Wo die Nelkenbaeume bluehen
schwieg, doch das machte nichts. Er konnte immerhin mit ihr reden. Und manchmal reichte allein das schon aus.
„Ich habe ja gewusst, dass McFarlane kein Heiliger ist, aber …“ Er zog eine Grimasse und fuhr sich durchs Haar. „Wie es scheint, setzt er Lena mit ziemlich unfairen Mitteln unter Druck, und das gefällt mir nicht. Das gefällt mir ganz und gar nicht.“
Er kannte Rachel so gut, dass er sich denken konnte, was sie darauf erwidern würde. Beinahe glaubte er zu hören, wie sie sagte: „Ach Bruderherz, was hast du denn erwartet? Collin McFarlane war schon immer gut darin, seinen Willen durchzusetzen. Dachtest du wirklich, er würde sein Verhalten ausgerechnet für dich ändern?“
Stephen schüttelte den Kopf. Das Schlimme war, dass es stimmte – und dass er es im Grunde die ganze Zeit gewusst hatte. Ihm war nur kein anderer Weg eingefallen, die Finanzierung für sein Hotelprojekt zu stemmen.
Und er wusste auch heute keinen. Aber durfte er deshalb seine Prinzipien über Bord werfen?
Nachdem Lena ihm gestern Abend deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie ihm nicht vertraute, war er in sein Büro gefahren, um nach Alternativen zu suchen. Doch auf Sansibar gab es niemanden, der über ähnlich große finanzielle Mittel verfügte wie McFarlane.
Gleich morgen wollte Stephen sich noch einmal an seine Bank wenden. Vielleicht gab es ja doch eine Möglichkeit, das Projekt in Eigenregie auf die Beine zu stellen. Er musste noch einmal alles genau durchrechnen.
„Wenn es auch nur die geringste Chance gibt, die Zusammenarbeit mit McFarlane zu beenden, ohne unser Projekt zu gefährden, werde ich sie ergreifen, Rach“, erklärte er gedankenverloren.
Und warum? glaubte er seine Schwester fragen zu hören. Weil dir seine Methoden nicht gefallen und er sich nicht an Absprachen hält?
Das waren sicher Punkte, die ebenfalls eine Rolle spielten. In Wahrheit gab es jedoch nur einen Grund, der wirklich zählte: Er wollte Lena beschützen.
Doch im Augenblick war er noch nicht bereit, sich diese Realität einzugestehen.
3. TEIL
17. KAPITEL
Das Paradise Lodge Resort war das Flaggschiff der Alistair-Hotelgruppe und lag unmittelbar in der Chwaka Bay, einer traumhaften Bucht an der Ostküste in der Nähe von Jambiani. Die einzelnen Bungalows, deren Ausstattung es mit jedem Luxushotel auf der Insel aufnehmen konnte, waren auf hölzernen Pfählen errichtet worden und durch Stege miteinander und mit dem Strand verbunden. Auch das Haupthaus, in dem die Rezeption, die Bar und das Restaurant untergebracht waren, war auf Pfählen errichtet, nur dass es anstatt von vier von insgesamt gut einem Dutzend gestützt wurde.
Bei Ebbe umspülte das Wasser die Pfahlkonstruktion bis etwa auf halber Höhe; nur selten zog es sich über den Eingang der Bucht hinaus zurück. Wenn aber die Flut kam, reichte der Wasserpegel bis fast hinauf zu den Plattformen, sodass es aussah, als würden die Bungalows frei im Wasser treiben – was genau der Effekt war, den der Architekt der Paradise Lodges hatte erreichen wollen.
Das Gelände war weitläufig umzäunt, und die Zufahrt lag so gut versteckt, dass Lena sie erst bemerkte, als sie schon daran vorbeigefahren war. Und auch das nur, weil ein Shuttlebus vom Flughafen offensichtlich dasselbe Ziel hatte wie sie und unmittelbar vor ihr in einen unscheinbaren Feldweg abbog.
Kurz entschlossen wendete sie, folgte dem Bus und stellte schließlich ihren Wagen eine halbe Meile von der Straße entfernt auf einem staubigen kleinen Parkplatz ab, der, wie ein Schild besagte, für die Mitarbeiter der Resorts bestimmt war, während der Shuttlebus geradeaus weiterfuhr.
Sie wollte nicht bis unmittelbar vor den Haupteingang fahren und das Risiko eingehen, möglicherweise gleich Stephen über den Weg zu laufen. Denn obwohl sie sich den ganzen Vormittag damit Zeit gelassen hatte, um sich darüber klar zu werden, wusste sie noch immer nicht, was sie eigentlich zu ihm sagen sollte.
Jede Entschuldigung, die sie sich in Gedanken zurechtgelegt hatte, klang irgendwie banal, nichtssagend. Und nach allem, was sie ihm in jüngster Vergangenheit an den Kopf geworfen hatte, verdiente er ein wenig mehr.
Sie hatte sich gestern Morgen noch lange mit Aaliyah unterhalten – so lange, dass das Mittagessen noch nicht fertig war, als die Männer in ihrer Pause von der Plantage kamen.
Am Ende war Lena zu dem Schluss gelangt, dass sie Stephen vermutlich unrecht getan hatte.
Nein, nicht nur vermutlich. Ganz offensichtlich
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