aber â¦Â«
Ich schüttele den Kopf. Gleich weine ich. »Nein, Kirby, ich habâs schon kapiert. Es tut mir leid.«
»Was tut dir leid?«, will sie wissen, aber ich merke, dass es eher ein Abtasten ist als eine echte Frage.
»Dass ich mit dir shoppen gegangen bin. Wo wir doch viel wichtigere Dinge zu erledigen hatten. Zu besprechen hatten. Ich weià wirklich nicht, was in mich gefahren ist. Ich ⦠ich glaube, ich wollte einfach in einer Umgebung sein, in der ich mich sicher fühle.« Was sagt es über mich aus, dass ich Barneyâs als »eine Umgebung, in der ich mich sicher fühle« bezeichne? »Es war wirklich eine blöde Idee.«
»Ja«, erwidert sie. Ich habe anscheinend genau das Richtige gesagt. Endlich.
»Ich hatte solchen Schiss«, gestehe ich.
»Ich weiÃ. Ich auch.«
»Ich habe immer noch Schiss«, seufze ich. Ich bin erleichtert, nicht nur, weil ich ihr gesagt habe, was wirklich passiert ist, sondern auch, was ich wirklich empfinde. Das ist ein groÃer Schritt. Irgendwie fühlt es sich an wie der erste ehrliche Moment zwischen uns.
Eine Sekunde lang sind wir beide still. Dann räuspert sie sich und fragt: »Und jetzt?«
»Ich weià nicht«, erwidere ich. »Aber ich hoffe, wir finden es zusammen heraus.«
»Ja«, sagt sie. »Hoffe ich auch.«
17 â Kirby
»Also. Ich muss dir was gestehen«, trällert Belinda, als sie im Rückspiegel ihren Lippenstift auffrischt. Wir stehen auf dem Parkplatz meines Lieblingskinos, dem Tivoli. »Bitte sei mir nicht böse.«
Ich hebe die Brauen, und
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