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Wo die Wuerfel fallen

Titel: Wo die Wuerfel fallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Sperren ab.
    fringsen
    In dem außerordentlich kalten ersten Nachkriegswinter von 1946 war die Versorgungslage im kriegszerstörten Deutschland immer noch so katastrophal, dass viele Menschen versuchten, Kohletransporte der Eisenbahn zu plündern oder sich auf dem Schwarzmarkt Brennstoff zu organisieren. Der sehr populäre Kardinal Frings bezeichnete in dieser Notlage in seiner Silvesterpredigt am 31. Dezember 1946 Kohlenklau als Mundraub (was umgangssprachlich künftig »fringsen« hieß), indem er sagte: »Wir leben in Zeiten, da in der Not der Einzelne auch das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten nicht erlangen kann.« Regelrechten Diebstahl billigte er damit aber keineswegs. Josef Kardinal Frings (1887 – 1978) war von 1942 – 69 Erzbischof von Köln und von 1945 – 65 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
    Währungsreform
    Bis 1948 florierte in Deutschland nur der Schwarzmarkt, weil der reguläre Markt durch Preiskontrollen, Lebensmittelmarken und andere Formen staatlicher Bewirtschaftung und Bevormundung gelähmt war. Der Wert der Reichsmark wurde durch Inflation ausgehöhlt. Als »Ersatzwährung«, das heißt als (auf dem Schwarzmarkt) anerkanntes Zahlungs- und Tauschmittel dienten Zigaretten.
    Mit der Einführung der neuen Währung D-Mark kam die Freigabe |197| der Preise durch den Direktor der Wirtschaftsverwaltung Ludwig Erhard. Schlagartig pendelte sich der reguläre Markt wieder ein. Mit Wirkung vom 21. Juni 1948 löste die Deutsche Mark die Reichsmark zunächst in den drei westlichen Besatzungszonen ab, nachdem die vorherigen Verhandlungen zwischen allen vier Besatzungsmächten über eine gemeinsame Währungsreform für ganz Deutschland gescheitert waren. Das beantworteten die Sowjets in ihrer Besatzungszone umgehend mit der Einführung der D M-Ost (am 23. Juni 1948), die auch in West-Berlin gelten sollte. Das wurde dort allerdings abgelehnt.
    Rosinenbomber & Luftbrücke
    Einen Tag nach der Einführung der D M-Ost sperrte die Sowjetunion sämtliche Zufahrtswege nach West-Berlin für Gütertransporte ab, da die Westmächte nicht akzeptierten, dass die D M-Ost auch in West-Berlin, das mitten in der sowjetischen Besatzungszone lag, Gültigkeit haben sollte. Es kam zur »Berliner Blockade«. Durch sie sollten die Westalliierten letztlich gezwungen werden, die Stadt preiszugeben. Die Amerikaner und mit ihnen England und Frankreich entschieden nun, diesem Druck nicht nachzugeben und die Stadt durch Transportflüge zu versorgen. So entstand die sogenannte Luftbrücke. Die Beförderungsleistung wurde innerhalb eines Monats von 750 Tonnen auf 2000 Tonnen gesteigert. Im Verlauf der Aktion hatte einer der amerikanischen Piloten damit begonnen, beim Landeanflug auf Tempelhof Süßigkeiten (amerikanisch
candy
) und Kaugummis für die dort wartenden Kinder mit selbst gebastelten Fallschirmen aus Taschentüchern abzuwerfen. Das wurde vielfach nachgeahmt und der Begriff
candy bombers
als »Rosinenbomber« ins Deutsche übersetzt. Insgesamt flogen die Alliierten fast 280 000 Einsätze. Der Höhepunkt war im April 1949 mit fast 1400 Flügen innerhalb von 24 Stunden erreicht. Die Sowjetunion beendete die Blockade am 12. Mai 1949.
    Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!
    Während der Blockade hielt der damalige Berliner Bürgermeister Ernst Reuter am 9. September 1948 vor dem zerstörten Reichstagsgebäude, also nahe an der Sektorengrenze, eine Durchhalterede, die folgenden leidenschaftlichen |198| Appell enthielt: »Dieses Volk von Berlin ruft heute die ganze Welt. Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft, nicht preisgeben könnt.« Die demokratischen Regierungen der Westmächte benötigten auch ein gewisses Maß an Zustimmung seitens ihrer Völker für die außerordentlich aufwendige Luftbrücke.
    Grundgesetz
    Grundgesetze, die die grundlegenden Beziehungen von Staatsorganen regeln, gab es in der deutschen Geschichte seit dem Wormser Konkordat (1122). Auch die Goldene Bulle, der Augsburger Religionsfrieden und der Westfälische Frieden waren Reichsgrundgesetze. Im 19. Jahrhundert wurden verschiedene Länderverfassungen so bezeichnet (zum Beispiel das »Landesgrundgesetz für Sachsen-Coburg-Gotha«).
    Der Parlamentarische Rat, der 1949 unter Vorsitz

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