Wo die Wasser sich finden australien2
das, worauf er die ganze Zeit gewartet hatte.
»Ich muss hinfahren. Nach Waters Meeting. Ich muss mich mit eigenen Augen überzeugen, dass Tom nicht mehr da ist. Ich muss die Wege abgehen, die er zuletzt gegangen ist.«
Peter nickte verständnisvoll. Das entsprach dem, was sie
im Studienberaterseminar über die Konfrontation mit den eigenen Dämonen erzählt hatten. Er wollte gerade sagen, dass er sich krank melden und gleich morgen Früh mit ihr losfahren würde, als sie hörten, wie sich Henbury in seinem Korb bewegte und laut gähnte.
Frankie drehte sich um. »Herrgott noch mal, Henbury.« Sie schwang die Beine aus dem Bett und tastete im Dunkeln nach ihrem Morgenmantel.
»Schon gut, Frankie. Ich gehe mit ihm raus.«
»Nein, kein Problem. Ich gehe schon.« Sie war erleichtert, einen Vorwand zu haben, unter dem sie aus der Wohnung und vor ihrer grauenhaften Schlaflosigkeit fliehen konnte.
Als Frankie in der Tür zu ihrer Apartmentanlage stand und darauf wartete, dass Henbury in den winzigen Garten hinaustappte, sah sie auf. Zum ersten Mal seit langer Zeit bedauerte sie, keine Sterne am Himmel zu sehen.
Kapitel 40
Harry war so versessen darauf, mit dem Zäuneziehen zu beginnen, dass er noch vor dem Morgengrauen aufstand und Feuer im Herd machte, um den alten Kessel aufzusetzen. Als die Sonne sich gerade hinter dem dunklen Berg nach oben reckte, trat er bereits aus dem Haus und fuhr mit dem Pick-up zu der erodierten Stelle. Er parkte den Wagen im Schatten eines Eukalyptusbaumes, blieb daneben stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, und versuchte zu überschlagen, wie lange es wohl dauern würde, die Arbeit alleine durchzuführen. Erst musste er zu Fuß zum Schuppen zurück, um den Traktor zu holen. Das würde ihn eine gute halbe Stunde kosten, überlegte er. Normalerweise wäre es ihm zutiefst zuwider gewesen, zu Fuß zu gehen, aber der Anblick der Sonne, die in einem gleißenden, flammend rotgoldenen Ball über dem Berg aufging, schien ihn zu beruhigen. Insekten surrten über die Wasseroberfläche, und die nach ihnen springenden Fische klatschten mit leisem Platschen ins Wasser zurück. Vorübergehend drückte die Trauer weniger auf Harrys Herz. In diesem Augenblick beschloss er, den Blick auf den leise vorüberziehenden Fluss gerichtet, dass er über Sally herausfinden würde, wo seine Tochter steckte. Er würde Rebecca fragen, ob sie nach Hause kommen konnte.
Der Spiralkopf des Pfostenbohrers schnitt mühelos durch den schweren, schwarzen Boden am Fluss. Die ersten vier Löcher hatte Harry in Windeseile gebohrt, doch das nächste Loch wäre schwerer zu setzen, das ahnte er schon, während er den Traktor rückwärts auf den felsigen Kamm rangierte. Er fuhr den Motor des Traktors hoch und senkte die Bohrerspitze
auf den Boden, wo sie rotierend Dreck aufwarf, Gräser zerschnitt und kleine Steine aus der Erde schleuderte.
Das Metall traf auf Stein, und die Maschine mühte sich ab, einen schweren Brocken aus der Erde zu wühlen. Der Stein blieb direkt neben der rotierenden Klinge liegen und kratzte am Metall des Bohrkopfes. Harry beugte sich vor, um ihn wegzuziehen. Augenblicklich nahm das Sirren einen anderen Ton an, als erst Stoff, dann Haut, dann Fleisch und Knochen gegen das Metall schabten. Gnadenlos drehte sich die Maschine unter Harrys Schreien weiter. Verzweifelt reckte er den freien Arm nach oben. Seine Fingerspitzen konnten gerade noch den Hebel ertasten. Er sank auf die Knie und zog den Hebel mit seinem Gewicht nach unten. Der rotierende Bohrer kam zum Stehen. Harry ließ den Kopf sinken. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sein Gesicht war aschgrau. Blut sickerte in den Boden. Als er die Augen öffnete, konnte er das, was von seinem Arm noch übrig war, in der Maschine stecken sehen. Seine weiße Hand winkte ihm von der anderen Seite des Bohrkopfes aus zu. Entsetzt wich er zurück und erkannte in diesem Augenblick, dass der Arm nicht völlig abgetrennt worden war. Er hing an der Maschine fest. Seine Schreie schallten über die Hügel und ließen die schwarzen Kakadus kreischend zu den Berggipfeln aufsteigen.
Kapitel 41
Der Tag war so still und die Luft so rein. Schlaff standen die Bäume unter dem leicht diesigen, kalten Blau. Die gewundene Straße schmiegte sich an den Berghang, Blätter zuckten kurz im Fahrtwind und winkten dann dem vorbeifahrenden Wagen nach. Frankie und Peter saßen in entspanntem Schweigen. Henbury stand auf seiner Decke auf dem Rücksitz, presste sich an die Tür und
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