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Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Titel: Wo du nicht bist, kann ich nicht sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Blaxill
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nicht vergisst. Als wir ankamen, hatten Olivia und ich vor Enttäuschung fast geweint, weil es keinen Sandstrand gab, aber Mum schaffte es, die Stimmung zu retten, indem sie Gesichter auf die Kieselsteine malte und ein ganz tolles Spiel daraus machte. Wir aßen Fritten zu Mittag und bekamen zwei Mal Eis und fuhren auf dem Pier Achterbahn – ich das erste Mal in meinem Leben – und alles war wahnsinnig aufregend. Wir sind bis abends geblieben und hatten uns noch ein Feuerwerk angesehen, das war unglaublich faszinierend.
    Mir wurde ganz schlecht, als ich an Brighton dachte. Mum war so lieb gewesen und mit ihr hatte alles so viel Spaß gemacht. Sie war diejenige gewesen, die sich immer für meine künstlerischen Arbeiten interessiert hatte; sie hatte mir die Papierpuppen zum Anmalen ausgeschnitten und später interessante Bilder aus ihren Zeitschriften rausgerissen. Wie hatte es so weit kommen können, dass ich überhaupt nicht mehr mit ihr reden wollte?
    Â»Ich fühl mich jetzt scheiße«, sagte Jonathan. »Jedes Mal, wenn ich denke, ich bin schlimm dran, kommst du mit was viel Schlimmerem.«
    Â»Ich wollte nicht, dass du dich scheiße fühlst.« Ich holte mir ein Papiertaschentuch aus der Schachtel auf dem Wohnzimmertisch. »Eigentlich hab ich noch nie mit jemandem darüber geredet, weil mir das so nahegeht. Also, Olivia und ich haben drüber geredet, früher, aber zurzeit haben wir nicht viel miteinander zu tun. Sie ist immer so beschäftigt.«
    Â»Ich versteh das schon.«
    Â»Wie denn? Du hast zwei Elternteile, die dich lieben.«
    Er zögerte. »Mum und Dad sind älter als die meisten anderen Eltern von Leuten in meinem Alter. Ich bin das Kind, das sie immer wollten, von dem sie aber lange geglaubt haben, sie könnten es nie kriegen – und das bringt einen Haufen Druck mit sich. Ich muss alles immer perfekt machen und besser sein als alle anderen, in allem, was die Schule betrifft, fordern sie mich ziemlich. Sich die ganze Zeit anzustrengen, macht einen mit der Zeit ganz schön fertig.«
    Â»Du hast die besten Prüfungsergebnisse deiner Schule gehabt. Ich wette, sie sind richtig stolz auf dich.«
    Â»Ja. Aber alles Gute hat auch eine Schattenseite. Und einiges ist richtig übel gelaufen.«
    Â»Ãœbel?«
    Â»Im Februar bin ich mit einem Typen namens Tom Copeland aneinandergeraten. Ich bin ausgerastet, er ist im Krankenhaus gelandet, die Polizei wurde eingeschaltet …«
    Â»Wow. Was hast du mit ihm gemacht?«
    Zögern. »Ich will nicht drüber reden.«
    Ich war total erstaunt. »Okay. Du weißt, ich bin da, wenn du reden willst.«
    Â»Hm. Danke, Ros. Du bist ein guter Kumpel.«
    Das war zwar ein Kompliment, aber es brachte mich nicht zum Lächeln. »Ich hab gestern Abend angerufen, bei dir zu Hause. Ich hab mir Sorgen gemacht.«
    Â»Mum hat gesagt, dass ein Mädchen angerufen hat.«
    Â»Tut mir leid.«
    Â»Nein, mir tut es leid. Es war unfair von mir, überhaupt so eine SMS zu schicken, aber ich konnte in dem Moment nicht klar denken.« Er seufzte. »Hier ist gerade ziemlich dicke Luft.«
    Â»Wegen letzter Nacht?«
    Â»Es hätte sonst was passieren können nachts allein in London, sagt Mum immer wieder. Und da hat sie wohl recht.« Er lachte halbherzig. »Gut nur, dass Freya mit mir Schluss gemacht hat und Mum und Dad meinen, ich hätte ihr Mitgefühl verdient, sonst könnte ich mich auf Schlimmeres gefasst machen.«
    Â»Was haben deine Eltern denn wegen Freya gesagt?«
    Â»Ach, eine Menge Zeug in die Richtung, dass alles früher oder später mal zu Ende geht und dass wir uns vielleicht sowieso in verschiedene Richtungen entwickelt hätten und so weiter. Als ob sie davon irgendeine Ahnung hätten! Dad wollte mir dann noch was von einem Mädchen erzählen, das ihm im finsteren Mittelalter mal den Laufpass gegeben hat – es war total peinlich.« Jonathan machte eine Pause. »Ich weiß nicht, wie das jetzt mit Dad wird. Er hat mich respektiert, seit es Freya gab. Irgendwie so: ›Mein Sohn hat eine Freundin, er ist doch normal!‹ Vielleicht hat er mich davor für schwul gehalten.«
    Â»Was? Warum?«
    Â»Dad ist ein bisschen altmodisch. In seiner Welt treiben echte Kerle von morgens bis abends Sport und fummeln nicht an Computern herum.«
    Â»Ich finde, du bist ungerecht zu deinen Eltern. Klar, ihr seid nicht immer einer

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