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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
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aber ich bin trotzdem froh, dass Sie hier sind. Ohne Sie wäre dieses Haus ein sehr trostloser Ort.“
    Tränen der Rührung stiegen Annemarie in die Augen, doch sie blinzelte sie weg. Das verschüchterte Mädchen, als das sie Zorah vor sechs Monaten kennengelernt hatte, hatte sich als eine kluge, offenherzige junge Frau entpuppt, die das Herz auf dem rechten Fleck trug und die Dinge beim Namen nannte.
    „Danke.“ Annemarie umarmte ihre Zofe kurz, aber herzlich, stand von ihrem Platz an der Frisierkommode auf und ging zur Tür. Ehe sie sie öffnete, drehte sie sich noch einmal zu Zorah um und straffte die Schultern. „Zumindest kann niemand behaupten, ich hätte kein Rückgrat“, scherzte sie angestrengt.
    Zorah blieb ernst, in ihren dunklen Augen schimmerte Sorge. „Passen Sie auf sich auf, Annemarie“, sagte sie leise.
    Albrecht war in seinem Arbeitszimmer, das er fast jeden Abend nach dem Essen aufsuchte, ehe er ausging. Der Raum verdiente diese Bezeichnung jedoch nicht, fand Annemarie. Albrecht hielt sich nur dort auf, um in Ruhe seine Zigarren rauchen und ein Glas Port trinken zu können.
    In der Regel verbesserte der Genuss von Alkohol seine Stimmung, solange er das Maß behielt. Annemarie durfte also darauf hoffen, dass Albrecht sie zumindest zu Wort kommen ließ. Doch schon als sie das Zimmer betrat, spürte sie, dass sie einen schlechten Zeitpunkt gewählt hatte. In eine Wolke aus bläulichem Qualm gehüllt, saß Albrecht in seinem Ohrensessel und starrte mürrisch vor sich hin.
    „Was willst du?“, lautete die wenig freundliche Begrüßung.
    „Mit dir reden“, entgegnete Annemarie so ruhig wie möglich. Albrecht sollte nicht merken, dass er sie nervös machte. Wenn er Schwäche witterte, wurde er nur noch gehässiger.
    „Ach ja?“ Er bedachte sie mit einem geringschätzigen Blick. „Na, da bin ich aber gespannt. Worum geht es?“
    Annemarie nahm all ihren Mut zusammen. „Um dein Verhalten der Dienerschaft gegenüber – vor allem der weiblichen Dienerschaft.“
    Einen Moment lang starrte Albrecht sie nur ungläubig an, dann fing er an, schallend zu lachen, nur um kurz darauf schlagartig wieder ernst zu werden. „Hat das kleine Negerflittchen sich an deiner Schulter ausgeheult, ja? Sie sollte es eigentlich besser wissen. Früher hat man den Sklaven noch beigebracht, wo ihr Platz ist, aber das, was einem heutzutage von den Sklavenhändlern angeboten wird …“
    Annemarie schluckte. Sie wusste, dass er sie bloß provozieren wollte. Dennoch fiel es ihr schwer, sich zu beherrschen. „Wer sich an mich gewandt hat und warum ist doch unwichtig“, erwiderte sie. „Fest steht, dass du mit deinem Verhalten unseren häuslichen Frieden nachhaltig schädigst. Ich …“
    Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu Ende zu führen, denn Albrecht war wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und hatte sie grob an der Kehle gepackt.
    „Hör lieber auf, dich in Angelegenheiten einzumischen, die dich nichts angehen, mein Liebling!“ Sein Gesicht war so dicht vor ihrem, dass die Ausdünstungen von Portwein und Zigarrenqualm ihr schier den Atem raubte. „Wie leicht kann es passieren, dass man von einer Treppe stürzt und sich den Hals bricht?“
    Seine Worte waren eine unverhohlene Drohung, und Annemarie zweifelte nicht daran, dass es ihm absolut ernst damit war.
    Sie hatte schon immer geahnt, dass Laurenz‘ Tod in Wahrheit kein Unfall gewesen war. Doch der Gedanke, dass sein eigener Sohn ihn die Treppe hinuntergestoßen haben könnte, war zu schrecklich gewesen, um ihn zuzulassen.
    Das Verhalten, das Albrecht jetzt zeigte, fegte allerdings auch die letzten Reste von Zweifel davon.
    Sie war mit einem Mörder verheiratet.
    Einem Vatermörder!
    Albrecht schien das Entsetzen in ihrem Blick förmlich zu genießen. Hastig riss sie sich von ihm los und flüchtete, verfolgt von seinem gehässigen Lachen, aus dem Zimmer. Tränen verschleierten ihren Blick, als sie die Treppe hinunterstürmte und an dem verdutzten Wilhelm vorbei zur Tür und aus dem Haus stürzte.
    Sie wusste nicht, wohin – Hauptsache fort von hier. Fort von ihm ! Blindlings lief sie drauflos. Das Klappern ihrer Absätze hallte wie Pistolenschüsse durch die Nacht. Und sie blieb erst stehen, als ihre Lungen wie Feuer brannten und sie das Gefühl hatte, keinen einzigen Schritt mehr weitergehen zu können.
    Schwer atmend sank sie gegen eine Häuserwand und lehnte den Kopf gegen den kühlen Stein. Es war ihr völlig gleichgültig, ob ihr teures

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