Wo mein Herz zu Hause ist
obwohl Addie vehement widersprochen hatte, war sie seitdem noch unruhiger, denn es war immerhin möglich, dass Lee recht hatte …
Sie schüttelte diesen erschreckenden Gedanken ab und ging entschlossen zur Landstraße. An der Einfahrt zu Skips Haus stand jetzt ein nagelneuer weißer Briefkasten auf einem Holzpfahl. Der Name „DALTON“ war in großen schwarzen Lettern aufgemalt, und ihr Herz schlug auf einmal schneller.
Es war ein prägnanter Name für einen entschlossenen Mann. Er hatte immer das getan, was er wollte, oder was seiner Karriere diente. Früher hatte sie seinen Namen geliebt, ihn hundertmal in ihre Schulhefte gemalt und ihn neben ihren eigenen in eine Baumrinde geschnitzt.
A.W. + S.D., umrahmt von einem Herzen.
Wie albern. Sie war ein dummes Gör gewesen mit romantischen, unerfüllbaren Träumen. Doch jetzt war sie eine unabhängige Frau, die ihre Entscheidungen logisch und mit gesundem Menschenverstand traf, und daher passte Skip Dalton ganz eindeutig nicht in ihr Leben.
Als sie den Garten betrat, waren Michaela und Becky gerade dabei, auf dem Rasen Handstand zu machen, während Skip konzentriert eine Anleitung las, die sich offenbar auf das halbfertige Vogelhaus bezog. Um ihn herum lagen Sperrholzstücke verstreut.
Sprachlos betrachtete Addie die Szene, die so gar nicht ihrem Bild von Skip entsprach. Skip als Familienvater, der sich handwerklich betätigte, während seine Tochter und eine Freundin spielten. Fehlte nur noch ein Hund, der schnarchend in der Sonne lag.
Und eine Frau …
Hastig verdrängte sie das Bild. Sie wollte gar nicht wissen, wer die Frau war, die Skip diese Tochter geschenkt hatte … und wann.
„Mommy!“ Michaela hatte sie entdeckt und kam auf sie zu. „Becky und ich können Handstand!“ Sie nahm Addies Hand und zog sie mit sich. „Und Rad schlagen! Guck mal!“
Als Skip Michaelas Stimme hörte, hob er den Kopf und sah Addie so intensiv an, dass ihr ganz heiß wurde. Sie widerstand Michaelas Bemühungen, sie weiter in den Garten zu ziehen und sagte stattdessen: „Wir müssen nach Hause, Süße, nach den Bienen sehen.“
Michaela schüttelte den Kopf. „A-aber ich w-w-will hierbleiben.“
„Das ist schon okay, Mrs. Malloy“, sagte Becky und kam näher. „Micky kann hierbleiben, bis Sie wieder da sind. Oder, Dad?“
„Natürlich“, bestätigte Skip. „Sie ist jederzeit willkommen.“
Micky. Hatte sie Becky nicht erst vor ein paar Tagen erklärt, dass Michaela den Spitznamen nicht mochte? Dempsey hatte sie immer „Stottermicky“ genannt, wenn sie über die Worte stolperte. Heute jedoch schien sie der Kurzname nicht zu stören, denn sie strahlte, als Becky sie so nannte.
„Bitte, bitte“, bettelte sie. „Ich w-w-will hierbleiben und noch m-m-mehr Handstand machen. B-b-becky bringt es mir bei.“
Addie ging vor ihrer Tochter in die Hocke. „Du kannst ein andermal wieder herkommen, okay?“
Michaela schob die Unterlippe vor und schüttelte den Kopf, dass ihre dunklen Zöpfe flogen. In ihren Augen standen Tränen.
„B-b-bitte“, flehte sie. „Becky ist meine F-f-freundin.“
Wie sollte Addie da widerstehen? Ausgerechnet Skips Tochter bot Michaela etwas, was ihr fehlte – den Kontakt mit anderen Kindern.
„Wir passen gut auf sie auf“, bestätigte Skip, der nun ebenfalls herangekommen war. „Verlass dich drauf.“ Seine tiefe Stimme ging ihr durch und durch.
Verlass dich drauf ? So, wie sie sich auf ihn hatte verlassen können, als es wirklich zählte? Als er ihr gesagt hatte: „Ich habe das nicht gewollt“?
„Ich verlasse mich auf nichts und niemanden.“
Damit stand sie auf und hoffte, dass auch ihr Gesichtsausdruck widerspiegelte, was sie meinte. Sie war schon sehr, sehr lange nicht mehr von einem Mann abhängig gewesen, und das würde sich jetzt nicht ändern. Schon gar nicht mit Skip Dalton.
„Verstehe“, antwortete er, und sie sah, dass er tatsächlich zwei und zwei zusammenzählte.
„Kann Micky denn jetzt bleiben?“, fragte Becky.
„Bitte, Mommy.“ Michaela schmiegte sich an sie.
Mir wär’s lieber, du würdest eine andere Freundin finden , dachte Michaela. Aber wen? Ihre Mitschüler hänselten sie manchmal, weil sie stotterte.
„Na gut“, gab sie nach.
„Hurra!“ Michaela lief zu ihrer neuen Freundin und nahm ihre Hand. „Ich darf hierbleiben!“
„Prima. Wollen wir reingehen und ein Eis am Stiel essen?“
„Mom!“, rief Michaela strahlend. „Ich bekomme ein Eis am Stiel!“
„Das habe ich gehört,
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