Wo mein Herz zu Hause ist
willst, bin ich immer für dich da.“
Die Kinder kamen zurück, und Michaela zupfte aufgeregt an ihrer Hand. „Mom! Kann Becky mitkommen zu Tante Kat?“
Addie sah Skip fragend an, und er nickte ihr zu.
„Darf ich, Dad?“
„Klar, warum nicht?“ Sein strahlendes Lächeln verschlug Addie den Atem.
„Hurra!“ Beide Mädchen brachen in Jubelrufe aus und rannten zurück in Beckys Zimmer, um zu packen.
„Alles klar bei dir?“, fragte Skip, als sie wieder allein waren.
„Nein. Ich habe eine Riesenangst“, gab sie zu. „Was ist, wenn ich etwas falsch mache? Wenn ich etwas Falsches sage und sie nicht aus dem Zimmer kommt …“
„Sei einfach du selbst“, riet er ihr und streichelte ihre Wange.
„Ich weiß nicht, wer ich bin, wenn es um sie geht“, flüsterte Addie ängstlich. Sie durfte keinen Fehler machen; es stand so viel auf dem Spiel!
„Doch, das weißt du. Geh einfach einen Schritt nach dem anderen. Denk nicht zu weit voraus. Dann wird alles gut.“
„Aber ich bin ihre Mutter, und ich habe die Papiere unterschrieben …“
„Du warst erst achtzehn. Heute ist ein neuer Tag.“
„Na schön“, seufzte Addie. „Dann hoffen wir mal, dass sie morgen noch mit uns redet.“
Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf den Mund. Es war ein schneller, vertrauter Kuss – nicht so verlangend wie der im Kleefeld, sondern wie der eines Mannes, der seine Frau zum Abschied küsst, wenn er zur Arbeit geht.
„Es wird alles gut gehen“, murmelte er. „Hab ein bisschen Vertrauen.“
Was blieb Addie auch anderes übrig?
8. KAPITEL
Der Traum riss Becky in einen immer tieferen Strudel. Wieder erlebte sie den Horror jener Nacht … Zuerst der lautstarke Streit ihrer Eltern, der sie geweckt hatte. Dann das entsetzliche Bild, wie ihr Vater – Jesse – mit dem Messer in der Hand auf ihre Mutter losging und in seinem betrunkenen Zustand Flüche und Verwünschungen lallte.
Ihre Mutter, die aus der Küche stürzte, aus dem Haus flüchtete – verfolgt von Jesse. Der entsetzliche Moment, wo sie in den Wagen stieg und Becky erkannte, dass sie viel zu panisch war, um ihre Umgebung wirklich wahrzunehmen.
Im Traum öffnete Becky wie damals den Mund, um ihre Mutter zurückzurufen …
Mommy!
Doch wie damals setzte sich der Wagen in Bewegung, und das Letzte, was Becky sah, waren die schreckgeweiteten Augen und das wachsbleiche Gesicht ihrer Mutter … dann rannte sie, rannte, um das Auto einzuholen, irgendetwas zu tun … und plötzlich sah sie die rote Ampel, den LKW, der den Hang hinunterkam, hörte den Knall und das furchtbare Knirschen und Bersten von Blech und Glas …
Es wurde schwarz um sie, wie damals, und auf einmal hörte und sah sie gar nichts mehr. Wo war sie? Auf der Straße? Im Wald? In einem dunklen Keller? Sie glaubte, sich vorwärts zu tasten, kam jedoch keinen Schritt voran.
Jemand rief ihren Namen. Jemand mit einer freundlichen, warmen Stimme.
Mommy?
Nein, ihre Mutter war fort.
Bitte geh nicht weg. Lass mich nicht mit ihm allein.
Mit einem Aufschrei wurde sie wach. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie bekam kaum Luft. Doch die schreckliche Dunkelheit verschwand wenigstens. Stattdessen sah sie einen schwachen Lichtschimmer, der sie erkennen ließ, dass sie in einem fremden Bett lag.
„Becky.“
Sie blinzelte, und dann erkannte sie die Umrisse der Möbel im Zimmer: die Tür, eine Kommode, das Fenster mit den Spitzenvorhängen, durch die das Mondlicht schien.
Der Radiowecker auf ihrem Nachttisch zeigte 1:04 Uhr.
„Ist alles okay, Liebes?“, fragte die freundliche Stimme leise.
Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Sie war mit Michaela und Addie zur Frühstückspension von Mickys Tante gefahren und übernachtete hier. Jetzt erkannte sie auch Addie, die einen hellen Schlafanzug trug und sich besorgt über sie beugte.
„Du hast geträumt“, flüsterte Addie. „War es etwas Schlimmes?“
„Ja.“ Sosehr Becky auch jenen schrecklichen Tag zu vergessen versuchte, die Erinnerung daran kehrte immer wieder zurück – vor allem nachts, wenn sie sich nicht dagegen wehren konnte.
„Wenn du reden möchtest …“
Becky nickte und versuchte, die Traumfetzen zu verdrängen. Sie wollte gern mit Addie reden, denn diese war nett und immer lieb und geduldig mit Michaela, was Becky besonders wichtig war.
„Rutsch mal rüber“, sagte Addie.
Becky rückte näher an Michaela heran, ohne sie zu wecken, und Addie legte sich neben sie auf die Bettdecke. Dann nahm sie Beckys
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