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Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Titel: Wo du nicht bist, kann ich nicht sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Blaxill
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Stimme war ein bisschen zittrig. »Hier ist Ros. Aber das wusstest du ja.«
    Â»Wow. Du klingst irgendwie so, wie ich erwartet hatte. Als du neulich nicht aufgetaucht bist, hatte ich mich schon gefragt, ob du wirklich die bist, die du behauptest zu sein.«
    Â»Und warum hast du mir dann weitergemailt?«
    Ich konnte ihn beinahe mit den Schultern zucken sehen. »Hab dich vermisst.« Und dann legte er wieder los und erzählte mir noch mal von vorne, wie er versucht hatte, Freya anzurufen, um sich dafür zu entschuldigen, dass er sie angeschrien hatte. Er hatte jedes Wort ihres Streits analysiert und sogar eine Playlist gehört, bei der er an sie denken musste. Langsam fragte ich mich, ob er nicht richtige Hilfe brauchte – etwas mehr als Gespräche mit mir.
    Â»Ich weiß nicht, wie ich ohne sie zurechtkommen soll«, sagte er. »Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin.«
    Â»Du schaffst das schon«, sagte ich. »Du bist ein klasse Typ.«
    Â»Fühlt sich nicht so an.«
    Â»Du bist witzig. Du gibst gute Ratschläge. Du bist großzügig. Du spielst echt gut Gitarre …«
    Â»Du hast mich noch nie gehört.«
    Â»Ach komm schon, Jono! Warum musst du immer alles nur schlecht sehen?«
    Pause. »Tut mir leid.«
    Â»Nein. Mir tut’s leid. Die Sache ist die …« Ich zögerte. »Ich weiß, wie das ist, wenn alles zusammenbricht und man sich selbst die Schuld dafür gibt. Ich will nicht, dass du das durchmachst.«
    Â»Du redest von deiner Mum, oder?«
    Â»Ja.« Ich machte die Augen zu. »Sie hat ein Teilzeitstudium angefangen, als ich in der fünften Klasse war. Das hatte sie immer schon machen wollen. Mum hat komische Eltern gehabt und früh Kinder gekriegt, weil sie ihnen beweisen wollte, dass sie erwachsen war und ihr eigenes Leben führen konnte. Dad fand die Sache mit dem Studium toll, weil er selbst nicht auf der Uni war und schlaue Leute immer total Eindruck auf ihn machen. Aber ihr Studium wurde ihr dann immer wichtiger und wichtiger, besonders nachdem sie die anderen Studenten kennengelernt hatte. Über Kunstgeschichte konnte sie mit Dad oder Olivia oder mir eben nicht reden.«
    Â»Hat sie sich denn keine Zeit mehr für euch genommen?«
    Â»Zuerst schon noch. Aber dann gingen wir ihr auf die Nerven, weil sie sich wegen uns angebunden fühlte. Wenn sie keine Familie gehabt hätte, hätte sie früher studieren und einen besseren Job kriegen können.«
    Â»Aber sie hat doch Familie gewollt.«
    Ich zuckte die Achseln. »Uns hat sie trotzdem die Schuld dafür zugeschoben.«
    Â»Sie ist also gegangen?«
    Â»Dad hat immer mal wieder versucht, sich mit ihr zusammen mit ihren Freunden zu treffen, aber er passte einfach nicht dazu. Es gab dauernd Streit, und irgendwann wurde es so heftig, dass sie ihn verlassen hat.«
    Â»Aber daran bist du doch nicht schuld.«
    Ich konnte die Bitternis in meinem Ton nicht unterdrücken. »Ich und Olivia waren ihr eben nicht gut genug, um zu bleiben.«
    Jonathan schwieg. Vielleicht wusste er nicht, was er sagen sollte. »Siehst du sie noch?«, fragte er schließlich.
    Â»Zuerst ging das nicht. Sie ist ins Ausland gezogen, mit irgendeinem Typen, den sie in einem Seminar kennengelernt hatte. Sie ruft an und so, aber das ist ja nicht dasselbe. Anscheinend zieht sie bald wieder her, aber ich weiß nicht, ob ich sie dann sehen will. Sie hat mich aus ihrem Leben rausgeschmissen, warum sollte ich sie da in meinem behalten? Und ich hoffe, es tut ihr weh. Mir hat es jedenfalls immer verdammt wehgetan, wenn ich sie gebraucht habe und sie war nicht da.«
    Â»Ich will ja nicht versuchen, sie zu verteidigen, aber wahrscheinlich hatte sie das alles nicht richtig durchdacht. Das macht man nämlich selten, wenn man etwas ganz unbedingt will.«
    Â»Tja, aber sie hätte es richtig durchdenken müssen. Sie hätte nicht so egoistisch sein dürfen.«
    Â»Weinst du, Ros?«
    Ich rieb mir die Augen. »Irgendwie. Mir ist gerade klar geworden, dass ich sie trotz allem vermisse. Klingt verrückt, oder? Nur … ich weiß noch so genau, wie sie war. Und wie sehr ich sie geliebt hab. So zu tun, als sei sie ein ganz anderer Mensch geworden, funktioniert nicht.«
    Ich dachte an Brighton. Ein Jahr bevor alles schiefgegangen war, hatten wir eine Tagestour dorthin gemacht. Es war einer dieser perfekten Familientage, die man sein Leben lang

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