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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Rätsel. In dem Moment bekam ich auch schon einen Schlag auf den Kopf. Ich war nicht bewusstlos. Ich habe genau gefühlt, wie mich jemand mit Klebeband fesselte und mir dann die Schlinge um den Hals legte, um mich mit ihr langsam zu erwürgen. Es war grauenhaft, wirklich grauenhaft.“
    „Denken Sie, es handelt sich um Gemeindemitglieder? Und wenn ja, was machen die beruflich? Auftragskiller?“
    Jetzt lächelte Wagner. „Ich weiß nicht, ob diese zwei Männer zu unserem Bistum zählen. Ich weiß nur, dass wir sie aufgestöbert haben und das kann kein Zufall sein.“
    Wieder spreizte er seine Finger auf dem Tisch und betrachtete sie, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Stille senkte sich zwischen uns.
    „Ich brauche eine Waffe“, sagte ich.
    Wagner blickte fragend auf, doch er schien nicht wirklich überrascht.
    „Ich brauche eine Waffe“, wiederholte ich. „Aber mein Waffenschein ist für ungültig erklärt worden.“
    „Und Sie meinen?“
    „Sie kennen doch solch hohe Persönlichkeiten. Klemmen Sie sich hinter Ihren Bischoff und sagen Sie ihm, dass ich eine Schusswaffe brauche.“
    „Wenn Sie eine Waffe haben, gibt es immer die Möglichkeit, dass Sie sie auch benutzen werden“, warf er ein.
    Ich trank von meinem Whiskey und stellte ihn zurück. „Ich habe den Antrag bereits vor einem Monat gestellt. Er ist bislang nicht bearbeitet worden. Aber wenn sich jemand mit etwas Einfluss dahinterklemmen würde – ich denke, dann könnte das sehr schnell gehen.“
    Ich erhob mich.
    „Sie wollen nach Hause?“, fragte er.
    „Ja“, sagte ich. „Für heute war es genug für mich. Was macht Ihr Hals?“
    Wagner lächelte. „Schon besser.“
    Ich streckte meine Fingerspitzen aus und fuhr über die Pflaster. Wie zufällig berührte ich dabei auch seinen Nacken. Für einen Augenblick trafen sich unsere Blicke.
    „Ich muss los“, sagte ich.

9
     
    A ls ich am nächsten Morgen vom Joggen zurückkam, wartete bereits ein Postbote auf mich. Nachdem ich ein amtliches Formular unterzeichnet hatte, händigte er mir einen Eilbrief aus, den ich auf meinem Couchtisch ablegte. Ich duschte und ging in meinen Bademantel gehüllt in die Küche, um meine Kaffeemaschine anzustellen.
    Ich hatte keinen großen Appetit. Deshalb nahm ich mir eine trockene Scheibe Brot und knabberte daran, während ich von meinem Kaffee trank. Den Umschlag ließ ich die ganze Zeit ungeöffnet auf dem Tisch liegen. Wiederholt schweifte mein Blick darüber.
    Erst als ich die Ungeduld nicht mehr aushalten konnte, riss ich das Kuvert auf. Es war eine Benachrichtigung von der zuständigen Ordnungsbehörde. Mein Waffenschein war mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt. Ich durfte meine Pistole wieder tragen.
    Ich nahm den Schlüssel vom Sideboard, ging zu meinem Safe und öffnete die Stahltür. Es lagen nur ein kleiner Haufen Papiere darin, einige Fotos und meine Neun-Millimeter. Mitsamt ihrem Holster nahm ich sie heraus und spürte den Griff aus Gummi und das vertraute Gewicht in meiner Hand.
    Im unteren Fach befanden sich eine Schachtel Patronen und zwei gefüllte Magazine. Ich schob eines der Magazine in den Griff, packte den Schlitten mit der Linken und zog ihn mit einem Ruck nach hinten. Es gab ein metallisch sattes Geräusch als eine Patrone in den Lauf befördert wurde. Ich sicherte die Waffe und steckte sie, noch immer gespannt, zurück in ihr Holster.
    Ich setzte mich zu meinem Frühstück. Mein Kaffee schmeckte wesentlich besser, als vorher. Das Brot war geradezu köstlich.
    Langsam kam es mir so vor, als würde ich mein altes Leben zurückbekommen.

10
     
    K eine Stunde später näherte ich mich dem Bezirkskrankenhaus, einem grauen Ungetüm aus Beton, in dem ausschließlich psychisch Kranke untergebracht waren. Wie ich Wagner zugesagt hatte, würde ich diese Spur nicht vernachlässigen – auch wenn sie mir bei Tageslicht betrachtet eher unwahrscheinlich vorkam. Ich wollte in Erfahrung bringen, ob hier in der Vergangenheit Suizidgefährdete behandelt worden waren, die sich Wunden wie Bernhard und Cornelia zugefügt hatten.
    Als ich auf den Besucherparkplatz einbog, kam mir ein Polizeiwagen entgegen, der das Gelände soeben verließ.
    Ich stellte mein Auto ab und ging zum Empfang. Aus alter Gewohnheit griff ich in meine Hüfttasche, um meine Marke hervorzuholen, nur um festzustellen, dass ich sie nicht mehr besaß.
    Der Portier am Eingang hatte meine Bewegung bemerkt und meinte: „Sie kommen von der Versicherung?“
    Ich sah ihn nur

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