Wo die Wasser sich finden australien2
konnte ihn riechen. Diesen süßen, männlichen Duft. Damals hatten sie sich gleich dort im Stall geliebt, in einem Rausch der Begierde, inmitten des feuchten Strohs und umgeben von dem scharfen Geruch des Pferdedungs.
Frankie konnte immer noch die entsetzte Miene von Harrys Vater vor sich sehen, der plötzlich den düsteren, muffigen Stall betreten hatte. Im nächsten Moment hatte er ihnen den Rücken zugedreht und war wieder hinausgegangen, wobei er halblaut erklärt hatte, dass er mit Harry sprechen
wolle. Von diesem Tag an stand für alle fest, dass Harry diese Frau, die Tierärztin, erst umwerben und danach heiraten würde. So wurde das gemacht, und Frankie widersetzte sich nicht. Harry war ihr grundsolider Farmer, und Waters Meeting ihre herrliche Landresidenz.
Das erste Ehejahr war ein Traum gewesen. Die flirrende Romantik, bei Tagesanbruch aufzustehen und die Pferde zu satteln, mit denen sie zu ihrer Hütte auf der Hochebene ritten. Die sonnigen Tage im Garten mit Harrys liebevoller, aber schlichter Mutter. Doch nach ungefähr einem Jahr hielt die graue Wirklichkeit Einzug. Frankie begann zu begreifen, dass sie einen hohen Preis für ihren herrschaftlichen Landsitz entrichten musste. Innerhalb des Hauses musste sie sich Harrys wortkargem Vater und seiner mausgrauen Mutter anpassen. Sie merkte, dass sie mehr wollte. Mehr von Harry. Mehr, um ihr Gehirn zu beschäftigen. Auch die Einsamkeit begann an ihr zu zehren. Sie verbrachte zu viele Tage zu Hause. Ewig gleiche Tage, die praktisch nur aus Farm- und Hausarbeit bestanden. Zu viele Tage, ohne ihren Geist zu fordern. Die allzu einseitigen Gespräche begannen sie immer mehr zu ermüden, und manchmal machte ihr Harrys Härte Angst. Obwohl er schmollte und eisern schwieg, begann sie in Teilzeit als Tierärztin zu arbeiten. Eine Teilzeitarbeit, an der sie sich verzweifelt festkrallte.
Irgendwann waren Harry und Frankie die Themen ausgegangen, über die sie sich abends unterhalten konnten. Frankie selbst hatte eines Tages beschlossen, dass Kinder die Lösung wären. Sie würden Harry wieder glücklich machen. Dadurch könnte er sich wieder öffnen, dadurch würde sich die Leere füllen, die sie in ihrer Seele spürte. Mit Kindern würde alles wieder ins Lot kommen.
Während Frankie mit Peter im Auto saß, merkte sie, wie die Gefühle sie zu überwältigen drohten, sobald sie an Tom, Rebecca und Mick dachte. Noch an diesem Morgen vor der
Abfahrt hatte sie Harry anzurufen versucht. Schockiert, immer noch Toms Stimme auf dem Anrufbeantworter zu hören, hatte sie Harry verflucht und die Hand auf den Mund gepresst, um nicht laut aufzuheulen.
Nach dem Piepton hatte Frankie hörbar Luft geholt und eisig erklärt: »Um Gottes willen, Harry, ändere endlich deine Ansage.« Dann hatte sie kurz innegehalten und um Fassung gerungen. »Ich rufe nur kurz an, um dir zu sagen, dass Peter und ich gegen Mittag rauskommen. Ich muss mit eigenen Augen sehen …« Frankie hatte kurz gestockt und dann zittrig weitergesprochen, »… sehen, wo er … gestorben ist.« Dann hatte sie ohne ein weiteres Wort den Hörer aufgelegt.
Jetzt im Auto presste Frankie die Hand auf den Mund und kämpfte gegen die Tränen an. Sie schaute aus dem Fenster und ließ den Busch in einem graugrünen Schleier vorbeiziehen. Peter legte liebevoll die Hand auf ihren Schenkel und fragte: »Alles in Ordnung?«
»Sicher«, antwortete sie.
Als sie das Tor zur Farm erreichten, stieg sie aus, um es zu öffnen und den Torflügel über die staubige Piste zu schleifen. Im selben Moment hörte sie das Wummern eines Helikopters am Himmel. Die Baumwipfel begannen in der windstillen Luft zu schlagen.
Während Frankie das Tor wieder schloss, sah sie zum Himmel auf und meinte: »Merkwürdig.«
Vom Haupttor aus waren es noch zehn Kilometer Strecke auf einer gewundenen Straße. Als die Homestead endlich in Sichtweite kam, herrschte dort zu Frankies Entsetzen hektische Aktivität.
Der Hubschrauber stand mit laufendem Rotor und Motor auf dem Rasen vor dem Haus und wirbelte die ruhige Luft zu einer eigensinnigen Bö auf. Sanitäter in orangefarbenen Overalls und Ärzte in Weiß rannten zwischen einem Krankenwagen mit flackerndem Blaulicht und dem Hubschrauber
hin und her. Etwas weiter entfernt rumpelten Feuerwehrwagen und mehrere Einsatzwagen des Forstamts an der Flussschlinge hin und her und versuchten ein Grasfeuer einzudämmen, das langsam in Richtung der mit Busch bewachsenen Hänge vordrang. Der Rauch in der Luft
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