Wo geht's hier nach Arabien
Filmrollen übergäbe und sie selbst an ihrem heiligen Buch forschen lieÃe? Oder sind auf den Schachteln zu viele Hakenkreuze drauf?
Thomas Mann
Wo: Ãgypten
Wann: März/April 1925
Warum: Besserwisserei
W as macht Thomas Mann in Ãgypten? Böse Zungen behaupten: am Strand sitzen und den hübschen ägyptischen Jungs beim Baden zusehen. Selbst wenn er daran Freude gehabt hätte, war er doch 50 Jahre mit seiner Frau Katia verheiratet. Sechs Kinder hatten die beiden zusammen, und Thomas Manns homoerotische Neigungen waren wohl eine nie ausgelebte Schwärmerei.
Wir können stolz sein auf den Lübecker Schriftsteller. Neben Goethe, Schiller und Fontane ist Thomas Mann sicher der bekannteste und bedeutendste deutsche Schriftsteller aller Zeiten. Er ist in alle lebenden Sprachen übersetzt, hat den Nobelpreis für Literatur, und er ist seit einiger Zeit tot, also Grund genug, dass Deutschlands Schüler Referate über ihn halten müssen. Zum Glück ist die Vorbereitung dafür nicht mehr so quälend wie früher, als man noch ein echtes Buch zur Hand nehmen musste. Die mühselige Leserei ist längst überflüssig geworden. Thomas Manns Buddenbrooks kann man sich als Film reinziehen und den Tod in Venedig auf das Handy downloaden. Wenn der Speicherplatz reicht. Bei seinem gröÃten Roman wird es schwieriger. Das vierbändige Werk Joseph und seine Brüder gibt es zwar als Hörbuch, aber dafür braucht man bedeutend mehr Zeit als für die neue Scheibe von Lady Gaga. Joseph und seine Brüder ist mindestens Doppel-Gaga. 30 CDs. Und das ist die gekürzte Version!
Thomas Mann hatte das Ãgyptenfieber. Der englische Archäologe Howard Carter hatte im Jahr 1922 ein nicht entdecktes, deswegen auch nicht geplündertes Grab gefunden. Die reich bestückte Kammer von König Tutanchamun war vollständig erhalten. Eine Sensation. Thomas Mann hatte gerade den Zauberberg fertig. Die Idee zu dieser Krankenhausgeschichte hatte seine Frau ausgelöst, die wegen eines Tuberkuloseverdachts 1912 in ein Davoser Sanatorium eingewiesen worden war. Thomas Mann wollte eine Novelle darüber schreiben, hunderte von Seiten sind es geworden. Das Buch war 1924 fertig. Da kam der ägyptische » Stoff«, wie es unter Schriftstellern heiÃt, gerade recht. Die Stinnes-Linie hatte den Schriftsteller zu einer dreiwöchigen Reise eingeladen, Nil und Besichtigung des Tutanchamun eingeschlossen.Am 2.März 1925 ging es los. Zurück kam er mit einer Idee, wieder für eine Novelle. Aus der Novelle wird nach 16 Jahren Arbeit der Zyklus Joseph und seine Brüder mit dem berühmten Anfangssatz: » Tief ist der Brunnen der Vergangenheit.«
Ãber seine Arbeitsweise schreibt seine Frau Katia später:
» Zur Zeit des âºDoktor Faustusâ¹ war er, neben anderem, ein groÃer Musiktheoretiker, zur Zeit des âºJosephâ¹ ein groÃer Ãgyptologe, Orientalist und Religionswissenschaftler, ein Mediziner für den âºZauberbergâ¹â aber merkwürdig rasch vergaà er alle seine Hilfsmittel wie seine Kenntnisse.«
Na ja, wer kennt das nicht. In den Stunden einer Prüfung wissen wir so manches, was schon nach dem ersten Jubelbier danach für immer und ewig aus dem Gedächtnis gestrichen ist.
Aber Thomas Mann ist schlieÃlich ein Alleswisser. Eigentlich ein KlugscheiÃer. Er gehört zu jener Sorte Mensch, die mit ihrem Wissen nicht hinterm Berg halten und sich dadurch bei anderen Reisenden nicht unbedingt beliebt machen. Anstatt bei der Zugfahrt entlang des Suezkanals wie andere stumm die Aussicht zu genieÃen, pfeift Thomas Mann die schönsten Aida- Melodien. Verdis Aida wurde nämlich zur Eröffnung des Suezkanals uraufgeführt und auch bei der Eröffnung des Kairoer Opernhauses gespielt. Thomas Mann weià das natürlich alles. Und das zeigt er auch.
Aber in seiner Besserwisserei hat er eine nicht unwichtige Kleinigkeit übersehen. Er ist einer Legende aufgesessen, die sich hartnäckig bis in unsere Zeiten gehalten hat. Aida war zu den beiden Terminen nämlich noch gar nicht fertig. Verdi selbst war von der ganzen Idee sowieso nicht begeistert: » Eine Oper für Kairo komponieren!!! Puh! Ich gehe nicht hin, sie zu inszenieren, weil ich fürchten müsste, dort mumifiziert zu werden.«
Mit der Mannschen Besserwisserei ging es schon in der Schule los. Der Gymnasiast Thomas Mann interessierte
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