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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Springer
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Bergen hätten wir uns allerdings sparen können. Das Originalgestein hat nämlich der Kundschaft nicht gefallen, und man hat hinter uns später im Studio eine künstliche Alpenkette hineingeschnitten. Liebe Grüße!

Franz Werfel
    Wo: Damaskus
    Wann: 1929
    Warum: Hochzeitsreise
    J eder Deutsche hat in Sichtweite seiner Wohnung eine Apotheke, einen EC-Automaten und einen Teppichladen, der pleite ist und mit Schließung droht. » Alles muss raus«, jede Woche landen unzählige Teppichprospekte mit dieser Überschrift in unseren Briefkästen oder schleichen sich als Beilage der Tageszeitungen in die Wohnungen und kündigen allesamt an, jetzt noch mal 30 Prozent Rabatt zu gewähren. Wer auch nur halbwegs Kopfrechnen kann, muss sich wundern, denn innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Orientteppiche damit insgesamt um mindestens 3000 Prozent reduziert worden. Und trotzdem will sie keiner haben.
    Die gesamte Fläche der Bundesrepublik, über 357 000 Quadratkilometer, könnte man doppelt und dreifach auslegen mit den Sarugs, Ghoms, Nains und Täbriz’, die sinnlos in den Betonhallen der Gewerbegebiete vor sich hinmodern.
    In einem 1949 in der Mongolei entdeckten Skythengrab fanden die Archäologen den ältesten Teppich der Welt. Er war seit 2000 Jahren tiefgefroren, zusammen mit einem Pferd und einem Wagen. Ein mindestens genauso berühmter Teppich befindet sich auf dem russischen Friedhof in Paris. Das Grab der Ballettlegende Rudolf Nurejew wird von einem Teppich überspannt. Der Kaukasier hatte sich zwar einen echten Begräbnisteppich gewünscht, aber aufgrund des grauenhaften Wetters haben sich die Franzosen dann doch für eine Kopie aus Keramik entschieden. In jedem Fall: Der Teppich hat im Orient noch immer einen hohen symbolischen Wert. Bei uns ist das anders. Für die einen ist ein Teppich Fußabtreter oder Sammelobjekt, für die anderen die ideale Brutstätte von Wanzen, Milben und anderen unappetitlichen Parasiten.
    Ein Teppich hat im Westen eigentlich nichts zu suchen. Im fünften Stockwerk einen Hochhauses Teppiche auszulegen, ist so überflüssig wie einem Beduinen einen Toaster zu schenken.
    Teppiche dienen den Nomadenvölkern als Ersatz für den fehlenden Fußboden. In der Steppe ist eben selten Laminat zur Hand, also wird zum Schutz gegen Steine, Dornen und Ungeziefer das bunte Knüpfwerk ausgelegt. Beim Aufbruch in das nächste Weidegebiet rollt man Geschirr und Zerbrechliches darin ein und zieht weiter.
    Als der deutsch-tschechisch-österreichische Schriftsteller Franz Werfel im Jahr 1929 nach Damaskus reist, besucht er eine Teppichfabrik. Je filigraner die Knüpfungen, je höher die Anzahl der Knoten pro Quadratzentimeter, umso wertvoller das Stück. Das weiß der schlaue Mann, aber es interessiert ihn nicht. Denn in der Fabrik fallen ihm Kinder auf, die sich in einem erschreckend schlechten Gesundheitszustand befinden und zwischen den Webstühlen Fäden und Spulen aufheben, den Boden fegen. Werfel erkundigt sich danach und ist von der Geschichte innerlich so berührt, dass er noch während der Reise mit einem Roman beginnt. » Das Jammerbild verstümmelter und verhungerter Flüchtlingskinder, die in einer Teppichfabrik arbeiteten, gab den entscheidenden Anstoß, das unfaßbare Schicksal des armenischen Volkes dem Totenreich alles Geschehenen zu entreißen. Die Niederschrift des Buches erfolgte in der Zeit vom Juli 1932 bis März 1933.« Diese Erklärung stellt Franz Werfel seinem weltberühmten Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh voran.
    Die Idee zu dem Roman kommt ihm auf seiner zweiten Orientreise, die er mit seiner Frau Alma unternimmt. Wenige Wochen vor der Abreise, am 7. August 1929, heiratete Franz Werfel die berühmteste und verrufenste Frau des 20. Jahrhunderts: Alma Mahler. Mit ihr hatte er zehn Jahre zuvor schon ein Kind gezeugt, das aber an Gehirnwassersucht starb. Als Alma ihrem späteren Mann zum erstenmal begegnete, lästert sie über ihn: » Werfel ist ein O-beiniger, fetter Jude mit wülstigen Lippen und schwimmenden Schlitzaugen! Aber er gewinnt, je mehr er sich gibt.« Zehn Jahre später und drei Wochen nach der Trauung schreibt sie: » Ich fühle meine neuerliche Ehe als Zwang. Viel mehr, als ich mir dies vorgestellt hatte. Merkwürdig.« Eine objektive Beurteilung von Alma Mahler gibt es bis heute nicht. Die einen verachten sie, die anderen

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