Wo die Nelkenbaeume bluehen
einfachen Grund: weil er sie liebte.
Diese Erkenntnis war ein Schock für ihn gewesen. Er hatte diese Gefühle nicht gewollt. Nicht für Lena. Nicht für sonst jemanden. Als ob die Situation zwischen ihnen nicht auch so schon kompliziert genug war, vor allem wegen der Farm.
„Sie stand plötzlich vor der Tür“, erklärte Roz bedrückt. „Ich wusste nicht, wer sie war, und dachte, dass mein Vater womöglich jemanden geschickt hätte, um zu spionieren …“
Stephen fluchte. Es war nicht Roz‘ Schuld. Zumindest nicht ausschließlich. Er hätte Lena einweihen müssen. Hätte ihr gleich an dem Abend, als Roz mit ihrer kühnen Idee bei ihm aufgetaucht war, alles erklären müssen. Doch das war der Abend gewesen, an dem Lena ihn gebeten hatte, zu gehen. An dem sie ihn rausgeworfen hatte. Er hätte sie unmöglich mitten in der Nacht anrufen und ihr von einem absurden Plan erzählen können, der sich darum drehte, dass er zum Schein eine Frau heiraten würde, die er nicht liebte.
Das vielleicht nicht, meldete sich eine leise, aber beharrliche Stimme in seinem Kopf zu Wort. Aber es hat einen nächsten Tag gegeben, und einen übernächsten, und …
Er schob den unbequemen Gedanken beiseite.
Es war zwecklos, sich über etwas den Kopf zu zerbrechen, das er ohnehin nicht mehr ändern konnte. Geschehen war geschehen. Jetzt galt es, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.
Lena musste die Wahrheit erfahren. Dass es sich bei der Heirat mit Roz nur um ein Ablenkungsmanöver handelte. Denn es war Aziz el-Fahal, ein Mitarbeiter ihres Vaters, mit dem Roz vor den Traualtar treten wollte.
Roz hatte ihm alles haarklein erklärt. Es erschien ihm ein bisschen wie eine moderne Variante von Romeo und Julia. Die beiden hatten sich ineinander verliebt, konnten aber ihre Gefühle nicht ausleben, da Collin McFarlane sich für seine einzige Tochter eine gute Partie erhoffte. Und einer seiner Angestellten fiel für ihn schwerlich in diese Kategorie.
Drei Jahre lang hatten die beiden Liebenden das Versteckspiel aufrechterhalten und sich nur heimlich treffen können, immer in der Angst, Roz‘ Vater könne die Wahrheit herausfinden und Mittel und Wege ersinnen, ihnen das Leben schwerzumachen. Doch damit sollte nun Schluss sein. Endgültig. Und Stephen hatte sich einverstanden erklärt, ihnen bei ihrem Vorhaben zu helfen.
Und das, obwohl ihm klar war, dass er sich damit nur Schwierigkeiten einhandelte.
Eines stand fest: Das Geld, das McFarlane für das gemeinsame Projekt hatte bereitstellen wollen, konnte er abschreiben. Roz‘ Vater würde vor Wut toben, wenn er die Zusammenhänge erkannte. Doch Stephen war ohnehin nicht länger an einer Zusammenarbeit mit dem anderen Hotelier interessiert. Er war sicher, Rachel würde verstehen, dass der Zweck in diesem Fall nicht die Mittel heiligte. Irgendwie würde er es trotzdem schaffen, das Hotel zu bauen, von dem seine Schwester geträumt hatte. Es würde einfach nur noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Über eines war er sich nach langem Nachdenken jedenfalls klar geworden: Mit einem Mann wie McFarlane, dem jedes Mittel recht war, um an sein Ziel zu gelangen, konnte er nicht länger ruhigen Gewissens zusammenarbeiten.
Und was Roz betraf – sie verdiente es, mit dem Mann glücklich zu werden, den sie liebte. Und wenn Stephen ihr dabei behilflich sein konnte, war er dazu gerne bereit.
Hätte er allerdings geahnt, welche Konsequenzen seine Entscheidung nach sich ziehen würde, er hätte dem Täuschungsmanöver nicht so bereitwillig zugestimmt.
Er beendete das Gespräch mit Roz und wählte Lenas Nummer. Nicht, dass er wirklich damit rechnete, dass sie ans Telefon ging – was sie auch nicht tat. Es klingelte zweimal, dann wurde er an die Mailbox weitergeleitet. Als er es das nächste Mal versuchte, schaltete sich sofort die Mailbox ein.
Stephen unterdrückte einen Fluch, schnappte sich seine Autoschlüssel, verließ sein Büro, obwohl er noch Termine hatte, und ignorierte die erstaunten Blicke seiner Sekretärin.
Dieser Termin war wichtiger.
Er war wichtiger als alles andere auf der Welt.
Keine zwei Minuten später saß er in seinem Wagen, unterwegs in Richtung Bennett’s Clove and Spice Farm .
Dieser Schuft!
Lena wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. Sie wollte seinetwegen nicht weinen. Stephen verdiente es nicht, dass sie auch nur einen weiteren Gedanken an ihn verschwendete. Doch es tat weh, so schrecklich weh!
Irgendwie schaffte sie es, nach Haus zu
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