Wo geht's hier nach Arabien
glaubt man noch an einen harmlosen tunesischen Insektenüberfall und fährt in bester Urlaubslaune nach Hause, mit dieser kleinen, aber unschönen entzündeten Stelle auf der Wange. Plötzlich wächst sich das Ganze zu einer Beule aus, undâ Nervenschwache bitte jetzt weiter unten weiterlesenâ auf einmal platzt die Blase und hunderte kleiner Spinnentiere krabbeln heraus. Dass diese Geschichte der Wahrheit entspricht, hat die Bekannte einer Bekannten erzählt, deren Schwester schwört, dass sie eine Freundin hat, deren Cousine genau dieses passiert ist.
Wie man Ãrzte so kennt: Theodor Bilharz graust vor gar nichts, sondern forscht begeistert an den Würmern weiter.
Dann kommt eines Tages Besuch. Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha reist nach Ãgypten. Seine Frau Alexandrine ist auch dabei. Im März ist es noch nicht so heiÃ, aber Alexandrine schwächelt trotzdem. Es wird immer schlimmer, und man ruft den deutschen Arzt aus der Klinik zu der adeligen Patientin. Bilharz kennt sich mit ägyptischen Krankheiten aus und weià sofort, was zu tun ist. Die Frau hat Typhus, aber überlebt durch die Hilfe des ausgewanderten schwäbischen Doktors. Doch vor ihrer Gesundung hat sie ihren Retter angesteckt. Theodor Bilharz hat Typhus. Seine ärztliche Kunst reicht nicht für ihn selbst, der Kampf dauert wenige Wochen, und am 9. Mai 1862 stirbt er in Kairo. Alexandrine wird später berühmt durch ihren Einsatz für verwundete Soldaten im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.
Man beachte: Bilharziose kann sogar beim Segeln übertragen werden, durch das Spritzwasser! Wer sich in Arabien in die Nähe von Gewässern begibt, sollte Schutzkleidung tragen! Und wer im Orient einmal unter Kopfschmerzen leidet, sollte nicht denken, es sind nur Kopfschmerzen!
Ben Wisch
Wann: Fünfziger Jahre und folgende
Wo: Algerien und anderswo
Warum: Kolonialzeit beenden und Menschen retten
A n ihren Brillen sollt ihr sie erkennen«, Kapitel 24, aus der Offenbarung des Uli HoeneÃ. Wäre die Bibel nicht im Heiligen Land, sondern in einem deutschen FuÃballstadion geschrieben worden, wüsste jeder, dass sich dieser apokryphe Stadionvers auf die Sonnenbrillen der deutschen Spielerfrauen bezieht, die auf der VIP-Tribüne ihre rosa schimmernden Botoxbacken hinter wagenradgroÃen Brillengläsern verstecken. Aber alles war schon mal da. Diese Ungetüme, die von der Oberlippe bis zum Scheitelansatz reichen, die Gläser ausladend wie die Fensterfront eines Versicherungskonzerns, umrandet von einem Brillengestell, armdick und robust wie die Antriebswelle einer GroÃraumlimousine, waren bereits vor einigen Jahrzehnten modern. (Ãbrigens: Die Brillenetuis von damals werden heute als Skiboxen auf dem Autodach verwendet.) Im Optikerfachjargon hieà das damals: getönte Hornbrille. So trug es der Herr von Welt und war das unverwechselbare Markenzeichen von Hans-Jürgen Wischnewski, genannt » Ben Wisch«, den man getrost zu den Top Five der deutschen SPD-Politiker zählen darf.
Wenn seine Hand vor laufenden Kameras zu dieser Brille griff, sie kurz abnahm, um damit der Wichtigkeit des gesprochenen Gedankens noch mehr Gewicht zu verleihen, hielt die Welt den Atem an. Er gehörte zu jener Spezies von Politikern, die nicht Angst, Widerwillen oder Langeweile unter den Bürgern verbreitet, sondern denen ungezählte Menschen ihr blankes Leben zu verdanken haben.
Wischnewski ist herumgekommen. Er wurde 1922 in OstpreuÃen geboren und als junger Mensch an die Ostfront gezwungen. » Köln ist für mich die Stadt aller Städte«, sagt er in seinen Erinnerungen, doch der Regierungsbezirk Niederbayern im äuÃersten Südosten Deutschlands spielte die entscheidende Rolle in seinem Leben. In Straubing trat er nach dem Krieg in die SPD ein, und ein Flugzeug, das auf den Namen der Hauptstadt Niederbayerns getauft war, machte ihn weltberühmt. Ben Wisch spielte bei der Befreiung der 1977 von Terroristen gekaperten » Landshut« eine entscheidende Rolle und galt seither als » Held von Mogadischu«.
Es beginnt in Algerien. Im Jahr 1960 werden 16 afrikanische Staaten unabhängig, nur Algerien nicht. Die Zeit der Kolonien ist endgültig vorbei, aber Frankreich hängt verzweifelt an seinem nordafrikanischen Anhängsel. Seit Jahren tobt ein furchtbarer Krieg. Wer halbwegs von Verstand ist, sollte spätestens jetzt einsehen, dass es
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