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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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Richtung des Aufzugs. Während die Tür langsam wieder ins Schloss fiel, sah ich noch zwei Sanitäter und eine junge Frau um ein Bett herumstehen.
    »Hast du mich hierhergebracht, damit ich dem alten Mann da beim Sterben zusehe?«
    »In gewisser Weise, ja«, sagte Jenny. »Aber nicht dem da drin, sondern dem da draußen.«
    Sie zeigte auf eine Gruppe von weiteren fünf der geisterhaften Gestalten, die ich schon früher gesehen hatte. Sie standen mit betrübten Mienen um einen von ihnen herum, der offenbar krank war und wie ein kaputter Fernseher flackerte. Sie redeten in leisen, dumpfen Klagelauten auf den Mann ein und schienen ihn trösten zu wollen. Verstehen konnte ich sie nicht, aber als ich näher kam, stellte ich fest, dass sie sehr eigenartig gekleidet waren.
    »Hast du mich hergebracht, um Geister zu sehen?«
    »Das sind keine Geister«, sagte Jenny. »Die sind so wie du und ich   – Erfindungen, fiktional. Sie werden in der Gluthitze kindlicher Fantasien geboren und leben auch dann noch weiter, wenn ihre Erfinder sie gar nicht mehr sehen können, weil sie erwachsen geworden sind. Manche Leute nehmen sie gelegentlich wahr, aber meist sind sie unsichtbar. Du kannst sie sehen, weil du fiktional bist. Und ich auch. Du, sie und ich   – wir sind alle auf derselben Ebene: lebende Fiktionen, die gar kein Buch brauchen.«
    Ich betrachtete die Gestalten genauer. Sie waren zum Teil wie Clowns angezogen, hatten grobe, derbe Gesichter und sprachen einen einfachen Dialekt, der nur aus einer begrenzten Anzahl von Substantiven und schlichten Verben bestand.
    »Das sind   … imaginäre Kindheitsfreunde, nicht wahr?«
    Jenny lächelte. »Bravo, Thursday. Du spielst deine Rolle zu Recht. Diese Erfindungen folgen ihren Schöpfern überallhin, als Echo ihrer lebendigen Kindheit.«
    Sie zeigte auf den flackernden Geist. »Pookles wird uns wohl bald verlassen   – ohne ihre Schöpfer können sie nicht überleben.«
    Noch während wir zusahen, begann der flackernde Geist den anderen die Hände zu schütteln. Er umarmte sie, dankte ihnen und verabschiedete sich, dann flackerte er noch einmal ganz hell   – und verschwand. Praktisch gleichzeitig hörten wir in der Wohnung hinter uns die junge Frau schluchzen.
    Die ätherischen Gestalten am Ende des Korridors schüttelten traurig die Köpfe und stützten sich gegenseitig, als sie langsam davongingen.
    »Und was hat Thursday mit all dem zu tun?«
    »Das ist der Grund, weshalb ich weiß, dass sie noch lebt.
Ich bin noch da, und mich gibt es nur, solange sie lebt.
Im Gegensatz zu dir bin ich ja nicht in Text gemeißelt, sondern nur eine Einbildung ihres Gehirns. Wenn sie tot wäre, könnte sie nicht an mich denken, und ich würde nicht existieren. Ich bin an ihre Existenz gebunden wie ein Hund an der Leine.«
    »Gut«, sagte ich. »Das hab ich begriffen. Aber es sagt uns leider nicht, wo sie ist. Hast du irgendeine Idee? Die Schwarze TextMaterie vielleicht?«
    »Dafür hat sie sich interessiert, ja. Aber in letzter Zeit hat dieser Ärger mit den Scharfen Romanen ihr ganzes Leben beherrscht. Als wir uns das letzte Mal unterhalten haben, hat sie gesagt, dieser Lyell sei schrecklich langweilig.«
    »Lyell? Langweilig?«
    »Ja. Ich weiß nicht, wer dieser Lyell war oder warum er langweilig sein soll, aber das hat sie gesagt. Es schien ihr überhaupt nicht zu gefallen.«
    Jenny schüttelte den Kopf und fasste mich an der Hand. »Ich vermisse sie so, Thursday. Es ist sehr einsam, wenn man nicht jeden Tag ganz aus der Nähe imaginiert wird.«
    Sie führte mich langsam zu Landens Haus zurück.
    »Was geht hier vor?«, fragte Square. »Ich verstehe nicht ganz, was Sie eigentlich machen.«
    »Das weiß ich auch nicht genau. Ich glaube, ich bin dabei, Thursdays Spuren zu folgen, aber ich habe das Gefühl, ich bin sehr weit von ihr weg   … Hallo, was ist los?«
    Ich sah mich um. Jenny, die eben noch meine Hand gehalten hatte, war plötzlich verschwunden. Ich sah mich nach allen Seiten um, konnte sie aber nirgends entdecken. Plötzlich stoppte mit kreischenden Bremsen ein schwarzer Lieferwagen vor mir. Die Tür flog auf, jemand stülpte mir einen schwarzen Sack über den Kopf und ich wurde auf äußerst grobe Weise ins Innere des Wagens gezerrt. Der Motor heulte auf, und wir schossen davon. Zu allem Überfluss setzte sich auch noch jemand auf mich, der einen starken Gorgonzolageruch an sich hatte.

23.
Der Stiltonista
    Wenn man die BuchWelt besichtigen will, ist das

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