Wo geht's hier nach Arabien
Jerusalem reist und das Existenzrecht Israels anerkennt, brechen die arabischen Staaten den Kontakt zu Ãgypten ab. Er gilt als Verräter. Der israelische Ministerpräsident Menachem Begin heiÃt ihn in der Sitzung willkommen: » Ich grüÃe den Präsidenten von Ãgypten anlässlich seines Besuches in unserem Land und seiner Teilnahme an dieser Knessetsitzung. Die Flugdauer von Kairo nach Jerusalem beträgt nur eine kurze Zeit, doch bis gestern Abend war die Distanz zwischen beiden Städten unendlich weit.«
Knapp zwei Jahre später kommt es zu dem spektakulären Friedensabkommen von Camp David. Wenn es um wichtige Daten für die Geschichtsbücher geht, zieht man sich immer auf den berühmten Landsitz der amerikanischen Präsidenten in Maryland zurück, um verwanzt, aber gemütlich die Details zu besprechen, die Kubakrise, den Vietnamkrieg, die Verhandlungen mit Chruschtschow, den Nahostkonflikt.
Auf der Nilfahrt im Rahmen des Schmidtschen Staatsbesuches blickt man also auf ein ereignisreiches Jahr zurück. Nicht nur in der Politik. Sepp Herberger, Charlie Chaplin und Elvis Presley sind gestorben, der Letztgenannte eventuell nicht. Die erste Emma erscheint und John Travolta verrenkt sich in Saturday Night Fever. Christo will den Reichstag verhüllen, darf aber noch nicht. Der Liter Benzin kostet 86 Pfennige. Und die Autofahrer wehren sich gegen die Gurtpflicht.
Dschihan as-Sadat kümmert sich fürsorglich um Loki Schmidt. Sie war gerade erst wieder auf den Beinen. » Wahrscheinlich war ich auch wegen des Klimawechsels völlig erschöpft oder hatte mir irgendetwas eingefangen. Jedenfalls verordnete mir Dr. Völpel, der uns begleitende Arzt, Bettruhe, versorgte mich mit Büchern und erklärte, er werde mich bei unserer Delegation krankmelden. Ich lag in einem riesigen Schlafzimmer des Palastes, einem richtigen Saal, und jedes Mal, wenn der Arzt zu mir kam, verbeugte er sich tief in der Tür wie vor einer Majestät«, erinnert sich Loki Schmidt in ihrem letzten Buch. Die Staatsgäste waren in Kairo im ehemaligen Palast von König Faruk untergebracht. Der Abdin-Palast zählt mit seinen 500 Zimmern und der einzigartigen Uhrensammlung, die meisten mit purem Gold verziert, zu den prächtigsten Palästen der Welt. Noch 1952 wurde er von as-Sadats Revolutionären belagert. Dann wurde aus dem Revolutionär ein Präsident, und dieser brachte seine Staatsgäste dort unter.
Der vormalige Inhaber, der gestürzte ägyptische König Faruk, hatte 1936 im jugendlichen Alter von 16 Jahren den ägyptischen Thron geerbt und und wurde von Nasser 1952 ins Exil nach Rom geschickt. Der korrupte Exkönig verbrachte die meiste Zeit in Nachtclubs, umgab sich mit kurvenreichen Frauen, lieà sich von den Paparazzi bereitwillig ablichten und lieà es mächtig krachen. Er war die Paris Hilton der fünfziger Jahre. Als er im Alter von 45 Jahren stirbt, hieà es, er sei geplatzt. Der Hotelier Wachtveitl erinnert sich: » Gegen fünf Uhr früh kam er mit drei, vier, fünf Damen zurück und bestellte zehn Hähnchen und aà sie alle auf.« Die letzte lebende Erinnerung an ihn war seine 270 Jahre alte Galapagos-Riesenschildkröte, die erst 2006 im Zoo von Kairo verstarb.
Womöglich wurde sie auch Loki Schmidt vorgestellt. Die Frau des Altbundeskanzlers war eine leidenschaftliche Naturschützerin und hatte auch schon einmal die Galapagosinseln bereist. Zum Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt der Erde unternahm sie weite Reisen, schrieb Artikel und Bücher und rief diverse Stiftungen ins Leben. Die Kanzlergattin mit der berühmten Kurzhaarfrisur passte gut zu ihrer ägyptischen Gastgeberin. Dschihan as-Sadat nutzte ihre Position als Präsidentengattin, um sich für andere stark zu machen. Ihr Hauptanliegen ist die Rolle der Frau in der arabischen Welt. Sie gründete die » Afrikanisch-arabische Frauenliga« und griff in die Gesetzgebung ein, als es um das Sorgerecht für Scheidungskinder oder um die gerechte Verteilung der Alimente ging. » Dschihans Gesetze« wurden umgangssprachlich die neuen Rechte für die ägyptischen Frauen genannt. Ihr Buch Ich bin eine Frau aus Ãgypten ist ein weltweit beachteter Bestseller geworden. Loki Schmidt erinnert sich: » Ãber Politik haben wir nicht geredet. Jehan Sadat, eine gebürtige Engländerin, wollte von mir etwas ganz anderes wissen:
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