Wo die Wuerfel fallen
scharenweise aus ganz Europa vor allem an die führenden Ausbildungsstätten Italiens und Frankreichs. Hier gab es eine Vielzahl berühmter Lehrer, die von den Studenten bezahlt wurden. Ursprünglich meinte das Wort »Stipendium« diese Zahlungen der Studenten an die Professoren. Heute hat sich |81| die Bedeutung des Begriffs umgekehrt in die finanzielle Unterstützung für Studenten. Da viel mehr Studenten ausgebildet wurden, als man für Forschung und Lehre benötigte, kam es zu einer regelrechten Wissensexplosion in Europa.
Die sieben freien Künste
Latein musste man schon können, wenn man im Mittelalter und bis weit in die Neuzeit hinein an einer Universität studieren wollte, denn Latein war die Unterrichts- und Gelehrtensprache. Die
septem artes liberales
(= die sieben freien Künste) machten sozusagen das »Grundstudium« aus: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Wer es absolviert und die Prüfungen bestanden hatte, war ein
Baccalaureus
. Dieses Wort kehrt über das angelsächsische Bildungssystem als
Bachelor
gegenwärtig wieder in das deutsche Hochschulwesen zurück. Darauf aufbauend wurden Theologie, Medizin und Jurisprudenz gelehrt. Der Abschluss der höheren Studien war der
Magister Artium
. Das lateinische Wort
artes
hat eine weite Bedeutung, heute würde man in diesem Zusammenhang eher von Wissensfächern sprechen. Der mittelalterliche Fächerkanon hatte sich in der römischen Spätantike gebildet. Von
artes »liberales«
sprach man, da die Beschäftigung mit ihnen eines freien Mannes
(homo liber)
würdig war.
Universität
Die Bezeichnung (von lateinisch
universitas
= Gesamtheit) kam erst im Spätmittelalter auf, aber zunächst nicht mit Bezug auf die Lehranstalten. Eine
universitas
konnten alle möglichen Vereinigungen von Leuten mit gleichen Interessen sein, etwa eine Handwerkergilde oder eine Kommune. Die Verwendung von »Universität« im heutigen Sinn verbreitete sich erst um 1400 mit der großen Gründungswelle der Universitäten vor allem in Mitteleuropa.
Die ältesten Universitäten sind Bologna (1088), Paris (1150 / 1170), Oxford (1167), Cambridge (1209), Valencia (1208 / 1209), Montpellier (1220), Padua (1222), Neapel (1224), Salamanca (1254). Die ältesten Universitäten in Deutschland sind Heidelberg (1386), Köln (1388) und Erfurt (1392).
|82| Scholastik
Die im Mittelalter herausgebildete Philosophie und Denkmethode hat ihren Namen von dem lateinischen Wort
scholasticus
(= zur Schule gehörig, schulmeisterlich). Wie der Name zum Ausdruck bringt, ist die Scholastik ein Kind der neuartigen Universitätsbildung. Als Scholastik bezeichnet man – unabhängig von den Inhalten – eine Methode des Denkens, bei der zunächst einmal die Fragestellungen möglichst klar herausgearbeitet wurden, um dann in einem förmlichen Verfahren des Austausches von Argumenten und Gegenargumenten erörtert zu werden, der sogenannten
disputatio
.
Recht & Gesetz
Landfriede
Landfrieden und Gottesfrieden (=
Treuga Dei
) gingen aus dem Bestreben hervor, die ständigen Fehden, vor allem die private Rachejustiz zwischen den Rittern, zu unterbinden. Die Verkündung eines Gottesfriedens war der Versuch, wenigstens an Sonntagen, Feiertagen und kirchlichen Festen eine Waffenruhe zu erzwingen. Im Landfrieden versuchte man daraus eine allgemeine Friedenspflicht zu machen. Der erste allgemeine Reichslandfriede wurde 1103 von Kaiser Heinrich IV. verfügt. Landfriedensverordnungen waren schwer durchzusetzen. Der von Kaiser Maximilian I. auf dem Wormser Reichstag 1495 verkündete »Ewige Landfriede« war ein Reichsgesetz, das die Fehden formell abschaffte und die Geltendmachung von Rechtsansprüchen an die Gerichte verwies. Landfriedensbruch ist als »Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung aus einer Menschenmenge heraus« laut
Strafgesetzbuch
heute noch eine Straftat.
Magna Charta
Die Magna Charta entstand als Folge einer Niederlage, die der englische König Johann Ohneland und seine deutschen Verbündeten gegen den französischen König Philipp Auguste erlitten. Johann besaß, als Erbe seiner Mutter, Eleonore von Aquitanien, |83| zur damaligen Zeit »halb Frankreich«: Aquitanien, die Normandie, Anjou. Sein Landbesitz in Frankreich war größer als der des französischen Königs. Am 27. Juli 1214, dem berühmten »Sonntag von Bouvines«, errang der französische König Philipp Auguste einen glänzenden Sieg. Johann Ohneland verlor seine französischen Besitzungen nördlich der
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