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Wo immer Du bist, Darling

Wo immer Du bist, Darling

Titel: Wo immer Du bist, Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Hoell
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Dadurch wurden sie zwar auch nicht wieder tragbar, waren aber wenigstens sauber und konnten im Notfall als Ersatzgarnitur dienen.
    Inzwischen trat Ramon neben sie. Er blickte nachdenklich in den bewölkten Himmel, während er sich einige Schlucke Kaffee genehmigte. Anja legte die Kleider notdürftig zusammen, gab sie ihm und nahm den halb vollen Becher wieder entgegen. Ramon stellte den Topf zur Seite, dann begann er, mit dem Fuß Erde und Steine über die Reste des Lagerfeuers zu schieben. Sorgfältig erstickte er jeden Funken.
    Sie betrachtete nachdenklich den Kaffeebecher in ihren Händen. Es war schon bemerkenswert, wie zwanglos sie mit Ramon eine Tasse teilte. Bei Richard hatte sie das nie getan und das lag nicht daran, dass bei ihr zu Hause deutlich mehr Geschirr zur Verfügung stand. Es lag an Ramon. Daran, wie vertraut sie nach nur wenigen Stunden mit ihm umging. Viel vertrauter als mit ihrem einstigen Verlobten. Viel vertrauter als mit überhaupt irgendeinem Mann in ihrem Leben.
    Wie rasant sich Erfahrungen über den Haufen werfen ließen … Noch vor wenigen Tagen hatte sie darüber gegrübelt, ob sie vielleicht Körperkontakt scheute. Sie warf einen verstohlenen Blick zu Ramon. Vor seiner Berührung war sie jedenfalls noch nie zurückgeschreckt, nicht einmal, als sie ihn noch gar nicht gekannt hatte. Äußerst seltsam. Eilig spülte sie die verwirrenden Gedanken mit dem Kaffee hinunter.
    Sobald sie ausgetrunken hatte, packte Ramon den Becher in die Satteltaschen, dann drehte er sich zu ihr um. »Fertig?«
    Anja rollte die Hemdsärmel noch etwas höher. »Fertig.«
    In schweigendem Einvernehmen brachen sie auf.
    Sie heftete ihren Blick auf seinen Rücken und ging knapp hinter ihm her.
    Mittags kämpfte sich die Sonne durch die Wolken und warf ein fächriges Lichtnetz auf den Waldboden. Ab und zu kreuzten Rehe ihren Weg, Streifenhörnchen huschten in die Baumkronen und manche der unzähligen Insekten begleiteten sie ein Stück auf ihrem Marsch.
    Anja vergaß vollkommen, unter welchen Umständen sie sich im Wald befand und bewunderte staunend die Schönheit der unberührten Natur. Lächelnd drehte sie den Kopf nach einem bunten Schmetterling und lief ungebremst in Ramon, der unvermittelt stehen geblieben war.
    Er riss sie pfeilschnell an sich, drückte gleichzeitig eine Hand über ihren Mund und schleifte sie wie ein Paket zur Seite.
    Erschrocken konnte sie ihn nur noch anblinzeln. Was war denn jetzt los? Ohne Widerstand ließ sie sich von ihm hinter eine Reihe niedriger Büsche ziehen und zu Boden drücken. Ramon bedeutete ihr, keinen Laut von sich zu geben und zeigte in Richtung einer kleinen Felsgruppe.
    Anja reckte, noch immer verwirrt, den Hals und folgte seinem Blick.
    Erst jetzt sah sie ihn.
    Gerade einmal fünfzig Meter vor ihnen stand ein riesenhafter, zotteliger Braunbär und begann mit den mächtigen Vorderpfoten an einem Baum zu rütteln.
    Ihr klappte in fassungslosem Schreck der Mund auf. Wie hatte Ramon den Bären so schnell entdeckt? Sie konnte das Tier nur deshalb so gut ausmachen, weil der oberschenkeldicke Baum unter dem massiven Angriff heftig wie eine Fahne hin und her schwankte.
    Die repräsentative Zurschaustellung unbeherrschter Kraft ließ ungute Schauder ihren Rücken hinabrieseln. Schlagartig wurde ihr wieder bewusst, dass sie sich fernab jeder Zivilisation befanden. Sie drehte den Kopf zu Ramon, der dicht genug neben ihr saß, dass ihre Haare sein Kinn streiften.
    Schon allein seine Nähe beruhigte sie etwas. Tobenden Bestien zu begegnen war doch weitaus weniger furchtbar, wenn man einen Mann wie Ramon bei sich hatte.
    Er begann extrem leise zu sprechen . Um ihn besser verstehen zu können, beugte sich Anja weiter zu ihm hin, bis seine Lippen fast ihre Schläfe berührten . Schweigend lauschte sie seinen ruhigen Worten.
    »Der Bär hat uns noch nicht bemerkt, weil wir gegen die Windrichtung laufen. Solange er uns nicht sieht, ist alles in Ordnung.«
    »Und was machen wir jetzt?«, flüsterte sie und rückte noch dichter an ihn heran.
     
    *
     
    Ramon löste gelassen eine ihrer langen Haarsträhnen aus seinen Bartstoppeln, blieb aber unverändert nahe bei ihr sitzen. »Wir warten, bis er sich trollt, wir können nicht riskieren, dass er uns angreift.«
    Er wollte um jeden Preis vermeiden, wertvolle Munition zu verschwenden. Wer konnte schon sagen, wie lange das halb volle Magazin, das er gestern Abend an seinem Gürtel befestigt hatte, noch ausreichen musste. Er wartete eine

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