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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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musste man den Zollbeamten dann erklären, warum man ein »drohendes Gewitter« oder »hell erleuchtete Höhenzüge« in seinem Gepäck hatte.
    »Können wir vielleicht die obere Route nehmen?«, fragte ich.
    Die Taxifahrerin drehte sich zu mir um und musterte mich. Die obere Route aus der Lyrik zu nehmen konnte nur eins bedeuten   – dass ich die Auseinandersetzung mit dem Zoll scheute.
    »Mein Freund Jake hat letzte Woche ein Muli befördert, ohne dass er es wusste«, sagte sie anzüglich. »Es hatte zwei Kilo rohe Metonyme in den Satteltaschen.«
    Metonyme zu schmuggeln war nicht ganz so gefährlich wie Metaphern, aber die Unterwelt scheute vor nichts zurück, um schnelles Geld zu machen. Überall gab es geheime Laboratorien, in denen aus Similes und anderen Stilmitteln Metaphern extrahiert oder zusammengekocht wurden. Das meiste war ziemlich schwacher Stoff, aber trotzdem verfolgte Jurisfiktion die Übeltäter beharrlich, und fast täglich wurde irgendwo ein Metaphern-Laboratorium ausgehoben.
    »Durfte er sein Taxi behalten?«, fragte ich. »Ihr Freund Jake, meine ich.«
    »Der ganze Wagen wurde zu Text reduziert. Sie haben sich nicht mal die Mühe gemacht, das Metonym vorher rauszuholen.«
    »Zu Text reduziert?«, sagte ich. »Klingt, als hätten sie eine Haselnuss mit dem Vorschlaghammer geknackt.«
    »Diese Lyriker sind nun mal so«, sagte die Taxifahrerin mit einem verächtlichen Grunzen. »Immer voller Leidenschaft und Gewalt. Ich glaube, das kommt von dem vielen Absinth. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich kann Sie aus der Lyrik rauskriegen, aber das kostet extra.«
    »Ich leihe Ihnen meinen Butler für einen ganzen Nachmittag.«
    »Einen Nachmittag und eine Gartenparty.«
    »Eine Gartenparty muss reichen.«
    »Abgemacht.«
    Die Fahrerin stellte die Antriebsdüsen um, und im nächsten Augenblick starteten wir beinahe senkrecht nach oben. Die untere Ebene des BuchVerkehrs hatten wir binnen einer Minute erreicht, und ein paar Sekunden später nahm uns   – nicht ganz freiwillig   – ein akademischer Vortrag in Schlepp, der auf dem Weg von der Physik zur Biologie war. Wir blieben ein paar Minuten lang beiihm, koppelten uns wieder ab, schwebten einen Moment und saugten uns dann am Kiel eines Öltankers fest, der zu einem Buch über das Bermudadreieck gehörte, das auf dem Weg in die Fiktion war. Das riesige Ruder und die mächtigen Schrauben ragten direkt neben uns in den Himmel.
    »Mit diesem Jumbo fliegen wir geradewegs in die Fiktion«, sagte die Taxifahrerin und holte ihr Strickzeug heraus. »Dauert ungefähr zwanzig Minuten. Wir könnten bis zur Landung dranbleiben, aber dann erwischt uns womöglich eine BuchVerkehrsKontrolle.«
    »Nicht umdrehen, ich glaube, sie haben uns schon entdeckt.«
    Im selben Moment ging neben uns ein wahres Feuerwerk von rot blinkenden Lichtern los, und ein Jurispoesie-Streifenwagen flog neben uns her. Wir hätten uns natürlich von dem Tanker abkoppeln, im Sturzflug nach unten abtauchen und direkt über der TextSee die Fiktion-Küste ansteuern können. Aber das war ein ziemlich riskantes Manöver, und meine Taxifahrerin war doch nicht so gut, wie ich dachte. Außerdem wäre eine solche Flucht natürlich ein klares Schuldbekenntnis gewesen.
    »Ach du Scheiße«, sagte die Fahrerin und ließ vor Schreck eine Masche fallen. »Ich hoffe, Sie haben gute Beziehungen.«
    »Guten Abend«, sagte ich zu dem Beamten, der jetzt neben dem offenen Fenster schwebte. Er trug ein wallendes weißes Hemd und roch ziemlich stark nach Reim. Er sah mich mit der falschen Freundlichkeit eines Mannes an, der genau weiß, dass er in der besseren Position ist, und das gründlich ausnutzen will.
    »Ach, über die Grenze zu huschen,   / wenn man doch weiß, man soll nicht pfuschen?«
    Jetzt war schnelles Denken gefragt. Im Gegensatz zu den Lyrik-Granden, die nur im Rhyme Royal sprachen, war das bloß ein schlichter Verkehrspolizist, der gerade mal die Knittelverse der Gosse beherrschte. Ich knallte ihm ein deutlich gehobenes AABCCB vor den Latz.
    »Ganz
au contraire,
mein Freund,   / wir haben nicht geträumt,   / Gesetze zu biegen.   / Wir haben den Segen   / von euren Kollegen,   / hier oben zu fliegen.«
    Aber darauf fiel er nicht rein.
    »Ich seh’ schon, was Sie wollen!   / Mit so ’ner miesen Strophe   / verblüffen Sie bloß Doofe.   / Ham Sie was zu verzollen?   / Raus aus dem Taxi, gnäd’ge Frau,   / dass ich mal nach dem Rechten schau!«
    Widerwillig musste ich mir eine

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