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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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einen Schock hat. Wirklich, es ist diesmal gar nicht so schlimm.«
    »Wo hat es dich damals erwischt?«, erkundigte ich mich grimmig.
    »Im rechten Oberschenkel.«
    Ich konnte nur den Kopf schütteln. »Du hältst dich wirklich gut. Nicht bewegen.« Ich richtete sie in eine sitzende Stellung auf und besah mir die Austrittswunde. Ein großes, fransiges Loch, das mit Hautfetzen, blutigem Fleisch und Stofffetzen von ihrem Drillichhemd verkleistert war.
    Ich sagte: »Ich kann die Wunde nicht zunähen, Laura. Es ist unmöglich, sie zu sterilisieren. Damit würde ich die Gefahr einer Infektion nur erhöhen und alles noch schlimmer machen. Ich werde sie gründlich säubern und verbinden. Wir werden den Verband jeden Tag wechseln, okay?«
    »Ja, gut. Ich hasse Nadeln.«
    Ich nahm einen in Alkohol getränkten Lappen und reinigte die Wunde, so gut es eben ging. Dann nahm ich eine antibiotische Salbe aus dem Kästchen und strich die Verletzung damit ein. Savich packte ein sterilisiertes Stück Gaze aus und reichte es mir. Ich entfernte behutsam das in Alkohol getränkte Verbandspäckchen, legte die Gaze auf und klebte sie mit Pflasterstreifen fest.
    Dasselbe machte ich bei dem kleinen Eintrittsloch. Dann wischte ich das Blut von ihrer Brust. Es war getrocknet und dunkelrot und erschien auf ihrer weißen Haut fast schwarz. Ich hasste den Anblick.
    Dann band ich ihre Schulter ein und verschnürte den Verband unter ihren Brüsten. Jetzt hatte ich alles getan, was mir einfiel. Mehr konnte ich nicht tun.
    »He, Sherlock, bist du noch bei uns, Schätzchen?«
    »Ja, Dillon.«
    »Was meinst du? Haben wir alles richtig gemacht? Komm, konzentrier dich, Sherlock. Was meinst du?«
    »Sicher, Dillon«, sagte sie mit hauchdünner Stimme. »Ich konzentriere mich mit all meinen Kräften.«
    Nach ein paar Minuten fragte ich Laura, ob es noch wehtue.
    »Nur noch ein bisschen«, beruhigte sie mich, und ich glaubte ihr. Sie klang vage überrascht und zufrieden. »Ist das nicht wundervoll, wie das Zeug wirkt? Nicht schlecht. Nein, gar nicht so schlecht.«

28
    Ich musste sie warm halten. Behutsam zog ich ihr das Hemd über und deckte sie mit den Decken zu. »Bleib jetzt still liegen, und ruh dich aus.« Da sie schon mal eine Kugel in den Oberschenkel bekommen hatte, kannte sie sich ja mit Schusswunden aus. Ich bezweifelte nicht, dass sie damit fertig wurde. Das Problem war vielmehr, sie in dieser feuchtheißen Hölle am Leben zu halten. Hier im Dschungel gab es mehr Möglichkeiten, das Zeitliche zu segnen, als auf den Stadtautobahnen von Los Angeles.
    Savich saß erneut neben seiner Frau. »Was meinst du, Sherlock? War das gut genug für dich?«
    »Ich weiß nicht, Dillon. Es tut mir Leid, aber ich kann scheint’s keinen klaren Gedanken fassen, ich...« Die Augen fielen ihr zu, und schon war sie wieder weg.
    »Jetzt träumt sie sicher wieder von diesem Irren«, knirschte Savich zornig. »Herrgott, das ist nicht fair.«
    »Aber sie war diesmal schon länger wach«, tröstete ich ihn.
    Laura sagte: »Vielleicht killt sie Marlin Jones ja diesmal. Das wäre das Beste für sie.«
    »Ich hätte so was ja nie für möglich gehalten, aber wer weiß? Vielleicht...« Savich beugte sich dicht über das Gesicht seiner Frau. »Hast du das gehört, Sherlock? Töte den Mistkerl, wenn er es wagt, wieder aufzutauchen. Schieß ihn direkt zwischen die Augen. Du musst es versuchen, ja?«
    Er unterbrach sich und hob den Kopf. Das Dröhnen
    einer Apache drang aus der Ferne zu uns. Sie verharrte jedoch weder über einem bestimmten Fleck noch feuerte man in den Dschungel. Die Maschine schien einfach nur über dem Wald zu kreisen. Da man uns unter diesem dichten grünen Blätterdach unmöglich ausmachen konnte, war es natürlich auch sinnlos zu schießen.
    Ich erzählte den anderen, was, wie ich glaubte, Jilly veranlasst hatte, über die Klippen zu rasen. »Ich bin mir jetzt ganz sicher, dass Jilly unter dieser Droge stand. Ich glaube, in dieser Nacht versuchte sie einfach, Laura loszuwerden. Laura war in ihrem Kopf, so wie Marlin Jones jetzt in Sherlocks ist und so wie bei mir, als ich den Anschlag in Tunesien noch mal durchlebte. Aber es gibt einen großen Unterschied. Sherlock wird’s überstehen, so wie ich. Aber Jilly hat eventuell zu viel von dem Zeug genommen und war möglicherweise bereits süchtig. Als sie im Krankenhaus aufwachte, war sie nämlich noch immer von dem Gedanken an Laura besessen.
    Ist sie aus dem Krankenhaus weggelaufen, weil sie mich nicht mehr

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