Wo die Nelkenbaeume bluehen
streng zurückgekämmt, sodass seine hohen Wangenknochen gut zur Geltung kamen. Sie hatte Celias Ehemann Jonathan zwar nie persönlich kennengelernt, zweifelte jedoch keine Sekunde daran, dass er es selbst war.
Bei den beiden anderen handelte es sich vermutlich um den Aufseher George Maguire und dessen Helfer. Im Gegensatz zu Jonathan Bennett wirkten sie grobschlächtig und ungehobelt und – wie Henriette nicht ohne Unbehagen feststellte – brutal.
„… hat Sie zusammen mit dieser Frau gesehen“, sagte Bennett gefährlich leise, „die verdächtigt wird, Sklaven bei der Flucht zu helfen.“ Er schnalzte abfällig mit der Zunge. „Kein besonders guter Umgang für eine respektable Kaufmannsehefrau.“
Es überlief Henriette hieß und kalt, als ihr klar wurde, dass von ihr die Rede war. Kein Zweifel, Annemarie steckte in Schwierigkeiten. Das wurde umso deutlicher, als Bennett weitersprach.
„Ich habe schon einen Boten losgeschickt, um ihren Mann zu informieren. Ich bin sicher, der gute Albrecht wird alles andere als angetan sein, zu erfahren, dass seine Frau mit Sklavenbefreiern sympathisiert!“
Annemarie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schwieg. Sie hielt sich tapfer – nur, wie lange noch? Und was würde geschehen, wenn ihr Mann auf der Plantage eintraf? Henriette wollte lieber gar nicht daran denken! Nach allem, was sie über Albrecht Rosenthal wusste, war er ein Mann, den man besser nicht in Rage versetzen sollte.
Henriette musste etwas unternehmen, um ihrer Freundin zu helfen! Bloß was?
Nathan und Mack, natürlich! Wenn es ihr nur gelingen könnte, die beiden zu alarmieren!
Eilig zog sie sich ins Unterholz zurück. Das Herz pochte ihr bis zum Hals, und ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. Als sich urplötzlich von hinten eine Hand auf ihre Schulter legte, schrie sie unterdrückt auf.
Doch es war nur Khamisi.
„Ich habe gesehen, wie sie angeritten kamen, und mich versteckt“, erklärte er. „Was geht dort drüben vor?“
„Sie haben etwas gemerkt, und Bennett hat jemanden geschickt, um Albrecht Rosenthal in Kenntnis zu setzen“, sagte sie. Khamisis Gesichtsausdruck sprach Bände – ganz offensichtlich dachte er dasselbe wie sie. „Ich muss unsere Freunde in Sansibar Stadt informieren“, sprach sie weiter. „Sie sind die Einzigen, die Annemarie jetzt helfen können. Aber zu Fuß brauche ich viel zu lange!“
„Dann nehmen Sie das Pferd“, entgegnete Khamisi. „Ich habe es nicht weit von hier festgebunden, wo es vom Weg aus nicht zu sehen ist.“
Erleichterung rollte wie eine Woge über Henriette hinweg. Jetzt hatte sie zumindest eine Chance.
„Danke“, sagte sie und klopfte Khamisi auf die Schultern. „Subira und Faraji sind im Wald – etwa hundert Schritte nordöstlich von hier. Versuch, dich mit ihnen in die Stadt und zum Hafen durchzuschlagen. Die Majestic liegt noch bis morgen Nachmittag dort vor Anker, ehe sie mit Kurs auf Mauritius ablegt.“
Khamisi nickte. Dann verschwand er ohne ein weiteres Wort und machte sich auf die Suche nach den beiden Flüchtlingen. Henriette schlug den entgegengesetzten Weg ein. Kurz darauf fand sie das Pferd, das sie vorsichtig an den Zügeln durchs Unterholz führte, bis sie ein gutes Stück hinter der Stelle, wo sie Annemarie zuletzt gesehen hatte, wieder auf die Straße gelangte.
Sie saß sofort auf und galoppierte los. Wenn sie noch irgendetwas retten wollte, durfte sie keine Zeit mehr verlieren!
Annemarie hatte Angst, und ihr war klar, dass Celia es wusste. Doch sie war nicht bereit, sich vor ihr eine Blöße zu geben.
Sie saßen wie schon so oft im Esszimmer zusammen, doch die Atmosphäre war nun völlig verändert. Die beiden Schläger, die für Jonathan Bennett arbeiteten, bewachten die Türen zur Halle und zur Veranda. Eine Flucht war somit unmöglich.
Celia selbst saß am Kopf der Tafel, ihr Mann stand mit dem Rücken zu ihnen am Fenster, schweigend, jedoch mit einer aufrechten Haltung, die Zufriedenheit ausdrückte. Das war Annemarie allemal lieber als das selbstgefällige Lächeln, das Celia zur Schau trug. Annemarie verspürte große Lust, es ihr aus dem Gesicht zu wischen. Diese hinterhältige falsche Schlange!
Im Grunde hatte Annemarie von Anfang an gewusst, dass man Celia nicht trauen durfte. Sie interessierte sich auf der Welt nur für einen einzigen Menschen: sich selbst. Allenfalls noch für ihren Ehemann, aber der war im Grunde nur eine Erweiterung ihres eigenen Universums.
Celia war indes nicht
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