Wo die Nacht beginnt
Roydon. Aber Ihr seid keine de Clermont. Ihr seid lediglich mit einem von ihnen vermählt.«
»Falsch«, widersprach ich, die Hand fest auf dem Arm meines Gemahls. »Ich bin nicht nur Matthews Gemahlin, sondern auch Philippe de Clermonts blutgeschworene Tochter. Ich bin eine doppelte de Clermont, und weder ich noch mein Kind werden Euch je Vater nennen.«
Andrew Hubbard sah mich fassungslos an. Während ich im Stillen Philippe dafür dankte, dass er allen anderen immer drei Schritte voraus war, entspannten sich Matthews Schultern. Wieder einmal hatte sein Vater, wiewohl weit weg in Frankreich weilend, für unsere Sicherheit gesorgt.
»Ihr könnt das gern überprüfen. Philippe hat meine Stirn gezeichnet.« Ich berührte die Stelle zwischen meinen Brauen, unter der sich mein drittes Auge, mein Hexenauge, befand. Es schlief momentan, mit Vampiren hatte es nichts im Sinn.
»Ich glaube Euch, Mistress Roydon«, sagte Hubbard schließlich. »Niemand würde sich erdreisten, in einem Hause Gottes eine derart freche Lüge zu verbreiten.«
»Dann könnt Ihr mir vielleicht helfen. Ich bin in London, weil ich Hilfe bei einigen kleineren Fragen der Magie und Hexerei suche. Wen unter Euren Kindern würdet Ihr für eine solche Aufgabe empfehlen?« Meine Frage löschte Matthews zufriedenes Grinsen aus.
»Diana«, knurrte er.
»Mein Vater wäre sehr erfreut, wenn Ihr mir behilflich sein könntet«, fuhr ich ruhig fort, ohne ihn auch nur anzusehen.
»Und wie würde er dieser Freude Ausdruck verleihen?« Auch Andrew Hubbard war ein Renaissanceprinz und immer daran interessiert, einen strategischen Vorteil herauszuschlagen.
»Erstens wäre mein Vater hochzufrieden, wenn er von friedvollen Silvesterstunden in unserem Heim erfahren würde.« Ich sah ihm in die Augen. »Was ich ihm sonst noch in meinem nächsten Brief berichten werde, hängt davon ab, welche Hexe Ihr ins Hart and Crown schickt.«
Hubbard dachte über meine Forderung nach. »Ich werde Eure Bitte mit meinen Kindern besprechen und dann entscheiden, wer Euch am dienlichsten ist.«
»Er wird einen Spion schicken«, warnte Matthew mich.
»Du bist auch Spion«, erwiderte ich. »Ich bin müde. Ich will nach Hause.«
»Damit ist unser Geschäft hier erledigt, Hubbard. Ich verlasse mich darauf, dass Diana, so wie alle de Clermonts, Euch in London willkommen ist.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte Matthew ihm den Rücken zu.
»Selbst die de Clermonts müssen in der Stadt aufpassen«, rief Hubbard uns nach. »Das solltet Ihr nicht vergessen, Mistress Roydon.«
Während Gallowglass uns nach Hause ruderte, unterhielt sich Matthew leise mit ihm, aber ich mischte mich nicht ein. Ich schlug Matthews helfende Hand aus, als ich aus dem Boot stieg, und erklomm die Stufen zur Water Lane, ohne auf meine Begleiter zu warten. Trotzdem war Pierre vor mir am Durchgang zum Hart and Crown, während Matthew im selben Moment neben mir stand. Drinnen erwarteten uns Walter und Henry. Beide sprangen sofort auf.
»Gott sei Dank«, sagte Walter.
»Wir kamen, sobald wir hörten, dass Ihr uns braucht. George liegt krank zu Bett, und wir konnten weder Kit noch Tom finden«, erklärte Henry ängstlich und sah dabei abwechselnd mich und Matthew an.
»Verzeiht, dass ich Euch gerufen habe. Das war verfrüht«, sagte Matthew und zog seinen Umhang so schwungvoll von den Schultern, dass er um seine Füße wirbelte.
»Falls es den Orden betrifft …«, setzte Walter an, den Blick auf den Umhang gerichtet.
»Das tut es nicht«, versicherte ihm Matthew.
»Es betrifft mich«, sagte ich. »Und bevor Ihr den nächsten katastrophalen Plan ausheckt, lasst mich eines sagen: Die Hexen sind meine Sache. Matthew wird beobachtet, und nicht nur von Andrew Hubbard.«
»Das ist er gewohnt«, meinte Gallowglass mürrisch. »Beachte diese Gaffer gar nicht, Tantchen.«
»Ich muss mir selbst eine Lehrerin suchen, Matthew«, sagte ich. Meine Hand legte sich zittrig auf die Stelle, wo sich mein Bauch gegen das Mieder schmiegte. »Solange einer von euch in der Nähe ist, wird mir keine Hexe auch nur ein einziges Geheimnis verraten. Jeder, der dieses Haus betritt, ist entweder ein Wearh, ein Philosoph oder ein Spion. Und das bedeutet in den Augen meiner Leute, dass jeder von euch uns jederzeit auf den Scheiterhaufen bringen könnte. Berwick mag fern erscheinen, aber die Panik breitet sich aus.«
Matthew sah mich frostig an, aber zumindest hörte er mir zu.
»Falls du eine Hexe herbestellst, wird natürlich eine
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