Wo die Nelkenbaeume bluehen
musste Geduld mit sich haben. Auch wenn es ihr schwerfiel.
„Vielleicht liegt ihre Begabung ja auch nicht darin, Nelkenknospen zu ernten oder Kaffeekirschen zu pflücken. Natürlich ist es wichtig, dass Sie wissen, was wir hier tun, keine Frage. Aber für die groben Arbeiten haben wir genug Männer. Was dieses Unternehmen wirklich braucht, ist jemand mit frischen Ideen, der es wirtschaftlich wieder in Schwung bringt.“
Auf dem Rückweg zum Haus dachte Lena darüber nach, was Fadhil gesagt hatte. Was der Farm fehlte, war jemand, der die Dinge anpackte und andere Wege ging als die bereits ausgetretenen. Konnte sie dieser Jemand sein?
Entschlossen straffte Lena die Schultern. Fest stand, dass sie bereit war, alles dafür zu tun, um in ihre neue Rolle hineinzuwachsen.
Am frühen Nachmittag schaute Lena sich die Bücher an und stellte fest, dass die Farm seit über zwei Jahren Monat für Monat rote Zahlen schrieb. Es wurde Zeit, dass sich daran etwas änderte, und zwar bald.
Und um das zu schaffen, bedurfte es neuer, frischer Ideen.
Als Erstes recherchierte sie ein wenig, um herauszufinden, wie andere, rentablere Farmbetriebe vorgingen. Doch sie erkannte rasch, dass es im Grunde keine großen Unterschiede gab: Fast alle hielten sich sowohl durch die Verkäufe ihrer Ernten als auch durch die Einnahmen aus Führungen, die vornehmlich von interessierten Touristen gebucht wurden, über Wasser.
Das Problem bestand darin, dass Bennett’s Clove and Spice Farm so gut wie überhaupt keine Reisenden anlockte. Wahrscheinlich lag das ganz einfach daran, dass kaum bekannt war, dass hier auch Touren angeboten wurden.
Deshalb setzte sich Lena sogleich an den Entwurf für einen Infoflyer, den sie an den Rezeptionen der umliegenden Hotels und in der Tourist Information in Sansibar Stadt auslegen wollte.
Mit Feuereifer ging sie zu Werke, froh darüber, endlich etwas zu haben, womit sie ihren Beitrag leisten konnte.
Spät am Abend saß Lena gerade am letzten Feinschliff für den Handzettel, als ihr Handy, das sie auf lautlos gestellt hatte, zu vibrieren begann.
Sie warf einen Blick aufs Display und seufzte. Es war Patrick – wer sonst?
Es war eine ganze Weile her, seit sie zum letzten Mal miteinander gesprochen hatten. Patrick versuchte mehrmals täglich, sie zu erreichen, doch Lena ignorierte seine Anrufe. Sie löschte sogar die Nachrichten, die er auf ihrer Mailbox hinterließ, ohne sie abzuhören. Sie wollte nicht zum wiederholten Mal von ihm hören, dass sie einen Fehler machte.
Warum begriff er nicht, dass sie nur versuchte, ihr Leben in den Griff zu bekommen? Warum konnte er sie nicht einfach dabei unterstützen?
Und warum schließt du ihn aus deinem Leben aus, nur weil seine Meinung dir unbequem ist?
Wieder seufzte sie.
Das Telefon hatte inzwischen aufgehört, leise summend über die Tischplatte zu wandern. Doch wie lange?
Kurz entschlossen nahm sie das Handy und suchte Patricks Nummer heraus. Kurz schwebte ihr Daumen zögernd über dem Eintrag, ehe sie ihn mit einem Druck auf den Touchscreen anwählte.
Patrick meldete sich beinahe sofort.
„Lena?“, fragte er, und sie konnte eine Spur von Verunsicherung, aber auch deutliche Missbilligung in seiner Stimme hören. „Wie schön, dass du auch mal wieder ein Lebenszeichen von dir gibst. Weißt du eigentlich, wie oft ich dir auf die Mailbox gesprochen und um Rückruf gebeten habe?“
„Wie könnte ich das nicht wissen“, entgegnete sie sehr viel schärfer als beabsichtigt. „Du bombardierst mich ja praktisch mit Anrufen und Kurznachrichten.“ Fast im selben Moment tat ihr auch schon leid, was sie gesagt hatte. „Entschuldige, war nicht so gemeint.“
Für einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. Als Patrick schließlich wieder sprach, klang er gekränkt. „Nein, entschuldige dich nicht für etwas, das du nicht wirklich bedauerst“, sagte er. „Aber das nächste Mal, wenn du dich Hals über Kopf in ein Abenteuer stürzt, sag mir doch einfach vorher Bescheid, dass meine Meinung nicht erwünscht ist.“
Lena verdrehte die Augen, auch wenn es sinnlos war, da Patrick sie ohnehin nicht sehen konnte. „Das stimmt doch gar nicht“, protestierte sie schwach. „Es ist nur …“
„Es ist nur, dass ich dir auf die Nerven gehe, schon verstanden. Aber weißt du, als dein Freund hielt ich es einfach für meine Pflicht, mir Sorgen um dein Wohlbefinden zu machen.“
Jetzt fühlte Lena sich wirklich mies – wofür sie Patrick unbewusst die
Weitere Kostenlose Bücher