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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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hingehen«, wisperte ich. »Ich wollte, dass du das weißt.«
    Landen konnte mich zwar nicht hören, aber ich musste es ihm einfach sagen. Schon zur Entlastung meines Gewissens. Ich musste blinzeln und wischte mir hastig die Tränen ab. Dann sah ich plötzlich, dass Landen ebenfalls mit den Tränen kämpfte.
Es war etwas passiert.
    Thursday war nicht da. Aber seit wann war sie weg? Hatten die zwei sich gestritten? War sie im AußenLand
gestorben
? Ich warf erneut einen Blick auf die Kinder, die jetzt beide Hausarbeiten machten und völlig unbesorgt schienen. Was auch immer es sein mochte   – Landen trug die Last allein.
    »Wann hast du Thursday zuletzt gesehen?«, flüsterte ich.
    Landen holte tief Luft, wischte sich über die Augen und kehrte zu seinen Kindern zurück. Ich streckte die Hand aus und berührte den Spiegel, aber das führte nur dazu, dass die Oberfläche sich kräuselte wie ein See.
    »Dreißig Grad nach links, drei Meter vorwärts.«
    Der Spiegel gehorchte und rangierte mich zu der Pinnwand über dem Telefon in der Küche. Ich war nahe genug, um die daran befestigten Rezepte, Bilder und alten Theaterkarten studieren zu können. Trotzdem dauerte es einen Moment, bis ich fand, was ich suchte. Es war eine Notiz für Landen in Thursdays Handschrift. Er solle seine Schwester zurückrufen.
    Aber darauf kam es nicht an. Viel wichtiger war das Datum: Es lag über vier Wochen zurück. War Thursday tatsächlich schon einen ganzen Monat verschwunden?
    »Habt Ihr gefunden, was Ihr gesucht habt?«
    Ich schrak zusammen. Die Lady of Shalott stand direkt hinter mir.
    »Ich glaube, ja«, sagte ich hastig. »Ich   … äh   … habe gerade ihr Pinnbrett studiert. Sie wissen ja, was die Leute sagen: Ein Blick auf die Äußerlichkeiten ist ein Blick in die Seele der Frauen.«
    »Sagen die Leute das?«, fragte sie zweifelnd.
    »Oft, ja.«
    Ich bereitete mich auf den Abschied vor. Ich kam so selten wie möglich zum Schloss Shalott, denn ich durfte keinen Verdacht wecken. Und die Eindrücke, die ich dabei gewann, waren sehr flüchtig. Natürlich wollte ich wissen, wo Thursday war, aber ich musste auch Landen sehen und die Kinder. Ich konnte einfach nicht anders.
    Ich bedankte mich bei der Lady, und sie begleitete mich an die Tür. Aber das war keine bloße Höflichkeit, und wir wussten es beide. Ich durfte mich nicht ohne berechtigten Grund in der Lyrik aufhalten, und meine heimlichen Blicke ins AußenLand waren schon gar nicht erlaubt. Die Lady gab mir ein hölzernes Kästchen.
    »Ihr werdet doch gut darauf achten, nicht wahr?«
    »Natürlich«, sagte ich und verstaute das Kästchen in meiner Handtasche. Ich verließ das Schloss und wanderte den weiten Weg zum Taxi zurück. Wo Thursday war, wusste ich immer noch nicht.
    Ich holte tief Luft. Es war wie immer sehr schwer gewesen für mich. Ich liebte es, ihn zu sehen, aber ich litt auch darunter. Diesmal half es mir bei meinem Entschluss, Whitby nach all der Zeit doch noch ein Rendezvous zu gewähren. Es milderte das Gefühl, einen Verrat zu begehen.

8.
Der Stern
    Die Beweise für die Existenz von Schwarzem LeseStoff sind so dürftig, dass die Angelegenheit wohl nie aus dem Dunkel heraustreten wird. Unter Schwarzem LeseStoff verstehen wir die ungeheuren Massen von ungelesenem Text, die entweder vergessen oder gelöscht worden sind. Aber der Schwarze LeseStoff soll auch die Heimat der Ungelesenen sein: zombieähnliche Gestalten, die nur noch die äußere Hülle ehemaliger Figuren darstellen, weil die ständige Ungelesenheit ihnen alles Menschliche aus dem Kopf gesaugt hat. Die herrschende Meinung besagt, dass diese Texte zum Meta-Mythos gehören. Es sind Geschichten innerhalb von Geschichten, die von den Ausbildern im CharakterCollege benutzt werden, um die Rekruten zu erschrecken und zu disziplinieren   …
     
    Bradshaws Führer zur BuchWelt
     
    Bei der Ausreise aus der Lyrik gab es meist endlose Schlangen. Der Metaphern-Schmuggel war ein Riesenproblem, und die Grenzbeamten überprüften alle Ausreisenden streng. Der zunehmende Mangel an Roh-Metaphern in der Prosa hatte die Preise in schwindelnde Höhen getrieben, und die Leute nahmen die irrwitzigsten Risiken auf sich, um die kostbaren Textbausteine nach draußen zu schmuggeln. Ich hatte Geschichten von Leuten gehört, die Metaphern im Handgepäck verstaut oder in einigen Fällen sogar verschluckt hatten. Manche hatten die Metaphern sogar als gewöhnliche Gegenstände ohne jede Bedeutung verkleidet. Allerdings

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