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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Gallowglass übersetzt hatte.
    »Ich meine damit, dass ich das Buch schon kenne«, brach es aus Rudolf heraus.
    »Das überrascht mich nicht, Eure Majestät, schließlich habt Ihr es John Dee überlassen – allerdings versehentlich, wie man mir erklärt hat.« Matthew verbeugte sich.
    »Der Kaiser macht keine Fehler!«, mischte sich Strada ein und schubste das Buch angewidert weg.
    »Wir machen alle Fehler, Signor Strada«, belehrte Hájek ihn sanft. »Ich bin allerdings überzeugt, dass es eine andere Erklärung dafür gibt, warum dieses Werk dem Kaiser zurückgegeben wird. Möglicherweise hat Dr. Dee das Geheimnis dieses Buches gelüftet.«
    »Es enthält nichts als kindische Bilder«, ereiferte sich Strada.
    »Hat darum dieses Bilderbuch seinen Weg in Dr. Dees Gepäck gefunden? Hattet Ihr gehofft, er könnte verstehen, was Ihr nicht verstanden habt?« Matthews Worte zeigten Wirkung, denn Strada lief purpurrot an. »Vielleicht habt Ihr Dees Buch, das Buch mit den alchemistischen Illustrationen aus Roger Bacons Bibliothek, nur ausgeliehen, weil Ihr hofftet, es könnte Euch helfen, dieses hier zu entschlüsseln, Signor Strada. Das wäre ein viel angenehmerer Gedanke als die Vorstellung, Ihr hättet Dr. Dee um seinen Schatz betrogen. Natürlich hätte Seine Majestät keine Kenntnis von einem so bösartigen Akt haben können.« Matthews Lächeln war eisig.
    »Und das Buch, das ich Euren Worten nach besitze, ist der einzige meiner Schätze, den Ihr nach England mitnehmen wollt?«, fragte Rudolf scharf. »Oder erstreckt sich Eure Habgier auch auf mein Laboratorium?«
    »Wenn Ihr damit Edward Kelley meint, braucht die Königin eine Zusicherung, dass er aus freiem Willen hier ist. Mehr nicht«, log Matthew. Dann lenkte er das Gespräch in eine weniger gefährliche Richtung. »Gefällt Euch Euer neues Altarbild, Majestät?«
    Matthew hatte dem Kaiser genug Raum gelassen, seine Reihen wieder zu schließen – und dabei das Gesicht zu wahren. »Der Bosch ist wirklich außergewöhnlich. Mein Onkel wird sehr betrübt sein, wenn er erfährt, dass ich ihn jetzt besitze.« Rudolf sah sich um. »Allerdings eignet sich dieser Raum nicht, um ihn aufzustellen. Ich wollte ihn dem spanischen Gesandten zeigen, aber hier kann man nicht weit genug zurücktreten, um das gesamte Bild zu betrachten. Es ist ein Werk, dem man sich langsam nähern muss, sodass alle Details auf ganz natürliche Weise hervortreten. Kommt mit. Ich zeige Euch, wo ich es hingetan habe.«
    Matthew und Gallowglass bauten sich so auf, dass Rudolf mir nicht zu nahe kommen konnte, während wir uns durch die Tür schoben und in einen Raum wechselten, der aussah wie das Lager eines übervollen und unterbesetzten Museums. Die zahllosen Regale und Schränke enthielten so viele Muscheln, Bücher und Fossilien, dass sie umzukippen drohten. Riesige Leinwände – darunter das neueste Venusgemälde, das weniger detailgetreu , als viel mehr eindeutig pornografisch war – lehnten an Bronzestatuen. Dies war bestimmt Rudolfs berühmtes Kuriositätenkabinett, sein Raum der Schätze und Sensationen.
    »Eure Majestät braucht mehr Platz – oder weniger Ausstellungsstücke«, kommentierte Matthew und fing im letzten Moment eine Porzellanfigur auf, die zu Boden zu fallen drohte.
    »Für neue Schätze findet sich immer ein Platz.« Der Blick des Kaisers kam schon wieder auf mir zu liegen. »Ich baue eben vier weitere Säle an, um alles aufzunehmen. Dort könnt Ihr die Männer bei der Arbeit sehen.« Er deutete aus dem Fenster auf zwei Türme und einen lang gestreckten Trakt, der sie später mit den Wohnräumen des Kaisers und einem weiteren Neubau gegenüber verbinden würde. »Einstweilen katalogisieren Ottavio und Tadéaš meine Sammlung und erklären den Architekten, was ich benötige. Ich will nicht alles in die neue Kunstkammer umziehen lassen und dann feststellen müssen, dass sie schon wieder zu klein ist.«
    Rudolf führte uns durch ein Labyrinth zusätzlicher Lagerräume, bis wir schließlich in eine Galerie mit Fenstern auf beiden Seiten gelangten. Hier im klaren Licht hatte man nach den düsteren, staubigen Kammern das Gefühl, endlich wieder durchatmen zu können.
    Der Anblick in der Mitte der Galerie ließ mich innehalten. Matthews Altarbild stand auf einem langen, mit dickem grünem Filz bezogenen Tisch. Der Kaiser hatte recht: Man konnte die Farben nicht wirklich würdigen, wenn man zu nahe am Bild stand.
    »Es ist wunderschön, Dona Diana.« Rudolf nutzte meine

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