Wo immer Du bist, Darling
alles tun, was in unserer Macht steht, hörst du? Wir geben ihn nicht leichtfertig auf.«
Anja nickte, aber ihre schmalen Schultern bebten unter lautlosem Weinen.
Carolin spürte, wie ihr ebenfalls die Tränen übers Gesicht liefen. Das war alles so unfair. Anja hatte es so sehr verdient, glücklich zu sein. Aber kaum hatte sie eine außergewöhnliche Liebe gefunden, wurde sie ihr schon wieder entrissen. Das Leben war einfach nicht gerecht.
Als sie sich beide etwas gefasst hatten, fiel Carolin wieder ein, was sie Anja noch mitteilen wollte. »Oliver hat mir vorhin gesagt, dass es hilfreich wäre, wenn Ramon gegen seinen Bruder aussagen würde. Erfahrungsgemäß wirkt sich das positiv auf die Dauer der Gefängnisstrafe aus.«
Anja sah auf. »Das hat Mr. Shepard auch schon angedeutet. Ich denke schon, dass er das tun wird. Ihm war schon länger klar, dass er sich auf dem falschen Weg befand. Ramon wollte mithilfe von La Mano de Cuba auf die Missstände in Kuba aufmerksam machen, deshalb haben sie die ehemalige Organisation wieder ins Leben gerufen. Sie hatten die Absicht …« Anja klappte abrupt den Mund zu und blickte Carolin an. »Es gibt da noch was, was ich dir erzählen muss«, sagte sie langsam.
Carolin hörte sich die Geschichte über den Tod von Ramons Mutter erst neugierig, dann wütend an. »Das ist ja unglaublich!«, brauste sie auf, sobald Anja geendet hatte. »Solche Vorfälle werden immer wieder vertuscht. Das können wir bestimmt irgendwie verwenden. Kannst du dich noch an die Namen der beiden Soldaten erinnern?« Schon im Sprechen zückte sie ihr Notizbuch.
»Warte … Der eine hatte einen außergewöhnlichen Vornamen.« Anja schloss die Augen und tippte mit den Fingerspitzen rhythmisch gegen die Stirn, als könnte sie so ihrem Gehirn befehlen, die Daten abzurufen.
Unvermittelt riss sie den Kopf hoch. »Thatcher … Nein, Thaddeus Baker. Das ist der Name des Lagerverwalters. Der andere hieß Warren Lacey. Kannst du damit etwas anfangen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
Carolin notierte die Namen. »Ich werde sie gleich mal durch den Laptop jagen. Mal sehen, was dabei herauskommt.« Froh, etwas Aussichtsreiches tun zu können, stand Carolin auf und befreite das silberne Hightech-Teil aus ihrer Tasche. Hastig fuhr sie es hoch, rief Google auf und hämmerte auf die Tastatur ein.
»Hier. Unter den Suchbegriffen Thaddeus Baker und US-Army sind in den USA 781 Einträge vorhanden.«
Anja schnappte geschockt nach Luft. »Was, so viele?«
Carolin schnitt eine Grimasse. »Keine Angst, wir können die Suche vielleicht noch ein wenig anhand des ungefähren Geburtsjahres eingrenzen. Was würdest du vorschlagen?«
Anja überlegte kurz. »Ramons damaligem Alter nach zu urteilen muss der Vorfall Anfang der 90er passiert sein. Baker könnte also zwischen 1945 und 1965 geboren sein.«
»Ja, das kommt hin. Lass uns mal sehen, wie viele dann noch übrig bleiben.«
*
Anja verfolgte staunend, wie professionell Carolin dem Gerät Informationen entlockte. »Wo kannst du denn eingeben, dass die Jahreszahlen speziell das Geburtsdatum betreffen?«
Ihre Freundin zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »Ich bin Journalistin, wir haben da so unsere geheimen Quellen.« Sie klickte einige Male. »Mit diesem Filter bleiben noch 59 Treffer übrig.«
»Gut, das klingt doch schon besser. Lies mal den Obersten vor.«
»Hier haben wir einen Thaddeus Baker in Moab, Utah, 61 Jahre. Ist querschnittsgelähmt zur Welt gekommen. Scheidet also aus«, sprach Carolin laut vor sich hin, ohne die Arbeit zu unterbrechen. »Der Nächste: Jackson, Mississippi, 52 Jahre. Hm.«
»Vom Alter her könnte es passen, halten wir den mal fest«, warf Anja ein.
»Okay. Der Nächste.« Carolin scrollte weiter.
Hartnäckig arbeiteten sie sich stundenlang durch die Trefferliste. Als nur noch zehn Namen übrig waren ,tippte Carolin triumphierend auf den Bildschirm. »Hier, ich gehe jede Wette ein, dass das unser Mann ist. Thaddeus Baker, neunundvierzig, Ex-Armee-Angehöriger . Es gibt ein Foto, auf dem er mit seinen Kameraden abgebildet ist.« Carolin warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sieh dir mal die Flagge an dem Fahnenmast im Hintergrund an …« Sie vergrößerte den Bildausschnitt.
Anjas Herz begann aufgeregt zu klopfen . »Das ist eine kubanische Flagge. Dann kann das Foto nur in der Guantanamo Bay Naval Base aufgenommen worden sein. Es gibt keine andere amerikanische Militärbasis in Kuba.«
Carolin nickte. Hastig wechselte
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