Wo ist Thursday Next?
Preis-Leistungs-Verhältnis bei einer Bus-Tour am besten. Besonders beliebt ist der »BuchWelt-Rover«, eine Touristen-Monatskarte für das gesamte Netz. An den Grenzen und zwischen den Inseln muss man gelegentlich mit einem längeren Aufenthalt rechnen, und schon deshalb ist das Rover-Ticket für den erfahrenen Reisenden, der die BuchWelt in aller Ruhe besuchen will, schlechterdings ideal. Gegenüberliegende Seite: Befahren der TextSee auf einem KritzelKutter – nur für Mutige!
Bradshaws Führer zur BuchWelt,
5. Aufl.
Jeder Versuch, die nachfolgende unfreiwillige Reise zu beschreiben, wäre unmöglich. Ich möchte mich auf den Hinweis beschränken, dass allein schon die Einwirkung der Fliehkraft mich unfähig zu jeglicher Wahrnehmung machte. Das Gewicht des Mannes, der auf meinem Rücken hockte, die zahllosen Schlaglöcher, das Schleudern und Rumpeln genügten, um mich völlig schachmatt zu setzen. Aber auch davon unabhängig konnte ich nicht begreifen, wie sich jemand in der RealWelt freiwillig einem solchen Transport unterziehen oder eine solche Fahrt angeblich sogar genießen konnte. Zum Glück dauerte die Reise nicht allzu lange. Als der Lieferwagen zum Stehen gekommen war, wurde ich recht unhöflich herausgezerrt und auf einen Stuhl gesetzt. Dann wurde mir der Sack vom Kopf gezogen.
Ich saß in einer verlassenen Lagerhalle. Im Dach waren Löcher, und auf dem Boden standen etliche Pfützen. Einige Fensterscheiben waren kaputt, und an den Wänden hatten sich grüne Algenbelägegebildet. Vor dem Eingang lag ein Haufen Bauschutt voller verdrehter Eisenstäbe, aus dem bereits Unkraut und Brombeerranken wucherten.
Ich war nicht allein. Hinter mir standen die Kerle, die mich in den Lieferwagen gezerrt hatten, und vor mir drei weitere Männer. Sie waren offenbar mit dem großen Rolls-Royce gekommen, der im Hintergrund glänzte. Zwei von ihnen waren wohl Bodyguards, aber der Mann in der Mitte war eindeutig der Anführer. Er trug einen eleganten Mohairanzug, der unglaublich an seinen dürren Knochen herumschlackerte. Sein Gesicht war eingefallen und hager; er sah aus wie ein Schädel, über den man ein bisschen Haut gespannt hatte.
»Ich bin Keitel Potblack«, sagte er im Ton eines Menschen, der das Gefühl hat, es müsste ohnehin jeder wissen. »Der Chef der Wiltshire Stiltonistas. Ihre offensichtliche Unfähigkeit, angemessen tot zu bleiben, wird allmählich lästig.«
Ich musste lachen. Dieser Kerl war ein Käseschmuggler, tat aber so, als wäre er ein Schurke aus einem James-Bond-Film.
»Sie machen Witze, stimmt’s?«
»Ich mache nie Witze«, sagte Mr Potblack.
»Ach ja«, sagte ich. »Richtig.«
Ich sah erst ihn und dann die Männer neben ihm an, von denen einer einen Spaten in der Hand hatte.
»Sind Sie Gärtner?«
Die Männer tauschten Blicke, als hätten sie genau so eine Frage von mir erwartet.
»Das hängt von Ihnen ab«, sagte Potblack. »Sind Sie die echte Thursday oder wieder bloß eine Kopie?«
»Ich bin nicht die echte Thursday«, sagte ich. »Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich jetzt wieder nach Hause bringen würden.«
»Wenn Sie nicht Thursday sind«, sagte Potblack, »dann brauche ich Sie nicht mehr.«
»Gut. Wenn Sie Ihrem Fahrer sagen könnten, dass er ein bisschen vorsichtiger …«
»Mr Blue? Könnten Sie sich der Dame annehmen?«
Der Mann mit dem Spaten kam auf mich zu, und als ich sah, dass der Spaten auf einer Seite scharf geschliffen war, wurde mir plötzlich bewusst, dass er wahrscheinlich dafür sorgen sollte, dass ich die Radieschen noch heute von unten sah.
»Wollen Sie reden?«, fragte ich und war selbst überrascht, wie ruhig ich dabei blieb. »Von mir aus können wir reden.«
»Sie sind also doch Thursday.«
»Ja«, sagte ich, was keine Lüge war, denn ich war
eine
Thursday. Der Mann mit dem Spaten kehrte auf seinen Posten zur Linken von Potblack zurück.
»Okay«, sagte der Chef der Stiltonistas. Er schien leicht verärgert, dass ich keine größere Angst vor ihm hatte, und wenn ich gewusst hätte, wozu er fähig war, hätte ich vielleicht auch mehr Angst gehabt. Aber das hier war nicht mein Leben, sondern Thursdays.
»In der Vergangenheit«, sagte Potblack bedächtig, »gab es ein stillschweigendes Einverständnis darüber, wer seinen Käse in welchen Gebieten verkaufen darf. Vielleicht haben Sie es für skrupellos gehalten, als ich anfing, richtig starken Käse einzuführen und zu verkaufen, aber ich bin eben Geschäftsmann. Je
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