Wo geht's hier nach Arabien
Frieden, Hunger, Aufrüstung und die Unabhängigkeit der Völker:
» In Afghanistan wehrt sich ein kleines Volk nun schon im dritten Jahr gegen eine hochgerüstete Interventionsarmee. Die fortdauernden Kämpfe fordern einen hohen Blutzoll, über 20 Prozent der afghanischen Bevölkerung sind inzwischen aus der Heimat geflohen. (â¦) Wir fordern ein Ende der Gewalt und ein Ende dieser Leiden, wir fordern Frieden und Selbstbestimmung für das afghanische Volk.«
Seit dieser Rede sind nun 30 Jahre vergangen.
Rainer Maria Rilke
Wo: Ãgypten
Wann: 6. Januar 1911 bis 25. März 1911
Warum: misslungenes Liebesabenteuer
» Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
undâ¦Â«
S pätestens hier sollte es klingeln. Wer jemals in Deutschland eine Schule besucht hat, kam um das Gedicht Der Panther von Rainer Maria Rilke nicht herum. Zum schrecklichsten der schulischen Vormittagserlebnisse gehört bis heute die Anweisung des zuständigen Pädagogen im Deutschunterricht: » ⦠und bis morgen die erste der drei Strophen auswendig lernen.« Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass sogar Alt-Rocker Udo Lindenberg aus dem Panther einen Song gemacht hat.
Für die moderne Gehirnforschung zählt das Auswendiglernen von Gedichten mit zu den wichtigsten Lektionen der Gedächtnisschulung. Das Training des Oberstübchens durch Verse soll wahre Wunder wirken. Menschen, die Gedichte lernen und sie auch fehlerfrei aufsagen können, sind klüger, leben länger, haben hübschere Kinder, führen glücklichere Ehen, werden beim Fremdgehen nie erwischt, haben Geld wie Heu, verlieren nie ihren Führerschein, haben kein Karies, stehen nie im Stau, sind überall beliebt und können ohne fremde Hilfe DVD-Festplattenrekorder programmieren. So weit die Wissenschaft. Schüler sehen das anders. Rilke im Lehrplan führt zu plötzlichen Schwindelanfällen, AngstschweiÃattacken, und selbst bei 15-jährigen Buben gibt es vereinzelt Fälle von mysteriösen Scheinschwangerschaften.
Aber, liebe Schülerinnen und Schüler, Germanistikstudenten und Gedichtgeschädigte, dies alles ist nichts gegen eine gemeinsame Reise mit dem leibhaftigen Dichter.
René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke zählt man zu den bedeutendsten Dichtern deutscher Sprache. In Prag geboren, darf man ihn trotzdem zu den Ãsterreichern rechnen, da in seinem Geburtsjahr 1875 die böhmisch-mährisch-österreichisch-slowakische Welt noch nicht in die heutigen Kleinstaaten aufgeteilt war, sondern Sisi und ihr Franzl noch über das ganze k. u. k.-Reich herrschten.
Als Rilke 1911 nach Ãgypten reist, war das nichts extrem Ungewöhnliches mehr. Reisebüros boten Pauschal- und Individualreisen an, Ausflüge auf dem Kamel, Kreuzfahrten auf dem Nil, als unvermeidlicher Höhepunkt die Besteigung der Pyramiden. Auch in der Heimat gab es schon haufenweise Ãgyptisches, mumifizierte Krokodile in den Museen, pechschwarze Eunuchen mit entblöÃtem Waschbrettbauch auf den Ãlgemälden, barbusige Wasserträgerinnen auf sepiafarbenen Ansichtskarten, die man sich heimlich und arg abgegriffen weiterreichte, kurz: der ägyptische Pirelli-Kalender. Sogenannte Ãgyptische Gesellschaften waren hilfreich zur Stelle, wenn ein Bankier zur Bestückung seiner Kirschbaumvitrine plötzlich Bedarf an gefälschten Grabbeigaben oder modrigen Mumienfetzen hatte.
Die Neugier auf Ãgypten war geweckt. Heute fährt man dorthin, weil das Reisebüro so schöne Kataloge hat oder das Streusalz auf der deutschen Autobahn den Unterboden des geliebten Autos zu zerfressen droht und deswegen Ãgypten zur Winterszeit gerade recht kommt. Aber Rilke fährt nach Ãgypten, weil seine Frau dort war. Clara Rilke besuchte im Jahr 1907 in Kairo eine Freundin, allein. Der Dichter hatte die junge Malerin und Bildhauerin aus Bremen 1901 geheiratet und im Jahr darauf wieder verlassen, was aber das Verhältnis der beiden nicht trüben sollte. Ihre Schilderungen aus dem Land am Nil wecken Rilkes Neugier. Dazu kommt eine allgemeine Schaffens- und Lebenskrise, aber in erster Linie die Einladung von Jenny Oltersdorf, der frustrierten Gattin eines betuchten Münchner Pelzhändlers, zu einer Orientreise. Der deutsche Dichter und Denker lässt sich dieses eindeutige Angebot nicht
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