Wo die Nacht beginnt
Doppelkocher, einem kupfernen Destillierkolben und einem Fässchen mit altem Wein hantierte. Zwei junge, aus der Küche abkommandierte Burschen beaufsichtigten die Glut im Herd und hielten sie mit zwei ledernen Blasebälgen am Lodern, die jedes Mal sanft seufzten, wenn Thomas und Étienne sie betätigten.
Hier in der Vergangenheit bot sich für mich die perfekte Gelegenheit, all das auszuprobieren, was ich bisher nur aus der Theorie kannte. Nachdem ich Marthes Ausrüstung durchstöbert hatte, hatte ich beschlossen, Weingeist herzustellen, eine Grundsubstanz bei vielen alchemistischen Verfahren. Allerdings begann ich bald zu fluchen.
»Das wird nie im Leben richtig kondensieren«, erklärte ich verdrossen, als ich sah, wie viel Dampf aus dem Destillierkolben aufstieg. Die Küchenjungen, die kein Englisch sprachen, gaben mitfühlende Laute von sich, während ich hilflos in einem Buch blätterte, das ich aus der Bibliothek mitgenommen hatte, in dem aber nicht erklärt wurde, wie man ein Leck in einem Destillierkolben flickt.
»Madame?«, rief Alain leise von der Tür her.
»Ja?« Ich drehte mich um und wischte meine Hände an den verknitterten Falten meines Leinenkittels ab.
Schockiert begutachtete Alain den Raum. Mein dunkles, ärmelloses Kleid hing über der Lehne eines Stuhles, meine schweren Samtärmel baumelten am Rand eines Kupfertopfes, und mein Mieder hing an einem Metzgerhaken, der praktischerweise an der Decke befestigt war. Nach den Maßstäben des 16. Jahrhunderts war ich praktisch nackt, dabei trug ich immer noch ein Korsett, einen Leinenkittel mit hohem Kragen und langen Ärmeln, dazu mehrere Unterröcke sowie einen voluminösen Rock – wesentlich mehr Kleidungsstücke, als ich je in einer Vorlesung angehabt hatte. Trotzdem fühlte ich mich entblößt und warnte Alain stumm mit trotzig erhobenem Kinn, kein Wort darüber zu verlieren. Er war klug genug, den Blick abzuwenden.
»Der Koch lässt fragen, was er mit dem Abendessen tun soll«, sagte Alain.
Ich runzelte die Stirn. Der Koch wusste in jeder Situation, was zu tun war.
»Alle im Haus sind hungrig und durstig, aber ohne Euch können sie nicht zu Tisch sitzen. Solange ein Mitglied der Familie auf Sept-Tours weilt, muss dieses Familienmitglied dem Abendmahl beiwohnen. So ist es Brauch.«
Catrine erschien mit einem Tuch und einer Schüssel. Ich tauchte die Finger in das warme, nach Lavendel duftende Wasser.
»Wie lange warten sie schon?« Ich nahm das Handtuch von Catrines Arm. Einen Saal voller hungriger Warmblüter und ausgehungerter Vampire warten zu lassen war nicht klug. Mein frisch erworbenes Zutrauen, ich könnte den Familiensitz der de Clermonts führen, verpuffte augenblicklich.
»Seit über einer Stunde. Sie werden weiter warten, bis aus dem Dorf kundgegeben wird, dass Roger zu Bett gehen will. Er führt dort die Taverne. Es ist kalt, und es sind noch viele Stunden bis zum Frühstück. Sieur Philippe ließ mich glauben …« Er verstummte verlegen.
» Vite.« Ich deutete auf meine verstreuten Anziehsachen. »Du musst mich anziehen, Catrine.«
»Bien sûr .« Catrine stellte die Schüssel ab und zog mein Mieder vom Haken. Der große Tintenfleck darauf nahm mir jede Hoffnung, ich könnte respektabel aussehen.
Sobald ich den Saal betrat, schabten die Bänke über den Boden, und an die vierzig Kreaturen erhoben sich. Das Kratzen klang irgendwie vorwurfsvoll. Sobald sich alle wieder gesetzt hatten, stürzten sie sich hungrig auf das verspätete Mahl, während ich appetitlos an einem Hühnerbein knabberte und alles andere zurückgehen ließ.
Nach endlosen Stunden kehrten Matthew und sein Vater zurück. »Diana!« Matthew trat hinter der spanischen Wand hervor und schien verwirrt, mich am Kopf der Tafel sitzen zu sehen. »Ich dachte, du bist oben oder in der Bibliothek.«
»Ich hielt es für höflicher, mich mit an den Tisch zu setzen, nachdem der Koch so viel Arbeit auf die Zubereitung des Mahles verwendet hat.« Mein Blick wanderte zu Philippe weiter. »Wie war die Jagd, Philippe?«
»Ergiebig. Aber Tierblut ist nicht allzu nahrhaft.« Er nickte Alain zu, und sein kalter Blick vereiste meinen hohen Kragen.
»Es reicht.« In Matthews leiser Stimme lag eine unmissverständliche Warnung. Alle Köpfe drehten sich ihm zu. »Du hättest ihnen befehlen sollen, ohne uns anzufangen. Ich werde dich nach oben bringen, Diana.« Sofort drehten sich die Köpfe wieder mir zu, gespannt, wie ich darauf reagieren würde.
»Ich bin noch nicht
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