Wo die Liebe beginnt
nur weil ich nicht sofort kapiere, das sein Vorname zufällig mit der Figur einer Horrorserie aus den Siebzigern übereinstimmt. »Ich kann nicht mit ihm arbeiten.«
Ich glotze sie an und versuche, das mögliche Ausmaà der Situation zu begreifen. Nach Angela ist Damien unser zweitwichtigster Schauspieler. In Hollywood nennt man ihn einen »kommenden Star«, und das Magazin People hat ihn kürzlich in seine Liste der fünfzig schönsten Menschen der Welt aufgenommen. Anders ausgedrückt: Sie täte gut daran, mit ihm zu arbeiten. Und dann erinnere ich mich an Jeanelles Bemerkungen im Writersâ Room und bete, dass an den Gerüchten nichts dran ist und er nicht unsere drittwichtigste Schauspielerin vögelt: Carrie England.
Doch Angela jammert: »Ich kann es nicht fassen, dass er mich betrogen hat. Und dazu noch mit ihr! Er weià doch, wie sehr ich Carrie hasse!«
In der Tat, wir alle wissen, wie sehr sie Carrie hasst, schon seit längerer Zeit, aber niemand weià so richtig, warum. Carrie ist nämlich eine der freundlichsten, liebenswürdigsten, unkompliziertesten Schauspielerinnen, mit denen ich je gearbeitet habe â eine groÃe Ausnahme in dieser Branche. Vielleicht ist es ja das, was Angela so aufbringt: die Tatsache, dass jeder ständig betont, wie wunderbar Carrie ist. Vielleicht ahnt Angela ja, dass man das von ihr nicht behaupten kann. Und vielleicht ist sie langsam dahintergekommen, dass es nicht nur auf Aussehen ankommt. Aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich es nicht.
Das Leben ahmt hier also mal wieder die Kunst nach, aber bevor ich kluge Bemerkungen machen kann, schüttelt Angela den Kopf, faltet die Hände und setzt eine oscarverdächtige verletzte Miene auf.
»Es tut mir leid, Marian. Aber ich steige aus.«
»Jetzt beruhige dich erst mal«, entgegne ich, obwohl ich selbst ziemlich beunruhigt bin.
Mein gut gemeinter Rat reizt sie bloà noch mehr. Sie wirft ihr ramponiertes Haar auf eine Seite und verkündet: »Ich werde nicht mehr mit denen zusammenarbeiten. Mit keinem von beiden. Ich steige aus. Es sei denn â¦Â« Sie sieht mich an. Ihr Blick ist einstudiert wie vor der Kamera. »Es sei denn, du feuerst sie.«
»Ich soll sie feuern? Damien und Carrie?«
»Ja. Beide.« Sie überlegt einen Moment und fügt hinzu: »Oder wenigstens Carrie.«
Sie schaut mich herausfordernd an. Da begreife ich, dass Rache der wahre Grund ihres Besuchs ist.
»Aber sie haben laufende Verträge«, sage ich und schüttele den Kopf. Im Geiste rechne ich allerdings schon aus, was es kosten würde, Carrie aus ihrem Vertrag zu entlassen und einen Ersatz für sie zu finden.
Theoretisch wäre das natürlich möglich, aber es geht ums Prinzip. Es wäre ungeheuerlich, wenn eine Serienschauspielerin eine andere rausekeln könnte. So weit darf man es nicht kommen lassen. Das würde auÃerdem signalisieren, dass Angela die Fäden in der Hand hat. Ich würde die Kontrolle verlieren, und niemand würde mich mehr respektieren. »Das kann ich nicht«, sage ich.
»Okay, dann steige ich eben aus.« Sie dreht sich um und will gehen.
»Halt! Halt! Wir rufen Standish an«, schlage ich vor. Alle nennen Peter nur »Standish«. »Lass uns ganz vernünftig bleiben.«
»Ich bin vernünftig«, sagt sie. »Ich bin betrogen worden. Und darauf reagiere ich vernünftig. Bist du schon mal betrogen worden?«
Einen Moment lang tut sie mir leid. »Ich glaube nicht«, erwidere ich.
»Dann kannst du auch nicht ermessen, wie sich das anfühlt.«
»Aber diese Show macht dich groÃ!« Ich versuche es mit der besten Waffe in meinem Arsenal: Ich appelliere an ihr Ego. »Du bist auf dem Weg zum Star. Du warst für einen âºPeopleâs Choice Awardâ¹ nominiert. Wenn du weiter solche Mätzchen machst, ist deine Beliebtheit bald beim Teufel.«
»Das sind keine Mätzchen«, erwidert sie. »Das sind meine Gefühle. Ich bleibe einfach nur mir selbst treu. Mein Herz ist mir wichtiger als meine Karriere.«
»Aber die Leute werden das so nicht wahrnehmen. Sie werden dich für eine Diva halten.«
Weil sie eine ist.
»Diva? Ich bin keine Diva. Carrie ist eine.«
Ich seufze. Vielleicht sollte ich in Zukunft lieber Romane schreiben, da können mir die Figuren wenigstens nicht einfach weglaufen.
Plötzlich schreit sie: »Das ist alles nur
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