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Wo die Wuerfel fallen

Titel: Wo die Wuerfel fallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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erste Weltreich war das der Assyrer, ihnen folgten die Perser. Persien wurde von Alexander dem Großen erobert, dessen Erbe wiederum waren die Römer. Das erste römische Weltreich war das der Römer selbst, das zweite war das Fortbestehen des Römischen Reichs in Byzanz. Durch die vom Papst in Rom bewerkstelligte
Translatio imperii,
die »Übertragung der Kaiserwürde«, war das Imperium mit der Kaiserkrönung Karls des Großen auf die Franken übergegangen (
Regnum Francorum
). Da nun die deutschen Könige Inhaber der Kaiserwürde waren, war eben das
Imperium Romanum
als viertes römisches Weltreich bei den Deutschen angekommen.
    So sah man es im Mittelalter, wo man auf eine möglichst »altehrwürdige« Legitimation großen Wert legte und dies betonte man in salischer Zeit.
    Die Bezeichnung
Sacrum Imperium
(Heiliges Reich) kommt erstmals in einer Urkunde von Kaiser Friedrich I. Barbarossa aus dem März 1157 vor. In dieser Urkunde forderte der Kaiser die deutschen Fürsten zu einem Heerzug nach Norditalien auf, insbesondere gegen |88| das aufständische Mailand. Der energische Barbarossa wollte der traditionellen Herrschaft der deutschen Könige und Kaiser in Italien wieder Geltung verschaffen. Dazu gehörte auch ein gewisser propagandistischer Anspruch, ein möglichst hohes Prestige des Reiches. Der Begriff
Sacrum Imperium
wurde parallel zu dem schon lange geläufigen
Sancta Ecclesia
gebildet, womit natürlich die »heilige römische Kirche« gemeint war. Man wollte sich in der Reichskanzlei mit der heiligen Kirche auf dieselbe Stufe stellen, um den konkreten politischen Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen.
    In der Barbarossa-Zeit bildete sich erstmals ein »Reichsbewusstsein« gegenüber der anderen großen abendländischen Organisation, der Kirche. Entstanden sein dürfte der Begriff
Sacrum Imperium
wesentlich unter der Ägide von Rainald von Dassel, Erzbischof von Köln und damit kraft Amtes Erzkanzler des Reiches für die italienischen Angelegenheiten. Er war einer der engsten Ratgeber Friedrichs. Rainald war kein frommer Segensspender und Weihrauchkesselschwenker, sondern ein Mann der Tat, auch ein Feldherr und Truppenführer. Er darf nicht nur als der Erfinder des Begriffs vom »Heiligen Römischen Reich« gelten, da er auch für symbolische Akte sorgte, die den Begriffszusatz »
sacer
«, den »heiligen« Rang von Reich und Kaiser sinnfällig machen sollten. Nach der Unterwerfung Mailands wurden die dort verwahrten Gebeine der Heiligen Drei Könige ohne viel Federlesens nach Köln übertragen. In Köln ruhen sie heute noch in dem prächtigen Dreikönigsschrein. Durch diese Übertragung wurde das staufische Kaisertum in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Vorstellung von einem christlichen Königtum in Verbindung gebracht. Reliquien und erst recht derart hochrangige Reliquien hatten im Mittelalter eine »Überzeugungskraft«, von ihnen ging eine Magie aus, die man gar nicht überschätzen kann. Der physische Kontakt mit den heiligen Reliquien übertrug eine gewisse Heiligkeit auf die Person selbst.
    Der zweite wichtige religiöse Staatsakt in diesem Zusammenhang ist die Heiligsprechung Karls des Großen, die ebenfalls durch Barbarossa veranlasst wurde. Papst Paschalis III. gewährte sie und so wurde sie am 29. Dezember 1165 in einem feierlichen Akt vollzogen. Friedrich selbst – und nicht etwa ein Bischof, wie es bei einer religiösen |89| Zeremonie angemessen gewesen wäre – nahm in Aachen die Umbettung der Gebeine Kaiser Karls aus dem Grab in ein Reliquiar vor. Er kam also in unmittelbare Berührung mit dem nunmehr »heiligen Kaiser Karl«.
    So wurde das
Regnum Teutonicum
in staufischer Zeit begrifflich zum »Heiligen Römischen Reich« mit dem Zusatz »Deutscher Nation« bei der Ausfertigung des wichtigsten Reichsgrundgesetzes in der Goldenen Bulle durch Karl IV. Der Zusatz »Deutscher Nation« bekräftigt einfach noch einmal, dass es die deutschen Fürsten sind, die den »römischen König« wählen. Unter »Deutscher Nation« verstand man die deutschsprachigen Länder. Einen Nationalstaat im modernen Sinn gab es nicht. Seit dem Kölner Reichsabschied 1512 unter Kaiser Maximilian war »Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation« dann die offizielle Formel für den Herrschaftsbereich des Kaisers.

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