Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
um, und der Ton wird tiefer. Dieser Effekt lässt sich auch im Alltag beobachten,wenn ein Krankenwagen mit heulenden Sirenen an uns vorbeifährt und das Heulen im Moment des Überholens plötzlich tiefer wird.
Der Dopplereffekt hat sich für eine große Zahl von Anwendungen als äußerst nützlich erwiesen. Mit ihm lässt sich die Ausdehnung des Universums bestimmen, Meteorologen können Gewitterwolken verfolgen, und auch Ultraschallaufnahmen machen sich den Effekt zunutze. Weil Sputnik einen gleichbleibenden Ton aussandte, während Weiffenbachs Empfänger an Ort und Stelle blieb, konnten die beiden anhand der Veränderungen in dem eingehenden Signal die Geschwindigkeit des Satelliten berechnen. Dann fiel ihnen spät in der Nacht ein weiterer mathematischer Kniff ein: Anhand des genauen Frequenzverlaufs musste sich auch berechnen lassen, wie nahe Sputnik auf seiner Umlaufbahn dem APL kam. Beinahe zufällig hatten sie eine Methode gefunden, nicht nur die Geschwindigkeit des Satelliten zu errechnen, sondern auch seine Flugbahn zu verfolgen. Innerhalb weniger Stunden waren die beiden jungen Wissenschaftler vom bloßen Zuhören zu konkreten Messungen übergegangen.
In den folgenden Wochen machte sich ein loser Verbund aus Wissenschaftlern des APL daran, Guiers und Weiffenbachs Ahnung zu verfeinern. Lücken wurden gefüllt, die wissenschaftliche Literatur zu erdumkreisenden Körpern wurde durchforstet und Verbesserungsvorschläge zur technischen Anordnung der Messvorrichtung gemacht. Schließlich bewilligte der Direktor des APL die nötigen Gelder, um die Ergebnisse durch den nagelneuen UNIVAC-Computer des Instituts zu jagen. Innerhalb weniger Monate nachdem Sputnik auf Sendung gegangen war, hatte man am APL die gesamte Umlaufbahn des Satelliten berechnet, und das einzig und allein anhand des von Sputnik ausgesendeten Signals. Dieses »Abenteuer ihres Lebens«, wie die beiden es später nannten, war für Guier und Weiffenbach der erste Schritt zu ihrer späterenKarriere. Im Frühling des Jahres 1958 rief Frank T. McClure, Vizedirektor des APL, Guier und Weiffenbach in sein Büro, um mit einem streng geheimen Problem an sie heranzutreten: Wenn sich anhand der Position des Empfängers am Boden die Position eines Satelliten berechnen ließ, war dann auch der umgekehrte Weg möglich? Wenn die genaue Position des Satelliten bekannt war, konnte man dann die Position des Empfängers am Boden bestimmen? Guier und Weiffenbach dachten kurz über das Problem nach und bejahten McClures Frage. Das Ergebnis wäre sogar noch genauer, wenn man die Position vom All aus bestimmen würde anstatt von einem festen Punkt am Erdboden. Ohne ihnen den Hintergrund seiner Frage vollständig zu erklären, bat McClure die beiden Männer, eine Machbarkeitsanalyse durchzuführen, und nach ein paar Tagen fieberhaften Rechnens lieferten Guier und Weiffenbach ihre Antwort zu dem »Inversproblem«, wie sie es nannten: Ja, es war machbar.
Bald darauf erfuhren Guier und Weiffenbach auch, warum McClure sich so sehr für das Problem interessierte. Das amerikanische Militär hatte vor, die Polaris-Rakete so weiterzuentwickeln, dass sie mit Atomsprengköpfen bestückt von U-Booten abgeschossen werden konnte. Um die exakte Flugbahn zum Ziel zu errechnen, musste zuerst der Startpunkt möglichst genau bestimmt werden. Auf dem Festland war das kein Problem, aber bei einem U-Boot irgendwo im Pazifik sah die Sache ganz anders aus. McClure war auf die Idee gekommen, die geniale Methode der beiden umzudrehen und anhand der bekannten Position von Satelliten die unbekannte Position von U-Booten zu ermitteln. So wie Seefahrer sich seit Jahrtausenden an den Sternen orientierten, sollten die Schiffe der US-Marine anhand künstlicher Sterne, nämlich der Satelliten navigieren. Das Projekt wurde auf den Namen »Transit System« getauft, und nur drei Jahre nach dem Start des Sputnikhatten die USA fünf Satelliten im Orbit, die die zur Navigation erforderlichen Daten sendeten. Als die sowjetische Luftwaffe im Jahr 1983 ein koreanisches Verkehrsflugzeug abschoss, das sich aufgrund fehlerhafter Bodennavigation in den Luftraum der UdSSR verirrt hatte, forderte der damalige US-Präsident Ronald Reagan, dass Satelliten-basierte Navigation allen zur Verfügung stehen und für zivile Nutzung freigegeben werden sollte. Zu dieser Zeit bekam das System seinen heutigen Namen: Global Positioning System, oder kurz GPS. Und drei Jahrzehnte später versorgen etwa dreißig GPS-Satelliten die
Weitere Kostenlose Bücher