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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
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hämmern, und in ihrem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus.
    Sie trat auf ihn zu. „Ich mag Sie auch, Nathan“, sagte sie leise – und ehe sie selbst recht begreifen konnte, was sie tat, hatte sie sich auf die Zehenspitzen gestellt und küsste ihn.
    Es war ein schüchterner, ängstlicher Kuss. Abgesehen von Albrecht war ihr kein Mann jemals so nah gewesen wie Nathan Alistair in diesem Moment – und Zärtlichkeit gehörte nicht unbedingt zu Albrechts hervorstechendsten Charaktereigenschaften.
    Sobald er sich von seiner ersten Überraschung erholt hatte, schlang Nathan die Arme um Annemaries Taille, zog sie an sich und vertiefte den Kuss sanft und sinnlich.
    Annemarie hatte das Gefühl zu schweben. Niemals hatte sie geahnt, dass es so sein konnte. So wunderbar, so unvergleichlich.
    Sie schlang die Arme um seinen Hals, nicht sicher, ob sie sich aus eigener Kraft noch auf den Beinen halten konnte. Sie wusste, dass das, was sie tat, falsch war. Dass es gegen alle Regeln von Sitte und Anstand verstieß. Und dennoch gab es nichts, was sie dazu hätte bewegen können, diesen Moment zu beenden.
    Etwas später, als sie nebeneinander auf dem Bett lagen, ohne dass es mehr als Küsse zwischen ihnen gegeben hätte, den Kopf in seiner Armbeuge ruhend, die Finger ineinander verschränkt, fragte sie sich, ob sie das alles womöglich nur träumte.
    Seit Laurenz gestorben war, hatte es in ihrem Leben nicht mehr viel Gutes gegeben. Nichts, was es ihr leichter machte, jeden Tag aufs Neue zu begehen. In der Aussicht auf ein Leben an der Seite eines Mannes, den sie fürchtete und verachtete.
    Es war erstaunlich, dass eine einzige Begegnung das ganze Leben auf den Kopf stellen konnte. Doch genau so war es ihr ergangen. Und obgleich es ihr auf der einen Seite Angst machte, obgleich es alles noch schwieriger machte und nichts leichter, konnte sie im Grunde doch nichts anderes empfinden als ein unbeschreibliches Gefühl von Glück.
    Allein der Gedanke, Nathan nicht mehr wiederzusehen, ihn aus ihrem Leben zu verbannen, erschien ihr unvorstellbar.
    Plötzlich musste sie an Henriette denken, und das, was sie gesehen hatte, als ihre Freundin sie heimlich auf der Plantage der Bennetts herumführte. Bei ihrem ersten Besuch hatte Celia mit ihr schon einmal eine Führung unternommen. Doch sie hatte ihr nur gezeigt, was schön und eindrucksvoll war. Nun kannte Annemarie auch die Kehrseite der Medaille.
    „Sie leben zusammengepfercht wie Tiere in winzigen Baracken“, erzählte sie Nathan von dem, was sie erlebt hatte. „Streng getrennt nach Männern und Frauen. Vom ersten Morgengrauen bis zum letzten Sonnenstrahl schuften sie auf der Plantage – nicht nur die jungen Männer, auch Alte, Frauen und Kinder.“
    Sie drehte den Kopf ein Stück, um Nathan ansehen zu können. Er nickte nur, eine stumme Aufforderung, weiterzusprechen.
    „Die Arbeit ist hart. Und sie ist nicht ungefährlich. Bei jedem Wetter sind die Menschen dort draußen, angetrieben von der Furcht vor dem Zorn des Aufsehers, der nicht vor dem Gebrauch seiner Peitsche zurückschreckt, wenn es ihm zu langsam vorangeht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Viele, vor allem die Alten, haben längst resigniert. Doch die Jungen – besonders die jungen Männer – finden sich nicht so leicht mit ihrem Schicksal ab. Sie sind zornig, und ich kann sie verstehen. Sie wollen frei sein, ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Aber die Farmbesitzer kennen diese Gefahr und sind darauf bedacht, jedes noch so kleine Anzeichen von Rebellion mit aller Härte niederzuschlagen.“
    Nathan drehte sich auf die Seite, winkelte den Ellbogen an und stützte seinen Kopf auf die flache Hand. „Ich weiß“, sagte er. „Ich habe einmal einen Jungen getroffen, dem die Flucht geglückt ist. Er hat mir erzählt, mit welch perfiden Mitteln sie ihre Sklaven unterdrücken. Sie schrecken nicht davor zurück, Kinder und Frauen als Druckmittel einzusetzen. Und wenn das nicht hilft, wenden Sie körperliche Gewalt an, um ein Exempel zu statuieren.“
    Annemarie nickte langsam. Genau das hatte sie auch gehört. Und sie schauderte bei dem Gedanken daran, dass sie Menschen kannte, die dieses System guthießen oder es unterstützten. Lieber Himmel, sie war ja sogar selbst mit einem verheiratet!
    Albrecht und all die anderen Befürworter der Sklaverei betrachteten diejenigen, die sie unterdrückten, nicht als Menschen. Für sie waren sie nicht viel mehr als Vieh, das man besitzen und zur Arbeit zwingen konnte. Der Ackergaul,

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