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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
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sollte sie auch sagen? Sie kannte weder die Sklavenmärkte, noch hatte sie jemals einen Treck mit eigenen Augen gesehen. Doch sie hatte gehört, wie die Diener untereinander tuschelten. Dabei war die Rede von unterirdischen Pferchen, wo die Menschen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen abwarten mussten, bis sie auf die Sklavenschiffe verladen wurden.
    „Für diejenigen, die in die neue Welt oder in den Oman verschifft werden, kann ich nichts tun“, sprach Henriette weiter. „Aber diejenigen, die hierbleiben und auf den Plantagen schuften, wo sie zum Dank von brutalen Aufsehern bis aufs Blut gequält werden – ihnen kann ich helfen.“
    „Indem du ihnen die Flucht ermöglichst?“
    „Ja.“ Henriette nickte. Dann blickte sie auf. Ihre braunen Augen hielten Annemaries graublaue gefangen. „Hast du schon einmal gesehen, wie sie leben?“
    Annemarie schüttelte den Kopf.
    „Na, dann“, sagte Henriette, „komm mal mit.“

12. KAPITEL
    Gegenwart
    Der Abend der großen Feier war gekommen. Lena hatte die erste Hälfte des Tages damit verbracht, sich in die letzten Vorbereitungen zu stürzen, um sich abzulenken. Doch Stephen schlich sich trotzdem immer wieder in ihre Gedanken. Kein Wunder, nachdem sie sie sich erst am vergangenen Abend wieder geküsst hatten …
    Anfangs trudelten die Gäste nur nach und nach ein, und es sah für Lena beinahe so aus, als würde sich das Ganze zu einem echten Flop entwickeln.
    Doch Aaliyah blieb ganz entspannt.
    „Warten Sie nur ab“, sagte sie. „In spätestens einer Stunde wird es hier vor Menschen wimmeln.“
    Sie behielt recht.
    Lena hätte niemals gedacht, dass tatsächlich so viele kommen würden. Alle Arbeiter hatten ihre Familien, Bekannten und Freunde mitgebracht. Einige hatten Instrumente dabei – darunter fremdartige Gebilde, die Lena noch nie zuvor gesehen hatte. Ohne sich lange miteinander abzusprechen, setzten die Musiker sich zusammen und spielten einfach drauflos. Der Geruch von gegrilltem Fleisch und Gemüse erfüllte die Luft. Auf einem langen Tisch, der sich schon jetzt unter der Last der Speisen bog, wurden immer mehr mitgebrachte Salate, Eintöpfe und andere Köstlichkeiten abgestellt.
    Verhungern musste heute Abend definitiv niemand.
    Die Stimmung war ausgelassen, ein paar Leute tanzten sogar schon. Als die Dämmerung heraufzog, entzündete Fadhil zusammen mit ein paar anderen Männern die Fackeln und Lampions. Es wurde viel geredet, gelacht, gegessen und getrunken.
    Obwohl Lenas selbst bislang keinen Tropfen Alkohol angerührt hatte, fühlte sie sich fast ein wenig beschwipst. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Verglichen hiermit waren all die Garten- und Cocktailpartys, die sie von Berlin kannte, ein schlechter Witz. Nun wusste sie auch, warum Andy für solche Veranstaltungen nur ein müdes Lächeln übrig gehabt hatte.
    Von allen Seiten wurde ihr auf die Schultern geklopft, und sie wurde mit freundlichen Worten – zumeist auf Kiswahili, aber auch häufig auf Englisch, manchmal sogar auf Deutsch – bedacht. Aaliyah stellte sie einer Unzahl von Leuten vor, deren Gesichter und Namen rasch miteinander zu verschwimmen begannen. Nur ein Gesicht, das sah sie nicht. Und sie wusste nicht, ob sie darüber froh oder enttäuscht sein sollte.
    „Ich glaube, er kommt noch“, sagte Aaliyah unvermittelt, so als hätte sie in Lenas Gedanken gelesen.
    Lena versuchte, ein möglichst unbeteiligtes Gesicht zu machen. „Wer?“
    Ein wissendes Lächeln umspielte die Mundwinkel der älteren Frau, ihre schwarzbraunen Augen funkelten amüsiert. „Ich glaube, Sie wissen ganz genau, wen ich meine, aber schön“, sagte sie. „Ich spreche natürlich von Stephen Alistair.“
    Lena seufzte. Allein die Erwähnung seines Namens wühlte schon wieder unerwünschte Gefühle in ihr auf. Sie schob sie energisch beiseite. Es wäre vermutlich besser, wenn er nicht auftauchte. Nicht heute Abend, und auch sonst nicht mehr. Sie brauchte keinen Mann, der ihr Leben noch komplizierter machte, als es ohnehin bereits war.
    „Da ist er ja auch schon.“
    Fast automatisch folgte Lena Aaliyahs Blick – und bereute es schon in der nächsten Sekunde wieder. Stephen schaute genau in ihre Richtung. Seine graublauen Augen hielten ihre grünen gefangen. Ihr Herz fing an zu flattern wie ein aufgeregter Vogel. Hatte sie tatsächlich geglaubt, dass es ihr gelingen könnte, ihm gleichgültig gegenüberzutreten? Wie naiv war sie doch gewesen!
    Er kam direkt auf sie zu, und obgleich sie einerseits

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