Wo die Liebe beginnt
ihr euch ja, und dann â¦Â«
»Nein, danke«, entgegne ich. In diesem Moment bläst Mrs. Tropper in ihre Trillerpfeife und verpasst ausgerechnet uns einen Rüffel â dabei trotten noch ein paar andere Nachzügler hinter uns her. »Belinda! Kirby! Etwas flotter, Ladys! Bewegt euch!«
Als sie sich umdreht, um jemand anders anzuscheiÃen, zeige ich ihr den Stinkefinger. Wir erhöhen das Tempo ganz sachte, und ich denke weiter an den Schulball. Tief im Inneren bin ich vielleicht doch ein bisschen traurig, dass ich nicht hingehe. Erst recht, nachdem Charlotte mir gestern Abend fröhlich erzählt hat, dass Noah sie zum Ball eingeladen hat. Danach musste ich mit ihr den Macyâs-Katalog betrachten, in dem sie bereits alle infrage kommenden Abendkleider angekreuzt hatte. Vielleicht hatte ich früher ja auch mal so typisch mädchenhafte Vorstellungen vom Schulball. Ein schönes Kleid aussuchen. Auf den süÃen Jungen warten, der mich von zu Hause abholt. Tausend Erinnerungsfotos mit Freunden im Garten schieÃen. Einen Flachmann in die StretchLimousine schmuggeln. Ein langsamer Tanz, wenn der Abend zu Ende geht. Küssen unter den Sternen. Der ganze ScheiÃ.
Das ist einfach nicht meine Welt. Und Belindas Alternativvorschlag, die Sache auf unsere Weise durchzuziehen, entweder allein oder zusammen mit zwei Snobs aus einer anderen Schule, die es vermutlich doch nur auf Sex abgesehen haben, ist auch keine Lösung. Ich werde dadurch nicht cooler oder glücklicher â und andere werden dadurch auch nicht glauben, dass ich plötzlich cool oder glücklich bin. Im Gegenteil, ich würde mich nur noch schlechter fühlen, weil der Abend wahrscheinlich darauf hinauslaufen würde, dass Belinda sich zügig die Kante gibt und ihrem Date ins nächstbeste Hotelzimmer folgt, während ich mit einem Push-up-BH, schlecht aufgetragenem Selbstbräuner und einem Trottel namens Philip irgendwo blöd herumstehe. Nein, danke.
Als wir die Ziellinie überqueren, brüllt Mrs. Tropper unsere Zeit heraus und schüttelt den Kopf. »Dreizehn Minuten und zweiundvierzig Sekunden. Das ist ja ein Witz! Meine Oma rennt schneller als ihr.«
Ich zucke mit den Schultern und glotze sie ausdruckslos an, um ihr zu zeigen, wie egal mir das alles ist. Das ist das Einzige, worin ich wirklich gut bin.
16 â Marian
Früh am Montagmorgen platzt Angela Rivers in mein Büro und legt einen Auftritt hin, der ihrer Serienfigur alle Ehre machen würde. Ich muss an die dramatische Szene in einer der letzten Folgen denken, in der sie erfährt, dass ihr Freund eine Affäre mit seiner Ex hat. Eine Sekunde später begreife ich, dass das Leben die komischeren Geschichten schreibt.
»Er vögelt sie«, wehklagt sie und zeigt die ganze Bandbreite ihrer Schauspielkunst, vom mitleiderregenden Schluchzen bis zur rasenden Wut. Sie hat rote Augen und schlechte Haut, und ich bemerke schnell, dass sie irgendwas mit ihren wunderschönen, langen roten Haaren angestellt hat. Die sind ihr Markenzeichen. Aber jetzt stimmt die Farbe nicht mehr â sie sehen eher nach Cyndi-Lauper-Orange aus. Als sie den Kopf in die Hände legt, sehe ich auÃerdem, dass hinten ein riesiges Loch klafft. Wenn sie das nicht selbst verbockt hat, hat sie einen eindeutig bösartigen Friseur. Insgeheim überlege ich fieberhaft, wie ihre Frisur noch zu retten ist â und wichtiger noch, wie wir die Ãnderung ins Drehbuch einarbeiten können.
Ich betrachte sie, höre sie klagen und frage mich, warum ich ihren Schmerz nicht ernster nehmen kann. Bin ich so egoistisch? Geht es mir nur darum, wie sich diese Neuigkeit (und die Haarkatastrophe) auf meine Sendung auswirken wird? Oder glaube ich, dass sie mir bloà etwas vorspielt? Sie scheint zwar aufgewühlt zu sein, aber Tränen entdecke ich nicht.
»Wer vögelt wen?«, frage ich ein bisschen zu laut. Ich werfe einen Blick in den Flur, in der Hoffnung, dass niemand mich gehört hat â während Angela wahrscheinlich hofft, dass alle uns gehört haben. Inzwischen blicken zwei Assistenten neugierig in mein Büro. Aber Angela soll ja meine Frage beantworten, darum schlieÃe ich die Tür.
»Damien«, sagt sie. »Ich hätte nie jemandem vertrauen sollen, dessen Name für den Teufel steht!«
»Wie bitte?« Ich bin verwirrt.
»Damien Thorn. Das Omen !«, erklärt sie, als wäre ich schwer von Begriff,
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